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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Erste Abtheilung.
sammen schlüge. Die Geängstigten stürzten mit
ihren Lichtern herzu, und Manfred, welcher hin-
ein gesprungen war, gab der zunächst stehenden
Clara einen flüchtigen Kuß, dann seiner Gattin,
und auch Auguste durfte sich nicht weigern, weil
er schwur, widrigenfalls die ganze Nacht im
Bassin zu verharren. Nun habe ich meinen
Willen gehabt, sagte Manfred ruhig, und nun
wird es wohl an der Zeit seyn, mich umzuklei-
den oder vielmehr zu entkleiden, und mich im
Bette zu erwärmen.

Man schalt und lachte, und Emilie war be-
sonders unzufrieden. Die Frauen und Manfred
gingen hinauf. Die übrigen Freunde blieben noch
im Garten, wo sie nach einiger Zeit von dem
obern Zimmer Gesang ertönen hörten, der lieb-
lich durch den Garten scholl. Es war ein Sin-
gestück von Palestrina, welches die drei Frauen
ohne Begleitung eines Instruments ausführten.

Friedrich sagte: alle Empfindungen, schöne
wie unangenehme, verschütten sie jetzt in diese
Wogen des Wohllauts. So wird der Tag am
schönsten beschlossen, und die Nacht am würdig-
sten gefeyert.

Ich halte es für ein Glück meines Lebens,
sagte Ernst, daß ich zeitig genug nach Rom kam,
um noch oftmals den Gesang der päpstlichen
Capelle hören zu können. Die Musik, die man
Weihnachten in Maria Maggiore und in der
Charwoche im Vatikan hörte, vielmals auch im

Erſte Abtheilung.
ſammen ſchluͤge. Die Geaͤngſtigten ſtuͤrzten mit
ihren Lichtern herzu, und Manfred, welcher hin-
ein geſprungen war, gab der zunaͤchſt ſtehenden
Clara einen fluͤchtigen Kuß, dann ſeiner Gattin,
und auch Auguſte durfte ſich nicht weigern, weil
er ſchwur, widrigenfalls die ganze Nacht im
Baſſin zu verharren. Nun habe ich meinen
Willen gehabt, ſagte Manfred ruhig, und nun
wird es wohl an der Zeit ſeyn, mich umzuklei-
den oder vielmehr zu entkleiden, und mich im
Bette zu erwaͤrmen.

Man ſchalt und lachte, und Emilie war be-
ſonders unzufrieden. Die Frauen und Manfred
gingen hinauf. Die uͤbrigen Freunde blieben noch
im Garten, wo ſie nach einiger Zeit von dem
obern Zimmer Geſang ertoͤnen hoͤrten, der lieb-
lich durch den Garten ſcholl. Es war ein Sin-
geſtuͤck von Paleſtrina, welches die drei Frauen
ohne Begleitung eines Inſtruments ausfuͤhrten.

Friedrich ſagte: alle Empfindungen, ſchoͤne
wie unangenehme, verſchuͤtten ſie jetzt in dieſe
Wogen des Wohllauts. So wird der Tag am
ſchoͤnſten beſchloſſen, und die Nacht am wuͤrdig-
ſten gefeyert.

Ich halte es fuͤr ein Gluͤck meines Lebens,
ſagte Ernſt, daß ich zeitig genug nach Rom kam,
um noch oftmals den Geſang der paͤpſtlichen
Capelle hoͤren zu koͤnnen. Die Muſik, die man
Weihnachten in Maria Maggiore und in der
Charwoche im Vatikan hoͤrte, vielmals auch im

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[466/0477] Erſte Abtheilung. ſammen ſchluͤge. Die Geaͤngſtigten ſtuͤrzten mit ihren Lichtern herzu, und Manfred, welcher hin- ein geſprungen war, gab der zunaͤchſt ſtehenden Clara einen fluͤchtigen Kuß, dann ſeiner Gattin, und auch Auguſte durfte ſich nicht weigern, weil er ſchwur, widrigenfalls die ganze Nacht im Baſſin zu verharren. Nun habe ich meinen Willen gehabt, ſagte Manfred ruhig, und nun wird es wohl an der Zeit ſeyn, mich umzuklei- den oder vielmehr zu entkleiden, und mich im Bette zu erwaͤrmen. Man ſchalt und lachte, und Emilie war be- ſonders unzufrieden. Die Frauen und Manfred gingen hinauf. Die uͤbrigen Freunde blieben noch im Garten, wo ſie nach einiger Zeit von dem obern Zimmer Geſang ertoͤnen hoͤrten, der lieb- lich durch den Garten ſcholl. Es war ein Sin- geſtuͤck von Paleſtrina, welches die drei Frauen ohne Begleitung eines Inſtruments ausfuͤhrten. Friedrich ſagte: alle Empfindungen, ſchoͤne wie unangenehme, verſchuͤtten ſie jetzt in dieſe Wogen des Wohllauts. So wird der Tag am ſchoͤnſten beſchloſſen, und die Nacht am wuͤrdig- ſten gefeyert. Ich halte es fuͤr ein Gluͤck meines Lebens, ſagte Ernſt, daß ich zeitig genug nach Rom kam, um noch oftmals den Geſang der paͤpſtlichen Capelle hoͤren zu koͤnnen. Die Muſik, die man Weihnachten in Maria Maggiore und in der Charwoche im Vatikan hoͤrte, vielmals auch im

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/477>, abgerufen am 23.11.2024.