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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Erste Abtheilung.
Aufseher hinein, den er mit vielem Lohne über-
häufte. Vor dem Pallast pflanzte er mit seiner
jungen Gattin einen Baum; dann sangen sie fol-
gendes Lied, welches sie nachher auf derselben Stelle
in jedem Frühjahre wiederholten:

Treue Liebe dauert lange,
Ueberlebet manche Stund,
Und kein Zweifel macht sie bange,
Immer bleibt ihr Muth gesund.
Dräuen gleich in dichten Schaaren,
Fodern gleich zum Wankelmuth
Sturm und Tod, setzt den Gefahren
Lieb entgegen treues Blut.
Und wie Nebel stürzt zurücke
Was den Sinn gefangen hält,
Und dem heitern Frühlingsblicke
Oeffnet sich die weite Welt.
Errungen
Bezwungen
Von Lieb ist das Glück,
Verschwunden
Die Stunden
Sie fliehen zurück;
Und seelige Lust
Sie stillet
Erfüllet
Die trunkene wonneklopfende Brust,
Sie scheide
Von Leide
Auf immer,
Und nimmer
Entschwinde die liebliche, seelige, himmlische Lust!


Erſte Abtheilung.
Aufſeher hinein, den er mit vielem Lohne uͤber-
haͤufte. Vor dem Pallaſt pflanzte er mit ſeiner
jungen Gattin einen Baum; dann ſangen ſie fol-
gendes Lied, welches ſie nachher auf derſelben Stelle
in jedem Fruͤhjahre wiederholten:

Treue Liebe dauert lange,
Ueberlebet manche Stund,
Und kein Zweifel macht ſie bange,
Immer bleibt ihr Muth geſund.
Draͤuen gleich in dichten Schaaren,
Fodern gleich zum Wankelmuth
Sturm und Tod, ſetzt den Gefahren
Lieb entgegen treues Blut.
Und wie Nebel ſtuͤrzt zuruͤcke
Was den Sinn gefangen haͤlt,
Und dem heitern Fruͤhlingsblicke
Oeffnet ſich die weite Welt.
Errungen
Bezwungen
Von Lieb iſt das Gluͤck,
Verſchwunden
Die Stunden
Sie fliehen zuruͤck;
Und ſeelige Luſt
Sie ſtillet
Erfuͤllet
Die trunkene wonneklopfende Bruſt,
Sie ſcheide
Von Leide
Auf immer,
Und nimmer
Entſchwinde die liebliche, ſeelige, himmliſche Luſt!


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[392/0403] Erſte Abtheilung. Aufſeher hinein, den er mit vielem Lohne uͤber- haͤufte. Vor dem Pallaſt pflanzte er mit ſeiner jungen Gattin einen Baum; dann ſangen ſie fol- gendes Lied, welches ſie nachher auf derſelben Stelle in jedem Fruͤhjahre wiederholten: Treue Liebe dauert lange, Ueberlebet manche Stund, Und kein Zweifel macht ſie bange, Immer bleibt ihr Muth geſund. Draͤuen gleich in dichten Schaaren, Fodern gleich zum Wankelmuth Sturm und Tod, ſetzt den Gefahren Lieb entgegen treues Blut. Und wie Nebel ſtuͤrzt zuruͤcke Was den Sinn gefangen haͤlt, Und dem heitern Fruͤhlingsblicke Oeffnet ſich die weite Welt. Errungen Bezwungen Von Lieb iſt das Gluͤck, Verſchwunden Die Stunden Sie fliehen zuruͤck; Und ſeelige Luſt Sie ſtillet Erfuͤllet Die trunkene wonneklopfende Bruſt, Sie ſcheide Von Leide Auf immer, Und nimmer Entſchwinde die liebliche, ſeelige, himmliſche Luſt!

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/403>, abgerufen am 21.11.2024.