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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Einleitung.
Das Lächerliche, welches sich mit dem Verächt-
lichen verbindet, und welches so manche Dich-
ter zur Verfolgung, und wo möglich Vernich-
tung, dieser oder jener sogenannten Thorheit,
oder einer Meinung, oder Verirrung haben brau-
chen wollen, ist allerdings so gehässig und bit-
ter, daß wohl zu keiner Zeit ein edler Mensch
sich diesem Lächerlichen hat bloß stellen mögen,
denn ein feindliches Wesen, das irgend ein Le-
ben zu vernichten strebte, kämpfte in diesem wil-
den, anmaßlichen Lachen; auch gestehe ich gern,
daß ich diesen so genannten Satirikern, beson-
ders der neuern Zeiten, niemals Freude und
Lust habe abgewinnen können, ich weiß auch
nicht, ob ich eben bei ihren Darstellungen gelacht
habe. Eben so wenig mögen wir uns an der
Stelle des Narren befinden, der seine Mensch-
heit wegwirft und sich unter den Affen ernie-
drigt, um seinem rohen Herrn ein Schauspiel
des Ergötzens darzubieten, von welchen der Ed-
lere sich mit Ekel hinweg wendet. Es gehört
schon ein höherer, ein wahrhaft menschlicher Sinn
dazu, um auf die rechte Art und bei den richti-
gen Veranlassungen zu lachen, und wenn die
Thräne dich wohl hintergehn kann, so kann dich
das Lachen eines Menschen schwerlich über das
Niedrige oder Edle seiner Gesinnung täuschen.
Wie unterschieden ist aber von jener hassenden
Bitterkeit und traurigen Verächtlichkeit die Lust
der Freude, das Entzücken unsrer ganzen Seele,

(in

Einleitung.
Das Laͤcherliche, welches ſich mit dem Veraͤcht-
lichen verbindet, und welches ſo manche Dich-
ter zur Verfolgung, und wo moͤglich Vernich-
tung, dieſer oder jener ſogenannten Thorheit,
oder einer Meinung, oder Verirrung haben brau-
chen wollen, iſt allerdings ſo gehaͤſſig und bit-
ter, daß wohl zu keiner Zeit ein edler Menſch
ſich dieſem Laͤcherlichen hat bloß ſtellen moͤgen,
denn ein feindliches Weſen, das irgend ein Le-
ben zu vernichten ſtrebte, kaͤmpfte in dieſem wil-
den, anmaßlichen Lachen; auch geſtehe ich gern,
daß ich dieſen ſo genannten Satirikern, beſon-
ders der neuern Zeiten, niemals Freude und
Luſt habe abgewinnen koͤnnen, ich weiß auch
nicht, ob ich eben bei ihren Darſtellungen gelacht
habe. Eben ſo wenig moͤgen wir uns an der
Stelle des Narren befinden, der ſeine Menſch-
heit wegwirft und ſich unter den Affen ernie-
drigt, um ſeinem rohen Herrn ein Schauſpiel
des Ergoͤtzens darzubieten, von welchen der Ed-
lere ſich mit Ekel hinweg wendet. Es gehoͤrt
ſchon ein hoͤherer, ein wahrhaft menſchlicher Sinn
dazu, um auf die rechte Art und bei den richti-
gen Veranlaſſungen zu lachen, und wenn die
Thraͤne dich wohl hintergehn kann, ſo kann dich
das Lachen eines Menſchen ſchwerlich uͤber das
Niedrige oder Edle ſeiner Geſinnung taͤuſchen.
Wie unterſchieden iſt aber von jener haſſenden
Bitterkeit und traurigen Veraͤchtlichkeit die Luſt
der Freude, das Entzuͤcken unſrer ganzen Seele,

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[112/0123] Einleitung. Das Laͤcherliche, welches ſich mit dem Veraͤcht- lichen verbindet, und welches ſo manche Dich- ter zur Verfolgung, und wo moͤglich Vernich- tung, dieſer oder jener ſogenannten Thorheit, oder einer Meinung, oder Verirrung haben brau- chen wollen, iſt allerdings ſo gehaͤſſig und bit- ter, daß wohl zu keiner Zeit ein edler Menſch ſich dieſem Laͤcherlichen hat bloß ſtellen moͤgen, denn ein feindliches Weſen, das irgend ein Le- ben zu vernichten ſtrebte, kaͤmpfte in dieſem wil- den, anmaßlichen Lachen; auch geſtehe ich gern, daß ich dieſen ſo genannten Satirikern, beſon- ders der neuern Zeiten, niemals Freude und Luſt habe abgewinnen koͤnnen, ich weiß auch nicht, ob ich eben bei ihren Darſtellungen gelacht habe. Eben ſo wenig moͤgen wir uns an der Stelle des Narren befinden, der ſeine Menſch- heit wegwirft und ſich unter den Affen ernie- drigt, um ſeinem rohen Herrn ein Schauſpiel des Ergoͤtzens darzubieten, von welchen der Ed- lere ſich mit Ekel hinweg wendet. Es gehoͤrt ſchon ein hoͤherer, ein wahrhaft menſchlicher Sinn dazu, um auf die rechte Art und bei den richti- gen Veranlaſſungen zu lachen, und wenn die Thraͤne dich wohl hintergehn kann, ſo kann dich das Lachen eines Menſchen ſchwerlich uͤber das Niedrige oder Edle ſeiner Geſinnung taͤuſchen. Wie unterſchieden iſt aber von jener haſſenden Bitterkeit und traurigen Veraͤchtlichkeit die Luſt der Freude, das Entzuͤcken unſrer ganzen Seele, (in

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/123>, abgerufen am 25.11.2024.