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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Einleitung.

Ergeben wir uns, rief Manfred lebhaft aus,
dieser schönen Bewegung, und darum stoßt an,
und feiert hoch das Andenken unsers phantasie-
vollen, witzigen, ja wahrhaft begeisterten Jean
Paul! Nicht sollst du ihn vergessen, du deutsche
Jugend. Gedankt sei ihm für seine Irrgärten
und wundervollen Ersinnungen: möchte er in
diesem Augenblick freundlich an uns denken, wie
wir uns mit Rührung der Zeit erinnern, als er
gern und mit schöner Herzlichkeit an unserm
Kreise Theil nahm!

Nie sei vergessen, rief Theodor mit einem
Ernst, der an ihm nicht gewöhnlich war, das
brüderliche Gestirn deutscher Männer, unser Fried-
rich und Wilhelm Schlegel, die so viel Schönes
befördert und geweckt haben: des einen Tiefsinn
und Ernst, des andern Kunst und Liebe sei von
dankbaren Deutschen durch alle Zeiten gefeiert!

So sei es denn erlaubt, sprach Lothar, einen
Genius zu nennen, der schon lange von uns
geschieden ist, der aber uns wohl umschweben
mag, wenn alle Herzen mit innerlichster Sehn-
sucht und Verehrung ihn zu sich rufen: der große
Britte, der ächte Mensch, der Erhabene, der
immer Kind blieb, der einzige Shakspear sei von
uns und unsern Nachkommen durch alle Zeital-
ter gepriesen, geliebt und verehrt!

Alle waren in stürmischer Bewegung und
Friedrich stand auf und sagte: ja, meine Gelieb-
ten, wie wir hier nun beisammen sind in Freund-

Einleitung.

Ergeben wir uns, rief Manfred lebhaft aus,
dieſer ſchoͤnen Bewegung, und darum ſtoßt an,
und feiert hoch das Andenken unſers phantaſie-
vollen, witzigen, ja wahrhaft begeiſterten Jean
Paul! Nicht ſollſt du ihn vergeſſen, du deutſche
Jugend. Gedankt ſei ihm fuͤr ſeine Irrgaͤrten
und wundervollen Erſinnungen: moͤchte er in
dieſem Augenblick freundlich an uns denken, wie
wir uns mit Ruͤhrung der Zeit erinnern, als er
gern und mit ſchoͤner Herzlichkeit an unſerm
Kreiſe Theil nahm!

Nie ſei vergeſſen, rief Theodor mit einem
Ernſt, der an ihm nicht gewoͤhnlich war, das
bruͤderliche Geſtirn deutſcher Maͤnner, unſer Fried-
rich und Wilhelm Schlegel, die ſo viel Schoͤnes
befoͤrdert und geweckt haben: des einen Tiefſinn
und Ernſt, des andern Kunſt und Liebe ſei von
dankbaren Deutſchen durch alle Zeiten gefeiert!

So ſei es denn erlaubt, ſprach Lothar, einen
Genius zu nennen, der ſchon lange von uns
geſchieden iſt, der aber uns wohl umſchweben
mag, wenn alle Herzen mit innerlichſter Sehn-
ſucht und Verehrung ihn zu ſich rufen: der große
Britte, der aͤchte Menſch, der Erhabene, der
immer Kind blieb, der einzige Shakſpear ſei von
uns und unſern Nachkommen durch alle Zeital-
ter geprieſen, geliebt und verehrt!

Alle waren in ſtuͤrmiſcher Bewegung und
Friedrich ſtand auf und ſagte: ja, meine Gelieb-
ten, wie wir hier nun beiſammen ſind in Freund-

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[101/0112] Einleitung. Ergeben wir uns, rief Manfred lebhaft aus, dieſer ſchoͤnen Bewegung, und darum ſtoßt an, und feiert hoch das Andenken unſers phantaſie- vollen, witzigen, ja wahrhaft begeiſterten Jean Paul! Nicht ſollſt du ihn vergeſſen, du deutſche Jugend. Gedankt ſei ihm fuͤr ſeine Irrgaͤrten und wundervollen Erſinnungen: moͤchte er in dieſem Augenblick freundlich an uns denken, wie wir uns mit Ruͤhrung der Zeit erinnern, als er gern und mit ſchoͤner Herzlichkeit an unſerm Kreiſe Theil nahm! Nie ſei vergeſſen, rief Theodor mit einem Ernſt, der an ihm nicht gewoͤhnlich war, das bruͤderliche Geſtirn deutſcher Maͤnner, unſer Fried- rich und Wilhelm Schlegel, die ſo viel Schoͤnes befoͤrdert und geweckt haben: des einen Tiefſinn und Ernſt, des andern Kunſt und Liebe ſei von dankbaren Deutſchen durch alle Zeiten gefeiert! So ſei es denn erlaubt, ſprach Lothar, einen Genius zu nennen, der ſchon lange von uns geſchieden iſt, der aber uns wohl umſchweben mag, wenn alle Herzen mit innerlichſter Sehn- ſucht und Verehrung ihn zu ſich rufen: der große Britte, der aͤchte Menſch, der Erhabene, der immer Kind blieb, der einzige Shakſpear ſei von uns und unſern Nachkommen durch alle Zeital- ter geprieſen, geliebt und verehrt! Alle waren in ſtuͤrmiſcher Bewegung und Friedrich ſtand auf und ſagte: ja, meine Gelieb- ten, wie wir hier nun beiſammen ſind in Freund-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/112>, abgerufen am 24.11.2024.