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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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aus Ihren langweiligen Zirkeln los und kamen
früher zurück? Sie hätten mir, Ihrem Freunde,
dadurch die Unannehmlichkeit erspart, Ihnen
eine so dringende Bitte abschlagen zu müssen.
Ueberhaupt, um aufrichtig zu reden, wie konnte
der verständige Lovell in den Irrthum jener ge-
meinen Menschen verfallen, die morgen auf
mein Eigenthum Anspruch machen, weil ich
gestern mit ihnen in Gesellschaft lustig gewesen
bin. Das ist eben das Kennzeichen der rohern
Menschen, die nicht eine Stunde vertraulich
seyn können, ohne auf den Gedanken zu kom-
men, zu borgen, sie setzen dadurch sich und den
andern in eine fatale Situation. Die feinern
Menschen werden immer suchen neben einan-
der, statt einer durch den andern, zu leben:
sie werden jeden andern Dienst eher, als die
Unterstützung durch das Eigenthum, verlangen,
denn auf jeden Fall muß der andre sich deran-
giren, er muß sich Bequemlichkeiten versagen,
die ihm vielleicht zu Bedürfnissen geworden
sind. -- Doch alles das, lieber Lovell, sagt'
ich nicht im Bezuge auf Sie, denn könnt' ich
Ihnen helfen, so würde ich es sogleich, ohne
weitere Einleitung, thun, denn es ist mir eben

ein

aus Ihren langweiligen Zirkeln los und kamen
fruͤher zuruͤck? Sie haͤtten mir, Ihrem Freunde,
dadurch die Unannehmlichkeit erſpart, Ihnen
eine ſo dringende Bitte abſchlagen zu muͤſſen.
Ueberhaupt, um aufrichtig zu reden, wie konnte
der verſtaͤndige Lovell in den Irrthum jener ge-
meinen Menſchen verfallen, die morgen auf
mein Eigenthum Anſpruch machen, weil ich
geſtern mit ihnen in Geſellſchaft luſtig geweſen
bin. Das iſt eben das Kennzeichen der rohern
Menſchen, die nicht eine Stunde vertraulich
ſeyn koͤnnen, ohne auf den Gedanken zu kom-
men, zu borgen, ſie ſetzen dadurch ſich und den
andern in eine fatale Situation. Die feinern
Menſchen werden immer ſuchen neben einan-
der, ſtatt einer durch den andern, zu leben:
ſie werden jeden andern Dienſt eher, als die
Unterſtuͤtzung durch das Eigenthum, verlangen,
denn auf jeden Fall muß der andre ſich deran-
giren, er muß ſich Bequemlichkeiten verſagen,
die ihm vielleicht zu Beduͤrfniſſen geworden
ſind. — Doch alles das, lieber Lovell, ſagt'
ich nicht im Bezuge auf Sie, denn koͤnnt' ich
Ihnen helfen, ſo wuͤrde ich es ſogleich, ohne
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[256/0263] aus Ihren langweiligen Zirkeln los und kamen fruͤher zuruͤck? Sie haͤtten mir, Ihrem Freunde, dadurch die Unannehmlichkeit erſpart, Ihnen eine ſo dringende Bitte abſchlagen zu muͤſſen. Ueberhaupt, um aufrichtig zu reden, wie konnte der verſtaͤndige Lovell in den Irrthum jener ge- meinen Menſchen verfallen, die morgen auf mein Eigenthum Anſpruch machen, weil ich geſtern mit ihnen in Geſellſchaft luſtig geweſen bin. Das iſt eben das Kennzeichen der rohern Menſchen, die nicht eine Stunde vertraulich ſeyn koͤnnen, ohne auf den Gedanken zu kom- men, zu borgen, ſie ſetzen dadurch ſich und den andern in eine fatale Situation. Die feinern Menſchen werden immer ſuchen neben einan- der, ſtatt einer durch den andern, zu leben: ſie werden jeden andern Dienſt eher, als die Unterſtuͤtzung durch das Eigenthum, verlangen, denn auf jeden Fall muß der andre ſich deran- giren, er muß ſich Bequemlichkeiten verſagen, die ihm vielleicht zu Beduͤrfniſſen geworden ſind. — Doch alles das, lieber Lovell, ſagt' ich nicht im Bezuge auf Sie, denn koͤnnt' ich Ihnen helfen, ſo wuͤrde ich es ſogleich, ohne weitere Einleitung, thun, denn es iſt mir eben ein

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/263>, abgerufen am 21.05.2024.