holdseeligen Güte zu entdecken, -- ich sank an ihren Busen und stammelte ihr das Bekenntniß meiner Liebe.
Ich war auf alles gefaßt, auf Zorn und Verachtung, auf Verlegenheit und Schaam in ihrem Gesichte, auf die Bitte, sie nie wiederzu- sehn, -- aber Eduard, nicht auf diese Milde ei- nes glänzenden Engels, mit der sie mich schwei- gend noch fester an ihren Busen drückte. -- Ich zweifelte in diesem Augenblicke an meinem Daseyn, an meinem Bewußtseyn, -- an allem. Meine Freude hatte mich einer Ohnmacht nahe gebracht.
Unsre Lippen begegneten sich, ihr Mund brannte auf dem meinigen, -- mein Herz ging auf vom ersten Sonnenstrahle getroffen, -- wie Blumen thaten sich alle meine Sinne auf, den Glanz in sich zu saugen, der so freundlich auf sie herabstrahlte. Ich drückte sie inniger an mei- ne Brust, ich fühlte das Klopfen ihres Herzens.
Eduard! ich soll ihr schreiben, sie will mir antworten! -- O, sie ist ein Engel! Sie wür- de ihr Leben opfern, mich glücklich zu machen!
Was soll ich Dir noch sagen? Du verstehst mein Herz. -- O Freund, welche Seeligkeiten bereitet uns dies Leben, welche Wonnen blühen
holdſeeligen Guͤte zu entdecken, — ich ſank an ihren Buſen und ſtammelte ihr das Bekenntniß meiner Liebe.
Ich war auf alles gefaßt, auf Zorn und Verachtung, auf Verlegenheit und Schaam in ihrem Geſichte, auf die Bitte, ſie nie wiederzu- ſehn, — aber Eduard, nicht auf dieſe Milde ei- nes glaͤnzenden Engels, mit der ſie mich ſchwei- gend noch feſter an ihren Buſen druͤckte. — Ich zweifelte in dieſem Augenblicke an meinem Daſeyn, an meinem Bewußtſeyn, — an allem. Meine Freude hatte mich einer Ohnmacht nahe gebracht.
Unſre Lippen begegneten ſich, ihr Mund brannte auf dem meinigen, — mein Herz ging auf vom erſten Sonnenſtrahle getroffen, — wie Blumen thaten ſich alle meine Sinne auf, den Glanz in ſich zu ſaugen, der ſo freundlich auf ſie herabſtrahlte. Ich druͤckte ſie inniger an mei- ne Bruſt, ich fuͤhlte das Klopfen ihres Herzens.
Eduard! ich ſoll ihr ſchreiben, ſie will mir antworten! — O, ſie iſt ein Engel! Sie wuͤr- de ihr Leben opfern, mich gluͤcklich zu machen!
Was ſoll ich Dir noch ſagen? Du verſtehſt mein Herz. — O Freund, welche Seeligkeiten bereitet uns dies Leben, welche Wonnen bluͤhen
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[59[57]/0067]
holdſeeligen Guͤte zu entdecken, — ich ſank an
ihren Buſen und ſtammelte ihr das Bekenntniß
meiner Liebe.
Ich war auf alles gefaßt, auf Zorn und
Verachtung, auf Verlegenheit und Schaam in
ihrem Geſichte, auf die Bitte, ſie nie wiederzu-
ſehn, — aber Eduard, nicht auf dieſe Milde ei-
nes glaͤnzenden Engels, mit der ſie mich ſchwei-
gend noch feſter an ihren Buſen druͤckte. —
Ich zweifelte in dieſem Augenblicke an meinem
Daſeyn, an meinem Bewußtſeyn, — an allem.
Meine Freude hatte mich einer Ohnmacht nahe
gebracht.
Unſre Lippen begegneten ſich, ihr Mund
brannte auf dem meinigen, — mein Herz ging
auf vom erſten Sonnenſtrahle getroffen, — wie
Blumen thaten ſich alle meine Sinne auf, den
Glanz in ſich zu ſaugen, der ſo freundlich auf
ſie herabſtrahlte. Ich druͤckte ſie inniger an mei-
ne Bruſt, ich fuͤhlte das Klopfen ihres Herzens.
Eduard! ich ſoll ihr ſchreiben, ſie will mir
antworten! — O, ſie iſt ein Engel! Sie wuͤr-
de ihr Leben opfern, mich gluͤcklich zu machen!
Was ſoll ich Dir noch ſagen? Du verſtehſt
mein Herz. — O Freund, welche Seeligkeiten
bereitet uns dies Leben, welche Wonnen bluͤhen
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 59[57]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/67>, abgerufen am 22.11.2024.
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