weit mein Auge sieht, von keinem Menschen aufgefunden, nur vom Morgenwinde und dem Säuseln der Gesträuche begrüßt, -- eine kleine Heerde, ein kleines Feld, -- was braucht der Mensch zu seinem Glücke weiter? -- Und doch, wenn mich eine Gottheit nun plötzlich dorthin versetzte, würd' ich nicht wieder nach der Ferne jammern? Würde sich mein Blick nicht wieder wie ehemals an des Abends goldenes Gewölk hängen, um mit ihm unterzusinken und zauber- reiche, mir unbekannte Fluren zu besuchen? Würd' ich nicht unter der Last einer dumpfen Einsamkeit erliegen und nach Mittheilung, nach Liebe, nach dem Händedruck eines Freundes schmachten? -- Das Leben liegt wie ein langer verwickelter Faden vor mir, den auseinander zu knüpfen mich ein boshaftes Schicksal zwingt; hundertmahl werf ich die lästige Arbeit aus der Hand, hundertmahl beginn' ich sie von neuem, ohne weiter zu kommen, -- o wenn mich doch ein mitleidiger Schlaf überraschte! --
Ein Fieber hat mir die Reise hieher völlig verdorben, Rosa ist mir zur Last, ich selber bin mir unerträglich. -- In der Einsamkeit, unter abentheuerlichen Phantomen, schrecklichen
weit mein Auge ſieht, von keinem Menſchen aufgefunden, nur vom Morgenwinde und dem Saͤuſeln der Geſtraͤuche begruͤßt, — eine kleine Heerde, ein kleines Feld, — was braucht der Menſch zu ſeinem Gluͤcke weiter? — Und doch, wenn mich eine Gottheit nun ploͤtzlich dorthin verſetzte, wuͤrd’ ich nicht wieder nach der Ferne jammern? Wuͤrde ſich mein Blick nicht wieder wie ehemals an des Abends goldenes Gewoͤlk haͤngen, um mit ihm unterzuſinken und zauber- reiche, mir unbekannte Fluren zu beſuchen? Wuͤrd’ ich nicht unter der Laſt einer dumpfen Einſamkeit erliegen und nach Mittheilung, nach Liebe, nach dem Haͤndedruck eines Freundes ſchmachten? — Das Leben liegt wie ein langer verwickelter Faden vor mir, den auseinander zu knuͤpfen mich ein boshaftes Schickſal zwingt; hundertmahl werf ich die laͤſtige Arbeit aus der Hand, hundertmahl beginn’ ich ſie von neuem, ohne weiter zu kommen, — o wenn mich doch ein mitleidiger Schlaf uͤberraſchte! —
Ein Fieber hat mir die Reiſe hieher voͤllig verdorben, Roſa iſt mir zur Laſt, ich ſelber bin mir unertraͤglich. — In der Einſamkeit, unter abentheuerlichen Phantomen, ſchrecklichen
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[303[301]/0311]
weit mein Auge ſieht, von keinem Menſchen
aufgefunden, nur vom Morgenwinde und dem
Saͤuſeln der Geſtraͤuche begruͤßt, — eine kleine
Heerde, ein kleines Feld, — was braucht der
Menſch zu ſeinem Gluͤcke weiter? — Und doch,
wenn mich eine Gottheit nun ploͤtzlich dorthin
verſetzte, wuͤrd’ ich nicht wieder nach der Ferne
jammern? Wuͤrde ſich mein Blick nicht wieder
wie ehemals an des Abends goldenes Gewoͤlk
haͤngen, um mit ihm unterzuſinken und zauber-
reiche, mir unbekannte Fluren zu beſuchen?
Wuͤrd’ ich nicht unter der Laſt einer dumpfen
Einſamkeit erliegen und nach Mittheilung, nach
Liebe, nach dem Haͤndedruck eines Freundes
ſchmachten? — Das Leben liegt wie ein langer
verwickelter Faden vor mir, den auseinander zu
knuͤpfen mich ein boshaftes Schickſal zwingt;
hundertmahl werf ich die laͤſtige Arbeit aus der
Hand, hundertmahl beginn’ ich ſie von neuem,
ohne weiter zu kommen, — o wenn mich doch
ein mitleidiger Schlaf uͤberraſchte! —
Ein Fieber hat mir die Reiſe hieher voͤllig
verdorben, Roſa iſt mir zur Laſt, ich ſelber
bin mir unertraͤglich. — In der Einſamkeit,
unter abentheuerlichen Phantomen, ſchrecklichen
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 303[301]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/311>, abgerufen am 24.11.2024.
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