Was ich mache, meine liebste Freundinn? Ich weiß es selbst nicht genau, ich bin nicht krank und doch auch nicht wohl. Wenn ich zu Ih- nen nach Bonstreet kommen könnte, würde ich einmahl wieder recht vergnügt seyn, so vergnügt, wie damahls, als Lovell bei Ihnen war. -- Ich weiß nicht, wie der böse Mensch seinen Vater und uns alle so ängstigen kann, er hat seit lan- ger Zeit nicht geschrieben, und man fürchtet nun, er sei tod. Sollte es bloße Nachläßigkeit seyn, so wäre sie unverzeihlich. -- Sagen Sie mir, was Sie denken, ich wollte lieber, wir könnten so freundschaftlich und vertraut wie ehemals darüber sprechen. -- Sie waren immer so gütig gegen mich, wir waren immer so froh mit einander, vielleicht könnten Sie mich izt etwas erheitern; die Munterkeit ist mir wirk- lich nöthig, ich fühle es, wie ein beständiger Schmerz an meinem Herzen nagt. Mortimer thut alles mögliche, um mich vergnügt zu ma-
18. Amalie Wilmont an Emilie Burton.
London.
Was ich mache, meine liebſte Freundinn? Ich weiß es ſelbſt nicht genau, ich bin nicht krank und doch auch nicht wohl. Wenn ich zu Ih- nen nach Bonſtreet kommen koͤnnte, wuͤrde ich einmahl wieder recht vergnuͤgt ſeyn, ſo vergnuͤgt, wie damahls, als Lovell bei Ihnen war. — Ich weiß nicht, wie der boͤſe Menſch ſeinen Vater und uns alle ſo aͤngſtigen kann, er hat ſeit lan- ger Zeit nicht geſchrieben, und man fuͤrchtet nun, er ſei tod. Sollte es bloße Nachlaͤßigkeit ſeyn, ſo waͤre ſie unverzeihlich. — Sagen Sie mir, was Sie denken, ich wollte lieber, wir koͤnnten ſo freundſchaftlich und vertraut wie ehemals daruͤber ſprechen. — Sie waren immer ſo guͤtig gegen mich, wir waren immer ſo froh mit einander, vielleicht koͤnnten Sie mich izt etwas erheitern; die Munterkeit iſt mir wirk- lich noͤthig, ich fuͤhle es, wie ein beſtaͤndiger Schmerz an meinem Herzen nagt. Mortimer thut alles moͤgliche, um mich vergnuͤgt zu ma-
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[294[292]/0302]
18.
Amalie Wilmont an Emilie Burton.
London.
Was ich mache, meine liebſte Freundinn? Ich
weiß es ſelbſt nicht genau, ich bin nicht krank
und doch auch nicht wohl. Wenn ich zu Ih-
nen nach Bonſtreet kommen koͤnnte, wuͤrde ich
einmahl wieder recht vergnuͤgt ſeyn, ſo vergnuͤgt,
wie damahls, als Lovell bei Ihnen war. — Ich
weiß nicht, wie der boͤſe Menſch ſeinen Vater
und uns alle ſo aͤngſtigen kann, er hat ſeit lan-
ger Zeit nicht geſchrieben, und man fuͤrchtet
nun, er ſei tod. Sollte es bloße Nachlaͤßigkeit
ſeyn, ſo waͤre ſie unverzeihlich. — Sagen Sie
mir, was Sie denken, ich wollte lieber, wir
koͤnnten ſo freundſchaftlich und vertraut wie
ehemals daruͤber ſprechen. — Sie waren immer
ſo guͤtig gegen mich, wir waren immer ſo froh
mit einander, vielleicht koͤnnten Sie mich izt
etwas erheitern; die Munterkeit iſt mir wirk-
lich noͤthig, ich fuͤhle es, wie ein beſtaͤndiger
Schmerz an meinem Herzen nagt. Mortimer
thut alles moͤgliche, um mich vergnuͤgt zu ma-
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 294[292]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/302>, abgerufen am 24.11.2024.
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