Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Bild des jungen Dietrich, so wie einige Ihrer andern Gemälde zu zeigen, so werde ich mit der größten Dankbarkeit von Ihnen scheiden.

Es freut mich, antwortete der Prinz, wenn Sie Interesse an der Kunst nehmen; ich habe zwar nur Weniges hier, aber ein Bild, das ich vor einigen Tagen so glücklich war zu dem meinigen zu machen, wiegt allein eine gewöhnliche Sammlung auf.

Sie traten in ein reich verziertes Cabinet, wo an den Wänden und auf einigen Staffeleien ältere und neuere Bilder sich zeigten. Hier ist der Versuch des jungen Mannes, sagte der Prinz, welcher allerdings Etwas verspricht, und ob ich gleich dem Gegenstande keinen Geschmack abgewinnen kann, so ist doch die Behandlung desselben zu loben. Die Färbung ist gut, wenn auch etwas grell, die Zeichnung ist sicher und der Ausdruck rührend. Nur sollte man die Marien mit dem Kinde endlich zu malen aufhören.

Der Prinz zog einen Vorhang auf, stellte Eduard in das rechte Licht und rief: sehn Sie aber hier dies gelungene, herrliche Werk meines Lieblings, des Julio Romano, und erstaunen Sie, und entzücken Sie sich!

Mit einem lauten Ausrufe, und mit einem höchst freudigen, ja lachenden Gesicht mußte Eduard in der That dies große Bild begrüßen; denn es war das wohlbekannte Machwerk seines alten Freundes, an welchem dieser schon seit einem Jahre gearbeitet hatte. Es war Psyche und der schlafende Amor. Der Prinz stellte sich

Bild des jungen Dietrich, so wie einige Ihrer andern Gemälde zu zeigen, so werde ich mit der größten Dankbarkeit von Ihnen scheiden.

Es freut mich, antwortete der Prinz, wenn Sie Interesse an der Kunst nehmen; ich habe zwar nur Weniges hier, aber ein Bild, das ich vor einigen Tagen so glücklich war zu dem meinigen zu machen, wiegt allein eine gewöhnliche Sammlung auf.

Sie traten in ein reich verziertes Cabinet, wo an den Wänden und auf einigen Staffeleien ältere und neuere Bilder sich zeigten. Hier ist der Versuch des jungen Mannes, sagte der Prinz, welcher allerdings Etwas verspricht, und ob ich gleich dem Gegenstande keinen Geschmack abgewinnen kann, so ist doch die Behandlung desselben zu loben. Die Färbung ist gut, wenn auch etwas grell, die Zeichnung ist sicher und der Ausdruck rührend. Nur sollte man die Marien mit dem Kinde endlich zu malen aufhören.

Der Prinz zog einen Vorhang auf, stellte Eduard in das rechte Licht und rief: sehn Sie aber hier dies gelungene, herrliche Werk meines Lieblings, des Julio Romano, und erstaunen Sie, und entzücken Sie sich!

Mit einem lauten Ausrufe, und mit einem höchst freudigen, ja lachenden Gesicht mußte Eduard in der That dies große Bild begrüßen; denn es war das wohlbekannte Machwerk seines alten Freundes, an welchem dieser schon seit einem Jahre gearbeitet hatte. Es war Psyche und der schlafende Amor. Der Prinz stellte sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="6">
        <p><pb facs="#f0088"/>
Bild des jungen Dietrich, so wie einige Ihrer andern Gemälde zu zeigen,                so werde ich mit der größten Dankbarkeit von Ihnen scheiden.</p><lb/>
        <p>Es freut mich, antwortete der Prinz, wenn Sie Interesse an der Kunst nehmen; ich habe                zwar nur Weniges hier, aber ein Bild, das ich vor einigen Tagen so glücklich war zu                dem meinigen zu machen, wiegt allein eine gewöhnliche Sammlung auf.</p><lb/>
        <p>Sie traten in ein reich verziertes Cabinet, wo an den Wänden und auf einigen                Staffeleien ältere und neuere Bilder sich zeigten. Hier ist der Versuch des jungen                Mannes, sagte der Prinz, welcher allerdings Etwas verspricht, und ob ich gleich dem                Gegenstande keinen Geschmack abgewinnen kann, so ist doch die Behandlung desselben zu                loben. Die Färbung ist gut, wenn auch etwas grell, die Zeichnung ist sicher und der                Ausdruck rührend. Nur sollte man die Marien mit dem Kinde endlich zu malen                aufhören.</p><lb/>
        <p>Der Prinz zog einen Vorhang auf, stellte Eduard in das rechte Licht und rief: sehn                Sie aber hier dies gelungene, herrliche Werk meines Lieblings, des Julio Romano, und                erstaunen Sie, und entzücken Sie sich!</p><lb/>
        <p>Mit einem lauten Ausrufe, und mit einem höchst freudigen, ja lachenden Gesicht mußte                Eduard in der That dies große Bild begrüßen; denn es war das wohlbekannte Machwerk                seines alten Freundes, an welchem dieser schon seit einem Jahre gearbeitet hatte. Es                war Psyche und der schlafende Amor. Der Prinz stellte sich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0088] Bild des jungen Dietrich, so wie einige Ihrer andern Gemälde zu zeigen, so werde ich mit der größten Dankbarkeit von Ihnen scheiden. Es freut mich, antwortete der Prinz, wenn Sie Interesse an der Kunst nehmen; ich habe zwar nur Weniges hier, aber ein Bild, das ich vor einigen Tagen so glücklich war zu dem meinigen zu machen, wiegt allein eine gewöhnliche Sammlung auf. Sie traten in ein reich verziertes Cabinet, wo an den Wänden und auf einigen Staffeleien ältere und neuere Bilder sich zeigten. Hier ist der Versuch des jungen Mannes, sagte der Prinz, welcher allerdings Etwas verspricht, und ob ich gleich dem Gegenstande keinen Geschmack abgewinnen kann, so ist doch die Behandlung desselben zu loben. Die Färbung ist gut, wenn auch etwas grell, die Zeichnung ist sicher und der Ausdruck rührend. Nur sollte man die Marien mit dem Kinde endlich zu malen aufhören. Der Prinz zog einen Vorhang auf, stellte Eduard in das rechte Licht und rief: sehn Sie aber hier dies gelungene, herrliche Werk meines Lieblings, des Julio Romano, und erstaunen Sie, und entzücken Sie sich! Mit einem lauten Ausrufe, und mit einem höchst freudigen, ja lachenden Gesicht mußte Eduard in der That dies große Bild begrüßen; denn es war das wohlbekannte Machwerk seines alten Freundes, an welchem dieser schon seit einem Jahre gearbeitet hatte. Es war Psyche und der schlafende Amor. Der Prinz stellte sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/88
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/88>, abgerufen am 05.12.2024.