Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Eduard war vom Geheimenrath Walther eingeladen worden; es war lange nicht geschehen, und ob der Jüngling gleich nicht begriff, wie der alte Freund zu diesem erneuten Wohlwollen komme, so ging er doch mit frischem Muthe hin, hauptsächlich in der frohen Erwartung, mit Sophien die ehemalige Bekanntschaft wieder anzuknüpfen. Er nahm das aufgefundene Papier mit.

Es war ihm sehr verdrießlich, dort den alten und den jungen Herrn von Eisenschlicht zu finden; indessen, da er bei Tische Sophien gegenüber saß, so richtete er das Gespräch hauptsächlich an diese und bestrebte sich heiter zu erscheinen, obgleich sein Gemüth auf vielfache Weise gereizt war; denn es entging ihm nicht, wie der alte Walther dem jungen Eisenschlicht mit aller Artigkeit entgegen kam und ihn beinahe vernachlässigte; auch war es in der Stadt bekannt, daß sich der Rath den jungen reichen Mann zum Schwiegersohne wünsche. Dieser ließ sich die Freundlichkeit des Wirthes gefallen mit einer Art, als wenn es nicht anders sein könne, und Erich, der es gut mit dem jungen Eduard meinte, suchte nur zu verhindern, daß der gereizte Jüngling nicht in Heftigkeit ausbräche. Sophie war die Munterkeit selbst; sie hatte sich mehr geschmückt als gewöhnlich, und der Vater mußte sie oft prüfend betrachten, denn ihr Anzug wich in einigen Stücken von dem gebräuchlichen ab und erinnerte ihn heute lebhafter als je an jenes verlorene Bild von Messys, welches die beiden jungen Leute in einer gewissen Ähnlichkeit als Schäfer darstellte.

Eduard war vom Geheimenrath Walther eingeladen worden; es war lange nicht geschehen, und ob der Jüngling gleich nicht begriff, wie der alte Freund zu diesem erneuten Wohlwollen komme, so ging er doch mit frischem Muthe hin, hauptsächlich in der frohen Erwartung, mit Sophien die ehemalige Bekanntschaft wieder anzuknüpfen. Er nahm das aufgefundene Papier mit.

Es war ihm sehr verdrießlich, dort den alten und den jungen Herrn von Eisenschlicht zu finden; indessen, da er bei Tische Sophien gegenüber saß, so richtete er das Gespräch hauptsächlich an diese und bestrebte sich heiter zu erscheinen, obgleich sein Gemüth auf vielfache Weise gereizt war; denn es entging ihm nicht, wie der alte Walther dem jungen Eisenschlicht mit aller Artigkeit entgegen kam und ihn beinahe vernachlässigte; auch war es in der Stadt bekannt, daß sich der Rath den jungen reichen Mann zum Schwiegersohne wünsche. Dieser ließ sich die Freundlichkeit des Wirthes gefallen mit einer Art, als wenn es nicht anders sein könne, und Erich, der es gut mit dem jungen Eduard meinte, suchte nur zu verhindern, daß der gereizte Jüngling nicht in Heftigkeit ausbräche. Sophie war die Munterkeit selbst; sie hatte sich mehr geschmückt als gewöhnlich, und der Vater mußte sie oft prüfend betrachten, denn ihr Anzug wich in einigen Stücken von dem gebräuchlichen ab und erinnerte ihn heute lebhafter als je an jenes verlorene Bild von Messys, welches die beiden jungen Leute in einer gewissen Ähnlichkeit als Schäfer darstellte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0068"/>
      <div n="5">
        <p>Eduard war vom Geheimenrath Walther eingeladen worden; es war lange nicht geschehen,                und ob der Jüngling gleich nicht begriff, wie der alte Freund zu diesem erneuten                Wohlwollen komme, so ging er doch mit frischem Muthe hin, hauptsächlich in der frohen                Erwartung, mit Sophien die ehemalige Bekanntschaft wieder anzuknüpfen. Er nahm das                aufgefundene Papier mit.</p><lb/>
        <p>Es war ihm sehr verdrießlich, dort den alten und den jungen Herrn von Eisenschlicht                zu finden; indessen, da er bei Tische Sophien gegenüber saß, so richtete er das                Gespräch hauptsächlich an diese und bestrebte sich heiter zu erscheinen, obgleich                sein Gemüth auf vielfache Weise gereizt war; denn es entging ihm nicht, wie der alte                Walther dem jungen Eisenschlicht mit aller Artigkeit entgegen kam und ihn beinahe                vernachlässigte; auch war es in der Stadt bekannt, daß sich der Rath den jungen                reichen Mann zum Schwiegersohne wünsche. Dieser ließ sich die Freundlichkeit des                Wirthes gefallen mit einer Art, als wenn es nicht anders sein könne, und Erich, der                es gut mit dem jungen Eduard meinte, suchte nur zu verhindern, daß der gereizte                Jüngling nicht in Heftigkeit ausbräche. Sophie war die Munterkeit selbst; sie hatte                sich mehr geschmückt als gewöhnlich, und der Vater mußte sie oft prüfend betrachten,                denn ihr Anzug wich in einigen Stücken von dem gebräuchlichen ab und erinnerte ihn                heute lebhafter als je an jenes verlorene Bild von Messys, welches die beiden jungen                Leute in einer gewissen Ähnlichkeit als Schäfer darstellte.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0068] Eduard war vom Geheimenrath Walther eingeladen worden; es war lange nicht geschehen, und ob der Jüngling gleich nicht begriff, wie der alte Freund zu diesem erneuten Wohlwollen komme, so ging er doch mit frischem Muthe hin, hauptsächlich in der frohen Erwartung, mit Sophien die ehemalige Bekanntschaft wieder anzuknüpfen. Er nahm das aufgefundene Papier mit. Es war ihm sehr verdrießlich, dort den alten und den jungen Herrn von Eisenschlicht zu finden; indessen, da er bei Tische Sophien gegenüber saß, so richtete er das Gespräch hauptsächlich an diese und bestrebte sich heiter zu erscheinen, obgleich sein Gemüth auf vielfache Weise gereizt war; denn es entging ihm nicht, wie der alte Walther dem jungen Eisenschlicht mit aller Artigkeit entgegen kam und ihn beinahe vernachlässigte; auch war es in der Stadt bekannt, daß sich der Rath den jungen reichen Mann zum Schwiegersohne wünsche. Dieser ließ sich die Freundlichkeit des Wirthes gefallen mit einer Art, als wenn es nicht anders sein könne, und Erich, der es gut mit dem jungen Eduard meinte, suchte nur zu verhindern, daß der gereizte Jüngling nicht in Heftigkeit ausbräche. Sophie war die Munterkeit selbst; sie hatte sich mehr geschmückt als gewöhnlich, und der Vater mußte sie oft prüfend betrachten, denn ihr Anzug wich in einigen Stücken von dem gebräuchlichen ab und erinnerte ihn heute lebhafter als je an jenes verlorene Bild von Messys, welches die beiden jungen Leute in einer gewissen Ähnlichkeit als Schäfer darstellte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/68
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/68>, abgerufen am 29.11.2024.