Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sichts und Nackens wunderbar erhob. Der Jüngling begann sogleich eben so verlegen als zudringlich ein Gespräch mit Sophien, das um so trockner wurde, um so mehr er es überschwänglich zu machen suchte. Gestört und getröstet wurden beide durch das Erscheinen des alten Eulenböck, der mit seinem braunrothen Gesicht wunderlich aus einer hellgrünen Weste und weißlichem Frack heraus schien, da er es, wie viele ausgemacht häßliche Menschen, liebte, sich in auffallende Farben zu kleiden. Die jungen Leute konnten kaum das Lachen unterdrücken, als sie ihn sich linkisch hereindrehen, grimassirend grüßen und mit falscher Artigkeit stolpern sahen, wobei sich sein schiefes Gesicht, die kleinen grellen Augen und die seitwärts gedrehte Nase noch wunderlicher ausnahmen. Der Fremde ließ lange auf sich warten, und Sophie spöttelte wieder über die Anmaßung, den vornehmen Mann zu spielen, bis er endlich, schlicht gekleidet, erschien und es der Gesellschaft möglich machte, sich in das Speisezimmer zu begeben, in welchem sie Erich schon fanden, der dort ein Gemälde befestigt hatte, welches der Fremde und die Maler in Augenschein nehmen sollten. Sophie saß zwischen Erich und dem Unbekannten, obgleich Dietrich einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, sich an ihre Seite einzuschieben. Eulenböck, der Alles bemerkte, und der am liebsten seine Bosheit in das Gewand der Gutmüthigkeit hüllte, drückte dem jungen Menschen die Hand und dankte ihm wie gerührt, daß er so sichts und Nackens wunderbar erhob. Der Jüngling begann sogleich eben so verlegen als zudringlich ein Gespräch mit Sophien, das um so trockner wurde, um so mehr er es überschwänglich zu machen suchte. Gestört und getröstet wurden beide durch das Erscheinen des alten Eulenböck, der mit seinem braunrothen Gesicht wunderlich aus einer hellgrünen Weste und weißlichem Frack heraus schien, da er es, wie viele ausgemacht häßliche Menschen, liebte, sich in auffallende Farben zu kleiden. Die jungen Leute konnten kaum das Lachen unterdrücken, als sie ihn sich linkisch hereindrehen, grimassirend grüßen und mit falscher Artigkeit stolpern sahen, wobei sich sein schiefes Gesicht, die kleinen grellen Augen und die seitwärts gedrehte Nase noch wunderlicher ausnahmen. Der Fremde ließ lange auf sich warten, und Sophie spöttelte wieder über die Anmaßung, den vornehmen Mann zu spielen, bis er endlich, schlicht gekleidet, erschien und es der Gesellschaft möglich machte, sich in das Speisezimmer zu begeben, in welchem sie Erich schon fanden, der dort ein Gemälde befestigt hatte, welches der Fremde und die Maler in Augenschein nehmen sollten. Sophie saß zwischen Erich und dem Unbekannten, obgleich Dietrich einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, sich an ihre Seite einzuschieben. Eulenböck, der Alles bemerkte, und der am liebsten seine Bosheit in das Gewand der Gutmüthigkeit hüllte, drückte dem jungen Menschen die Hand und dankte ihm wie gerührt, daß er so <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0034"/> sichts und Nackens wunderbar erhob. Der Jüngling begann sogleich eben so verlegen als zudringlich ein Gespräch mit Sophien, das um so trockner wurde, um so mehr er es überschwänglich zu machen suchte. Gestört und getröstet wurden beide durch das Erscheinen des alten Eulenböck, der mit seinem braunrothen Gesicht wunderlich aus einer hellgrünen Weste und weißlichem Frack heraus schien, da er es, wie viele ausgemacht häßliche Menschen, liebte, sich in auffallende Farben zu kleiden. Die jungen Leute konnten kaum das Lachen unterdrücken, als sie ihn sich linkisch hereindrehen, grimassirend grüßen und mit falscher Artigkeit stolpern sahen, wobei sich sein schiefes Gesicht, die kleinen grellen Augen und die seitwärts gedrehte Nase noch wunderlicher ausnahmen. Der Fremde ließ lange auf sich warten, und Sophie spöttelte wieder über die Anmaßung, den vornehmen Mann zu spielen, bis er endlich, schlicht gekleidet, erschien und es der Gesellschaft möglich machte, sich in das Speisezimmer zu begeben, in welchem sie Erich schon fanden, der dort ein Gemälde befestigt hatte, welches der Fremde und die Maler in Augenschein nehmen sollten.</p><lb/> <p>Sophie saß zwischen Erich und dem Unbekannten, obgleich Dietrich einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, sich an ihre Seite einzuschieben. Eulenböck, der Alles bemerkte, und der am liebsten seine Bosheit in das Gewand der Gutmüthigkeit hüllte, drückte dem jungen Menschen die Hand und dankte ihm wie gerührt, daß er so<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0034]
sichts und Nackens wunderbar erhob. Der Jüngling begann sogleich eben so verlegen als zudringlich ein Gespräch mit Sophien, das um so trockner wurde, um so mehr er es überschwänglich zu machen suchte. Gestört und getröstet wurden beide durch das Erscheinen des alten Eulenböck, der mit seinem braunrothen Gesicht wunderlich aus einer hellgrünen Weste und weißlichem Frack heraus schien, da er es, wie viele ausgemacht häßliche Menschen, liebte, sich in auffallende Farben zu kleiden. Die jungen Leute konnten kaum das Lachen unterdrücken, als sie ihn sich linkisch hereindrehen, grimassirend grüßen und mit falscher Artigkeit stolpern sahen, wobei sich sein schiefes Gesicht, die kleinen grellen Augen und die seitwärts gedrehte Nase noch wunderlicher ausnahmen. Der Fremde ließ lange auf sich warten, und Sophie spöttelte wieder über die Anmaßung, den vornehmen Mann zu spielen, bis er endlich, schlicht gekleidet, erschien und es der Gesellschaft möglich machte, sich in das Speisezimmer zu begeben, in welchem sie Erich schon fanden, der dort ein Gemälde befestigt hatte, welches der Fremde und die Maler in Augenschein nehmen sollten.
Sophie saß zwischen Erich und dem Unbekannten, obgleich Dietrich einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, sich an ihre Seite einzuschieben. Eulenböck, der Alles bemerkte, und der am liebsten seine Bosheit in das Gewand der Gutmüthigkeit hüllte, drückte dem jungen Menschen die Hand und dankte ihm wie gerührt, daß er so
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/34>, abgerufen am 16.02.2025. |