Schmerz im Munde verursacht, und den Schleim auf der Zunge wegbeitzt; endlich daß er einen herben und barschen Nachgeschmack zurückläßt. Nach diesen Kennzeichen wird der Kaneel vor der Verschiffung beurtheilt.
Einmal mußte ich nebst verschiedenen andern Aerz- ten eine Partey Kaneel untersuchen, die der König von Candy geliefert hatte. Wir fanden, daß er zur Hälfte mit schlechtem vermischt, untauglich, von schlechtem Geschmack und unächt war. Der beste, welchen man herausfinden konnte, wurde nach Batavia gesandt. Eben so untersuchten wir zu Columbo einige Bündel Ka- neel, von einer vor einiger Zeit gepflanzten Sorte, wel- che im Jahr 1775 zur Probe nach Europa geschickt wurden. Allein man hat hernach in Europa bey An- kunft dieses Kaneels gefunden, daß er den Geschmack nicht hatte, den er haben mußte, obgleich wir ihn hier zu Columbo, als er eingeschifft werden sollte, für fein und gut erklärten. Der Geruch ist zwar fein und angenehm gewesen; Geschmack aber hat er sehr wenig und fast gar nicht gehabt. Vermuthlich hat er ihn aber unter- wegs verloren, und das ist aller Wahrscheinlichkeit nach davon hergekommen, daß in den jungen Zweigen, deren Wurzel nicht älter als drey Jahr war, das Oel zu flüchtig und nicht concentrirt genug seyn mochte; dreyjäh- rige Zweige sind zwar zum Schälen brauchbar, aber Wur- zel und Stamm müssen doch einige Jahr älter seyn. Auch war beym Einpacken und beym Transport ein Fehler begangen, der vieles, wenn nicht alles, dazu beygetragen hat, daß der Geschmack verschwunden war. Die Bün- del waren nemlich nur in einfache Säcke gepackt, und in
Thunbergs Reisen. Zweyt. Band. zweyter Th. N
Vom Kaneel.
Schmerz im Munde verurſacht, und den Schleim auf der Zunge wegbeitzt; endlich daß er einen herben und barſchen Nachgeſchmack zuruͤcklaͤßt. Nach dieſen Kennzeichen wird der Kaneel vor der Verſchiffung beurtheilt.
Einmal mußte ich nebſt verſchiedenen andern Aerz- ten eine Partey Kaneel unterſuchen, die der Koͤnig von Candy geliefert hatte. Wir fanden, daß er zur Haͤlfte mit ſchlechtem vermiſcht, untauglich, von ſchlechtem Geſchmack und unaͤcht war. Der beſte, welchen man herausfinden konnte, wurde nach Batavia geſandt. Eben ſo unterſuchten wir zu Columbo einige Buͤndel Ka- neel, von einer vor einiger Zeit gepflanzten Sorte, wel- che im Jahr 1775 zur Probe nach Europa geſchickt wurden. Allein man hat hernach in Europa bey An- kunft dieſes Kaneels gefunden, daß er den Geſchmack nicht hatte, den er haben mußte, obgleich wir ihn hier zu Columbo, als er eingeſchifft werden ſollte, fuͤr fein und gut erklaͤrten. Der Geruch iſt zwar fein und angenehm geweſen; Geſchmack aber hat er ſehr wenig und faſt gar nicht gehabt. Vermuthlich hat er ihn aber unter- wegs verloren, und das iſt aller Wahrſcheinlichkeit nach davon hergekommen, daß in den jungen Zweigen, deren Wurzel nicht aͤlter als drey Jahr war, das Oel zu fluͤchtig und nicht concentrirt genug ſeyn mochte; dreyjaͤh- rige Zweige ſind zwar zum Schaͤlen brauchbar, aber Wur- zel und Stamm muͤſſen doch einige Jahr aͤlter ſeyn. Auch war beym Einpacken und beym Transport ein Fehler begangen, der vieles, wenn nicht alles, dazu beygetragen hat, daß der Geſchmack verſchwunden war. Die Buͤn- del waren nemlich nur in einfache Saͤcke gepackt, und in
Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. N
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Vom Kaneel.
Schmerz im Munde verurſacht, und den Schleim auf
der Zunge wegbeitzt; endlich daß er einen herben
und barſchen Nachgeſchmack zuruͤcklaͤßt. Nach dieſen
Kennzeichen wird der Kaneel vor der Verſchiffung
beurtheilt.
Einmal mußte ich nebſt verſchiedenen andern Aerz-
ten eine Partey Kaneel unterſuchen, die der Koͤnig von
Candy geliefert hatte. Wir fanden, daß er zur Haͤlfte
mit ſchlechtem vermiſcht, untauglich, von ſchlechtem
Geſchmack und unaͤcht war. Der beſte, welchen man
herausfinden konnte, wurde nach Batavia geſandt.
Eben ſo unterſuchten wir zu Columbo einige Buͤndel Ka-
neel, von einer vor einiger Zeit gepflanzten Sorte, wel-
che im Jahr 1775 zur Probe nach Europa geſchickt
wurden. Allein man hat hernach in Europa bey An-
kunft dieſes Kaneels gefunden, daß er den Geſchmack
nicht hatte, den er haben mußte, obgleich wir ihn hier
zu Columbo, als er eingeſchifft werden ſollte, fuͤr fein und
gut erklaͤrten. Der Geruch iſt zwar fein und angenehm
geweſen; Geſchmack aber hat er ſehr wenig und faſt gar
nicht gehabt. Vermuthlich hat er ihn aber unter-
wegs verloren, und das iſt aller Wahrſcheinlichkeit
nach davon hergekommen, daß in den jungen Zweigen,
deren Wurzel nicht aͤlter als drey Jahr war, das Oel zu
fluͤchtig und nicht concentrirt genug ſeyn mochte; dreyjaͤh-
rige Zweige ſind zwar zum Schaͤlen brauchbar, aber Wur-
zel und Stamm muͤſſen doch einige Jahr aͤlter ſeyn. Auch
war beym Einpacken und beym Transport ein Fehler
begangen, der vieles, wenn nicht alles, dazu beygetragen
hat, daß der Geſchmack verſchwunden war. Die Buͤn-
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/489>, abgerufen am 22.11.2024.
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