Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.Dritte Abtheilung. Erster Abschnitt. gewesen war, und vom hiesigen Gouverneur sehr werthgeschätzt wurde, hatte das Unglück gehabt, den grauen Staar auf beide Augen zu bekommen. Als der Gou- verneur, vom Hospitalmedicus bey dem ich logirte, erfuhr, daß ich es mir zutraue, diesem Manne das Gesicht wieder zu schaffen, bot er mir hundert Ducatons, wenn es mir damit glücken würde, und da alle meine chirurgischen Instrumente mit dem Schiffe nach Juana gegangen waren, schickte er sogleich einen Expressen dahin, und ließ sie holen. Allein der Blinde, welcher doch nur etwas über die mittleren Jahre hinaus war, schien zu seiner eignen Kunst, der Chirurgie, selbst sehr wenig Zutrauen zu haben, weil er eben so eigensinnig als blind war, und sich schlechterdings nicht bewegen oder überreden lassen wollte, sich der Operation zu un- terwerfen. Ich erkundigte mich daher, ob es hier nicht andre Blinde gäbe, denen ich Hülfe verschaffen, und dadurch zugleich meinem gefälligen Wirthe eine Operation lehren könnte, die zu den vorzüglichsten und nützlichsten in der ganzen Wundarzneywissenschaft ge- hört. Dieser schafte sogleich einen alten Mann, und zwar einen Europäer, und eine siebenzigjährige chinesi- sche Frau herbey, die beyde auf beyden Augen blind waren, jener ganz stockblind, und diese so, daß sie nur zur Noth ohne Führer gehen konnte. Beyde wur- den von mir glücklich operirt, und bekamen ihr Gesicht völlig wieder. Ich ließ mich auch bereden, meinem Wirthe nicht nur die zum Staarstechen gehörigen, sondern auch verschiedene andere chirurgische Instru- mente, deren Gebrauch auf dem Schiffe nur höchst selten vorkommt, zurückzulassen. Bey Gelegenheit des, den 3ten May einfallen- Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. geweſen war, und vom hieſigen Gouverneur ſehr werthgeſchaͤtzt wurde, hatte das Ungluͤck gehabt, den grauen Staar auf beide Augen zu bekommen. Als der Gou- verneur, vom Hoſpitalmedicus bey dem ich logirte, erfuhr, daß ich es mir zutraue, dieſem Manne das Geſicht wieder zu ſchaffen, bot er mir hundert Ducatons, wenn es mir damit gluͤcken wuͤrde, und da alle meine chirurgiſchen Inſtrumente mit dem Schiffe nach Juana gegangen waren, ſchickte er ſogleich einen Expreſſen dahin, und ließ ſie holen. Allein der Blinde, welcher doch nur etwas uͤber die mittleren Jahre hinaus war, ſchien zu ſeiner eignen Kunſt, der Chirurgie, ſelbſt ſehr wenig Zutrauen zu haben, weil er eben ſo eigenſinnig als blind war, und ſich ſchlechterdings nicht bewegen oder uͤberreden laſſen wollte, ſich der Operation zu un- terwerfen. Ich erkundigte mich daher, ob es hier nicht andre Blinde gaͤbe, denen ich Huͤlfe verſchaffen, und dadurch zugleich meinem gefaͤlligen Wirthe eine Operation lehren koͤnnte, die zu den vorzuͤglichſten und nuͤtzlichſten in der ganzen Wundarzneywiſſenſchaft ge- hoͤrt. Dieſer ſchafte ſogleich einen alten Mann, und zwar einen Europaͤer, und eine ſiebenzigjaͤhrige chineſi- ſche Frau herbey, die beyde auf beyden Augen blind waren, jener ganz ſtockblind, und dieſe ſo, daß ſie nur zur Noth ohne Fuͤhrer gehen konnte. Beyde wur- den von mir gluͤcklich operirt, und bekamen ihr Geſicht voͤllig wieder. Ich ließ mich auch bereden, meinem Wirthe nicht nur die zum Staarſtechen gehoͤrigen, ſondern auch verſchiedene andere chirurgiſche Inſtru- mente, deren Gebrauch auf dem Schiffe nur hoͤchſt ſelten vorkommt, zuruͤckzulaſſen. Bey Gelegenheit des, den 3ten May einfallen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0442" n="146"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.</hi></fw><lb/> geweſen war, und vom hieſigen Gouverneur ſehr werth<lb/> geſchaͤtzt wurde, hatte das Ungluͤck gehabt, den grauen<lb/> Staar auf beide Augen zu bekommen. 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Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
geweſen war, und vom hieſigen Gouverneur ſehr werth
geſchaͤtzt wurde, hatte das Ungluͤck gehabt, den grauen
Staar auf beide Augen zu bekommen. Als der Gou-
verneur, vom Hoſpitalmedicus bey dem ich logirte,
erfuhr, daß ich es mir zutraue, dieſem Manne das
Geſicht wieder zu ſchaffen, bot er mir hundert Ducatons,
wenn es mir damit gluͤcken wuͤrde, und da alle meine
chirurgiſchen Inſtrumente mit dem Schiffe nach Juana
gegangen waren, ſchickte er ſogleich einen Expreſſen
dahin, und ließ ſie holen. Allein der Blinde, welcher
doch nur etwas uͤber die mittleren Jahre hinaus war,
ſchien zu ſeiner eignen Kunſt, der Chirurgie, ſelbſt ſehr
wenig Zutrauen zu haben, weil er eben ſo eigenſinnig
als blind war, und ſich ſchlechterdings nicht bewegen
oder uͤberreden laſſen wollte, ſich der Operation zu un-
terwerfen. Ich erkundigte mich daher, ob es hier
nicht andre Blinde gaͤbe, denen ich Huͤlfe verſchaffen,
und dadurch zugleich meinem gefaͤlligen Wirthe eine
Operation lehren koͤnnte, die zu den vorzuͤglichſten und
nuͤtzlichſten in der ganzen Wundarzneywiſſenſchaft ge-
hoͤrt. Dieſer ſchafte ſogleich einen alten Mann, und
zwar einen Europaͤer, und eine ſiebenzigjaͤhrige chineſi-
ſche Frau herbey, die beyde auf beyden Augen blind
waren, jener ganz ſtockblind, und dieſe ſo, daß ſie
nur zur Noth ohne Fuͤhrer gehen konnte. Beyde wur-
den von mir gluͤcklich operirt, und bekamen ihr Geſicht
voͤllig wieder. Ich ließ mich auch bereden, meinem
Wirthe nicht nur die zum Staarſtechen gehoͤrigen,
ſondern auch verſchiedene andere chirurgiſche Inſtru-
mente, deren Gebrauch auf dem Schiffe nur hoͤchſt
ſelten vorkommt, zuruͤckzulaſſen.
Bey Gelegenheit des, den 3ten May einfallen-
den Neujahrsſeſtes der Javaner, gab der hieſige Patti,
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