Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritte Abtheilung. Erster Abschnitt.
auch die Jahreszeit, da die Westwinde aufhören zu we-
hen, und der Ostpassatwind wieder kommt. Unser
Schiffscapitain erzählte uns bey dieser Gelegenheit, daß
er, so wie mehr erfahrne Seeleute, mit Gewißheit be-
merkt habe, daß, seit dem großen Erdbeben zu Lissa-
bon
, die Ostwinde später eingetreten, und die Passat-
winde überhaupt schwächer geworden sind.

Obgleich Java Zuckerrohr in Menge hervor-
bringt, und der Zucker hier zu Lande eben gar nicht
theuer ist, waren wir doch auf dieser Reise mit sehr
schlechtem, und statt weissen, mit braunen Puder- oder
Kochzucker versorgt worden. Als ich, in Rücksicht auf
die Kranken, mich bey dem Capitain darüber be-
schwerte, erfuhr ich, daß zwar weisser Kochzucker be-
willigt, daß aber gewöhnlich nur eine schlechtere Sorte
geliefert und das dadurch ersparte Geld von den Admi-
nistratoren der Pack- oder Waarenhäuser eingestri-
chen werde.

Den 9ten April kam ich zu Samarang an. Dies
ist eine schöne wohl befestigte und mittelmäßig große
Stadt, und der Hauptort der Holländer an der ganzen
Küste von Java, unter welchem alle andere Handlungs-
comtoire, ausser dem zu Cheribon, stehen. Der Ort
wurde im Jahr 1708 von den Holländern erobert.
Er liegt an einem Flusse nicht weit vom Strande.
Jetzt befanden sich hier ungefehr hundert und funfzig
Mann Soldaten, obgleich, wie man mir sagte, an
tausend Mann zu diesem Comtoir gehören. Die Ein-
künfte des hiesigen Stadthalters, sollen sich jährlich auf
achtzig bis hunderttausend Reichsthaler belaufen. Des-
halb wird diese Stelle auch nur Verwandten und Günst-
lingen des Generalgouverneurs zu Theil; doch behält ei-
ner dieselbe selten länger als drey Jahr, worauf er ge-

Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
auch die Jahreszeit, da die Weſtwinde aufhoͤren zu we-
hen, und der Oſtpaſſatwind wieder kommt. Unſer
Schiffscapitain erzaͤhlte uns bey dieſer Gelegenheit, daß
er, ſo wie mehr erfahrne Seeleute, mit Gewißheit be-
merkt habe, daß, ſeit dem großen Erdbeben zu Liſſa-
bon
, die Oſtwinde ſpaͤter eingetreten, und die Paſſat-
winde uͤberhaupt ſchwaͤcher geworden ſind.

Obgleich Java Zuckerrohr in Menge hervor-
bringt, und der Zucker hier zu Lande eben gar nicht
theuer iſt, waren wir doch auf dieſer Reiſe mit ſehr
ſchlechtem, und ſtatt weiſſen, mit braunen Puder- oder
Kochzucker verſorgt worden. Als ich, in Ruͤckſicht auf
die Kranken, mich bey dem Capitain daruͤber be-
ſchwerte, erfuhr ich, daß zwar weiſſer Kochzucker be-
willigt, daß aber gewoͤhnlich nur eine ſchlechtere Sorte
geliefert und das dadurch erſparte Geld von den Admi-
niſtratoren der Pack- oder Waarenhaͤuſer eingeſtri-
chen werde.

Den 9ten April kam ich zu Samarang an. Dies
iſt eine ſchoͤne wohl befeſtigte und mittelmaͤßig große
Stadt, und der Hauptort der Hollaͤnder an der ganzen
Kuͤſte von Java, unter welchem alle andere Handlungs-
comtoire, auſſer dem zu Cheribon, ſtehen. Der Ort
wurde im Jahr 1708 von den Hollaͤndern erobert.
Er liegt an einem Fluſſe nicht weit vom Strande.
Jetzt befanden ſich hier ungefehr hundert und funfzig
Mann Soldaten, obgleich, wie man mir ſagte, an
tauſend Mann zu dieſem Comtoir gehoͤren. Die Ein-
kuͤnfte des hieſigen Stadthalters, ſollen ſich jaͤhrlich auf
achtzig bis hunderttauſend Reichsthaler belaufen. Des-
halb wird dieſe Stelle auch nur Verwandten und Guͤnſt-
lingen des Generalgouverneurs zu Theil; doch behaͤlt ei-
ner dieſelbe ſelten laͤnger als drey Jahr, worauf er ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0430" n="134"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Dritte Abtheilung. Er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
auch die Jahreszeit, da die We&#x017F;twinde aufho&#x0364;ren zu we-<lb/>
hen, und der O&#x017F;tpa&#x017F;&#x017F;atwind wieder kommt. Un&#x017F;er<lb/>
Schiffscapitain erza&#x0364;hlte uns bey die&#x017F;er Gelegenheit, daß<lb/>
er, &#x017F;o wie mehr erfahrne Seeleute, mit Gewißheit be-<lb/>
merkt habe, daß, &#x017F;eit dem großen Erdbeben zu <placeName>Li&#x017F;&#x017F;a-<lb/>
bon</placeName>, die O&#x017F;twinde &#x017F;pa&#x0364;ter eingetreten, und die Pa&#x017F;&#x017F;at-<lb/>
winde u&#x0364;berhaupt &#x017F;chwa&#x0364;cher geworden &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Obgleich <placeName>Java</placeName> Zuckerrohr in Menge hervor-<lb/>
bringt, und der Zucker hier zu Lande eben gar nicht<lb/>
theuer i&#x017F;t, waren wir doch auf die&#x017F;er Rei&#x017F;e mit &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chlechtem, und &#x017F;tatt wei&#x017F;&#x017F;en, mit braunen Puder- oder<lb/>
Kochzucker ver&#x017F;orgt worden. Als ich, in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf<lb/>
die Kranken, mich bey dem Capitain daru&#x0364;ber be-<lb/>
&#x017F;chwerte, erfuhr ich, daß zwar wei&#x017F;&#x017F;er Kochzucker be-<lb/>
willigt, daß aber gewo&#x0364;hnlich nur eine &#x017F;chlechtere Sorte<lb/>
geliefert und das dadurch er&#x017F;parte Geld von den Admi-<lb/>
ni&#x017F;tratoren der Pack- oder Waarenha&#x0364;u&#x017F;er einge&#x017F;tri-<lb/>
chen werde.</p><lb/>
            <p>Den 9ten April kam ich zu <placeName>Samarang</placeName> an. Dies<lb/>
i&#x017F;t eine &#x017F;cho&#x0364;ne wohl befe&#x017F;tigte und mittelma&#x0364;ßig große<lb/>
Stadt, und der Hauptort der Holla&#x0364;nder an der ganzen<lb/>
Ku&#x0364;&#x017F;te von <placeName>Java</placeName>, unter welchem alle andere Handlungs-<lb/>
comtoire, au&#x017F;&#x017F;er dem zu <placeName>Cheribon</placeName>, &#x017F;tehen. Der Ort<lb/>
wurde im Jahr 1708 von den Holla&#x0364;ndern erobert.<lb/>
Er liegt an einem Flu&#x017F;&#x017F;e nicht weit vom Strande.<lb/>
Jetzt befanden &#x017F;ich hier ungefehr hundert und funfzig<lb/>
Mann Soldaten, obgleich, wie man mir &#x017F;agte, an<lb/>
tau&#x017F;end Mann zu die&#x017F;em Comtoir geho&#x0364;ren. Die Ein-<lb/>
ku&#x0364;nfte des hie&#x017F;igen Stadthalters, &#x017F;ollen &#x017F;ich ja&#x0364;hrlich auf<lb/>
achtzig bis hunderttau&#x017F;end Reichsthaler belaufen. Des-<lb/>
halb wird die&#x017F;e Stelle auch nur Verwandten und Gu&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
lingen des Generalgouverneurs zu Theil; doch beha&#x0364;lt ei-<lb/>
ner die&#x017F;elbe &#x017F;elten la&#x0364;nger als drey Jahr, worauf er ge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0430] Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. auch die Jahreszeit, da die Weſtwinde aufhoͤren zu we- hen, und der Oſtpaſſatwind wieder kommt. Unſer Schiffscapitain erzaͤhlte uns bey dieſer Gelegenheit, daß er, ſo wie mehr erfahrne Seeleute, mit Gewißheit be- merkt habe, daß, ſeit dem großen Erdbeben zu Liſſa- bon, die Oſtwinde ſpaͤter eingetreten, und die Paſſat- winde uͤberhaupt ſchwaͤcher geworden ſind. Obgleich Java Zuckerrohr in Menge hervor- bringt, und der Zucker hier zu Lande eben gar nicht theuer iſt, waren wir doch auf dieſer Reiſe mit ſehr ſchlechtem, und ſtatt weiſſen, mit braunen Puder- oder Kochzucker verſorgt worden. Als ich, in Ruͤckſicht auf die Kranken, mich bey dem Capitain daruͤber be- ſchwerte, erfuhr ich, daß zwar weiſſer Kochzucker be- willigt, daß aber gewoͤhnlich nur eine ſchlechtere Sorte geliefert und das dadurch erſparte Geld von den Admi- niſtratoren der Pack- oder Waarenhaͤuſer eingeſtri- chen werde. Den 9ten April kam ich zu Samarang an. Dies iſt eine ſchoͤne wohl befeſtigte und mittelmaͤßig große Stadt, und der Hauptort der Hollaͤnder an der ganzen Kuͤſte von Java, unter welchem alle andere Handlungs- comtoire, auſſer dem zu Cheribon, ſtehen. Der Ort wurde im Jahr 1708 von den Hollaͤndern erobert. Er liegt an einem Fluſſe nicht weit vom Strande. Jetzt befanden ſich hier ungefehr hundert und funfzig Mann Soldaten, obgleich, wie man mir ſagte, an tauſend Mann zu dieſem Comtoir gehoͤren. Die Ein- kuͤnfte des hieſigen Stadthalters, ſollen ſich jaͤhrlich auf achtzig bis hunderttauſend Reichsthaler belaufen. Des- halb wird dieſe Stelle auch nur Verwandten und Guͤnſt- lingen des Generalgouverneurs zu Theil; doch behaͤlt ei- ner dieſelbe ſelten laͤnger als drey Jahr, worauf er ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/430
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/430>, abgerufen am 23.11.2024.