was zurück geblieben war, noch vor vollen Segeln ging, bis die Spitzen der Masten vom Winde herab gewor- fen wurden, bey Fortdauer des Sturms der eine Mast nach dem andern verlohren ging, und das Schiff vom Hin- und Herwerfen so beschädigt und zugleich so leck wurde, daß es im Hafen von Macao mit Mühe vom Sinken gerettet wurde. Von Macao brachte man es hernach nach Canton, wo es ausgebessert wurde. Die Reise nach Japan konnte es nicht fortsetzen. Die La- dung, welche meist aus Puder-Zucker bestand, war fast ganz verdorben. Nach einigen Tagen hatten wir wie- der schrecklichen Sturm, dem gewaltige Orkane folgten, die zwey Tage und Nächte, zwar mit vielem Regen, aber doch ohne Gewitter, anhielten. Als der Sturm sich gelegt hatte, sahen wir ein umgeworfenes Chinesi- sches Fischerboot in die See treiben. Die Fischer wa- ren umgekommen.
Den 22. bekamen wir das Chinesische Land aber- mahls zu Gesicht. Vier Fischerböte kamen mit Fischen mehrerer Gattungen zu uns. Ich fand darunter die schöne und durchsichtige Muschelart (Ostrea pleuro- nectes), deren eine Schale weiß, die andre roth ist, da- her die Holländer ihr den Nahmen Mondmuschel (Maan- Mossel) gegeben haben. Auch waren Blackfische (Se- pia), einige Taschenkrebse, und der Schwanenkrebs (Cancer Mantis), darunter. Man verkaufte uns die ganze Ladung, durch Tausch gegen Reiß und Arrak: Waaren, welche die Fischer ungemein gerne nahmen.
Seit unsrer Reise von Batavia hatten kalte Fie- ber unter den Matrosen sehr stark geherrscht, aber so bald mit dem starken Winde die Kälte zunahm, hörten sie auf. Bontius sagt, zu seiner Zeit seyen die kalten Fie- ber in Ostindien sehr rar gewesen; jetzt sind sie von allen
Erſte Abtheilung.
was zuruͤck geblieben war, noch vor vollen Segeln ging, bis die Spitzen der Maſten vom Winde herab gewor- fen wurden, bey Fortdauer des Sturms der eine Maſt nach dem andern verlohren ging, und das Schiff vom Hin- und Herwerfen ſo beſchaͤdigt und zugleich ſo leck wurde, daß es im Hafen von Macao mit Muͤhe vom Sinken gerettet wurde. Von Macao brachte man es hernach nach Canton, wo es ausgebeſſert wurde. Die Reiſe nach Japan konnte es nicht fortſetzen. Die La- dung, welche meiſt aus Puder-Zucker beſtand, war faſt ganz verdorben. Nach einigen Tagen hatten wir wie- der ſchrecklichen Sturm, dem gewaltige Orkane folgten, die zwey Tage und Naͤchte, zwar mit vielem Regen, aber doch ohne Gewitter, anhielten. Als der Sturm ſich gelegt hatte, ſahen wir ein umgeworfenes Chineſi- ſches Fiſcherboot in die See treiben. Die Fiſcher wa- ren umgekommen.
Den 22. bekamen wir das Chineſiſche Land aber- mahls zu Geſicht. Vier Fiſcherboͤte kamen mit Fiſchen mehrerer Gattungen zu uns. Ich fand darunter die ſchoͤne und durchſichtige Muſchelart (Oſtrea pleuro- nectes), deren eine Schale weiß, die andre roth iſt, da- her die Hollaͤnder ihr den Nahmen Mondmuſchel (Maan- Moſſel) gegeben haben. Auch waren Blackfiſche (Se- pia), einige Taſchenkrebſe, und der Schwanenkrebs (Cancer Mantis), darunter. Man verkaufte uns die ganze Ladung, durch Tauſch gegen Reiß und Arrak: Waaren, welche die Fiſcher ungemein gerne nahmen.
Seit unſrer Reiſe von Batavia hatten kalte Fie- ber unter den Matroſen ſehr ſtark geherrſcht, aber ſo bald mit dem ſtarken Winde die Kaͤlte zunahm, hoͤrten ſie auf. Bontius ſagt, zu ſeiner Zeit ſeyen die kalten Fie- ber in Oſtindien ſehr rar geweſen; jetzt ſind ſie von allen
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Erſte Abtheilung.
was zuruͤck geblieben war, noch vor vollen Segeln ging,
bis die Spitzen der Maſten vom Winde herab gewor-
fen wurden, bey Fortdauer des Sturms der eine Maſt
nach dem andern verlohren ging, und das Schiff vom
Hin- und Herwerfen ſo beſchaͤdigt und zugleich ſo leck
wurde, daß es im Hafen von Macao mit Muͤhe vom
Sinken gerettet wurde. Von Macao brachte man es
hernach nach Canton, wo es ausgebeſſert wurde. Die
Reiſe nach Japan konnte es nicht fortſetzen. Die La-
dung, welche meiſt aus Puder-Zucker beſtand, war faſt
ganz verdorben. Nach einigen Tagen hatten wir wie-
der ſchrecklichen Sturm, dem gewaltige Orkane folgten,
die zwey Tage und Naͤchte, zwar mit vielem Regen,
aber doch ohne Gewitter, anhielten. Als der Sturm
ſich gelegt hatte, ſahen wir ein umgeworfenes Chineſi-
ſches Fiſcherboot in die See treiben. Die Fiſcher wa-
ren umgekommen.
Den 22. bekamen wir das Chineſiſche Land aber-
mahls zu Geſicht. Vier Fiſcherboͤte kamen mit Fiſchen
mehrerer Gattungen zu uns. Ich fand darunter die
ſchoͤne und durchſichtige Muſchelart (Oſtrea pleuro-
nectes), deren eine Schale weiß, die andre roth iſt, da-
her die Hollaͤnder ihr den Nahmen Mondmuſchel (Maan-
Moſſel) gegeben haben. Auch waren Blackfiſche (Se-
pia), einige Taſchenkrebſe, und der Schwanenkrebs
(Cancer Mantis), darunter. Man verkaufte uns die
ganze Ladung, durch Tauſch gegen Reiß und Arrak:
Waaren, welche die Fiſcher ungemein gerne nahmen.
Seit unſrer Reiſe von Batavia hatten kalte Fie-
ber unter den Matroſen ſehr ſtark geherrſcht, aber ſo bald
mit dem ſtarken Winde die Kaͤlte zunahm, hoͤrten ſie
auf. Bontius ſagt, zu ſeiner Zeit ſeyen die kalten Fie-
ber in Oſtindien ſehr rar geweſen; jetzt ſind ſie von allen
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/38>, abgerufen am 03.07.2024.
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