Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.Fünfte Abtheilung. Zweyter Abschnitt. gungen, und gehorchen blindlings und ohne Vorbehalt.Ihres gleichen grüßen sie allezeit, so wohl wenn sie ein- ander begegnen, als auch beym Weggehen, sehr höflich. Gewöhnlich bücken sie sich mit dem ganzen Körper so, daß der Kopf sich vorwärts senkt, und legen die Hände ent- weder gegen die Knie, oder unterhalb der Knie an den Beinen hinunter, ja wohl gar bis auf den Fuß hinab, je nachdem mehr oder weniger tiefe Ehrerbiethung bewiesen werden muß. Je tiefer diese seyn muß, desto mehr wird auch der Kopf zur Erde gebogen. Wenn jemand sie an- redet, oder sie jemanden etwas hingeben oder überreichen, geschieht es allezeit mit einer solchen Verbeugung. Be- gegnet ein Geringerer einem Vornehmeren auf der Stra- ße, so bleibt er in jener Stellung so lange stehen, bis dieser vorbey ist. Begegnen zwey, die sich gleich sind, einander, so stehen beyde still und machen ebenfalls das oben beschriebne Compliment, und gehen darauf einan- der ein wenig in krummer Stellung vorbey. Wenn sie in ein Haus kommen, so fallen sie auf die Knie und bü- cken sich, mehr oder weniger tief, mit dem Kopfe; und ehe sie aufstehen um wegzugehen, machen sie wieder die- selbe Verbeugung. -- Bey aller ihrer Höflichkeit ha- ben die Japaner aber doch die unartige Gewohnheit, in jedermanns Gegenwart ohne Zurückhaltung, so oft es ih- nen ankommt, aus dem Magen aufzustoßen und zu rülpsen; dies wird bey ihnen, die sonst in ihrem Betra- gen so gesittet, als irgend ein cultivirtes Volk, sind, für gar nichts unanständiges gehalten. Die Neugier geht bey den Japanern sehr weit. Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. gungen, und gehorchen blindlings und ohne Vorbehalt.Ihres gleichen gruͤßen ſie allezeit, ſo wohl wenn ſie ein- ander begegnen, als auch beym Weggehen, ſehr hoͤflich. Gewoͤhnlich buͤcken ſie ſich mit dem ganzen Koͤrper ſo, daß der Kopf ſich vorwaͤrts ſenkt, und legen die Haͤnde ent- weder gegen die Knie, oder unterhalb der Knie an den Beinen hinunter, ja wohl gar bis auf den Fuß hinab, je nachdem mehr oder weniger tiefe Ehrerbiethung bewieſen werden muß. Je tiefer dieſe ſeyn muß, deſto mehr wird auch der Kopf zur Erde gebogen. Wenn jemand ſie an- redet, oder ſie jemanden etwas hingeben oder uͤberreichen, geſchieht es allezeit mit einer ſolchen Verbeugung. Be- gegnet ein Geringerer einem Vornehmeren auf der Stra- ße, ſo bleibt er in jener Stellung ſo lange ſtehen, bis dieſer vorbey iſt. Begegnen zwey, die ſich gleich ſind, einander, ſo ſtehen beyde ſtill und machen ebenfalls das oben beſchriebne Compliment, und gehen darauf einan- der ein wenig in krummer Stellung vorbey. Wenn ſie in ein Haus kommen, ſo fallen ſie auf die Knie und buͤ- cken ſich, mehr oder weniger tief, mit dem Kopfe; und ehe ſie aufſtehen um wegzugehen, machen ſie wieder die- ſelbe Verbeugung. — Bey aller ihrer Hoͤflichkeit ha- ben die Japaner aber doch die unartige Gewohnheit, in jedermanns Gegenwart ohne Zuruͤckhaltung, ſo oft es ih- nen ankommt, aus dem Magen aufzuſtoßen und zu ruͤlpſen; dies wird bey ihnen, die ſonſt in ihrem Betra- gen ſo geſittet, als irgend ein cultivirtes Volk, ſind, fuͤr gar nichts unanſtaͤndiges gehalten. Die Neugier geht bey den Japanern ſehr weit. <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0192" n="158"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fuͤnfte Abtheilung. 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Sie erkundigen ſich<lb/> nach allem, und werden durch ihre Fragen ſehr laͤſtig.<lb/> Bey den Audienzen koͤnnen ſie ſich an den Hollaͤndern<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0192]
Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
gungen, und gehorchen blindlings und ohne Vorbehalt.
Ihres gleichen gruͤßen ſie allezeit, ſo wohl wenn ſie ein-
ander begegnen, als auch beym Weggehen, ſehr hoͤflich.
Gewoͤhnlich buͤcken ſie ſich mit dem ganzen Koͤrper ſo, daß
der Kopf ſich vorwaͤrts ſenkt, und legen die Haͤnde ent-
weder gegen die Knie, oder unterhalb der Knie an den
Beinen hinunter, ja wohl gar bis auf den Fuß hinab, je
nachdem mehr oder weniger tiefe Ehrerbiethung bewieſen
werden muß. Je tiefer dieſe ſeyn muß, deſto mehr wird
auch der Kopf zur Erde gebogen. Wenn jemand ſie an-
redet, oder ſie jemanden etwas hingeben oder uͤberreichen,
geſchieht es allezeit mit einer ſolchen Verbeugung. Be-
gegnet ein Geringerer einem Vornehmeren auf der Stra-
ße, ſo bleibt er in jener Stellung ſo lange ſtehen, bis
dieſer vorbey iſt. Begegnen zwey, die ſich gleich ſind,
einander, ſo ſtehen beyde ſtill und machen ebenfalls das
oben beſchriebne Compliment, und gehen darauf einan-
der ein wenig in krummer Stellung vorbey. Wenn ſie
in ein Haus kommen, ſo fallen ſie auf die Knie und buͤ-
cken ſich, mehr oder weniger tief, mit dem Kopfe; und
ehe ſie aufſtehen um wegzugehen, machen ſie wieder die-
ſelbe Verbeugung. — Bey aller ihrer Hoͤflichkeit ha-
ben die Japaner aber doch die unartige Gewohnheit, in
jedermanns Gegenwart ohne Zuruͤckhaltung, ſo oft es ih-
nen ankommt, aus dem Magen aufzuſtoßen und zu
ruͤlpſen; dies wird bey ihnen, die ſonſt in ihrem Betra-
gen ſo geſittet, als irgend ein cultivirtes Volk, ſind, fuͤr
gar nichts unanſtaͤndiges gehalten.
Die Neugier geht bey den Japanern ſehr weit.
Was die Europaͤer mitbringen und bey ſich haben, beſe-
hen ſie ſo genau, als moͤglich iſt. Sie erkundigen ſich
nach allem, und werden durch ihre Fragen ſehr laͤſtig.
Bey den Audienzen koͤnnen ſie ſich an den Hollaͤndern
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