Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Aufenthalt in Paris.
vermißt, sie da, ehe sie begraben werden, besehen
können.

Auf der Straße wird Obst und manche andre Waa-
re ausgerufen, selbst das Wasser, welches Kerle aus
der Seine holen, und zum Hausbehufe verkaufen.
Sogar Auctionen werden nicht selten auf der Straße ge-
halten; der Auctionator gebraucht alsdann keinen Ham-
mer oder Schlüssel, um zuzuschlagen, sondern ruft nur
zum ersten, zum andern, und zum dritten, läßt sich so-
dann augenblicklich das Geld auszahlen, und geht weiter.
Ueberhaupt findet man auf den Straßen alles, Altes
und Neues, zu Kauf.

Eben so trifft man auf allen Märkten und andern
öffentlichen Plätzen, auch beynahe in allen Gassen, Schuh-
putzer an, die den Fußgängern ihre Dienste anbiethen.
Dieser Dienste bedarf man auch, weil es hier des vielen
Fahrens wegen und da die Gassenrinnen mitten in der
Straße sind, fast das ganze Jahr hindurch unrein ist.
In meinem Vaterlande würden diese Leute übel daran
seyn; denn sie würden Dreyviertheil des Jahres ohne
Verdienst bleiben. Wenn es regnet, kann man vor Re-
genschirmen kaum durchkommen; diese sind hier aber auch
unentbehrlich, weil jedermann, wie in Japan, beständig
mit bloßem Kopfe geht. -- Wer des Nachts spät in
der Stadt zu gehen hat, findet Leute mit Leuchten auf
der Straße, die für ein geringes Trinkgeld ihn zu Hause
leuchten.

Schon im December ging man mit Muffen. Die-
se trägt man hier sehr klein, und entweder von seidnem
Zeuge oder von Federn, und mit einem Bande, um sie
zuzuziehen. Als die Kälte um die Mitte des Januars
stärker wurde, trugen manche, wenn sie ausgingen, Ge-
fäße mit Feuer, um die Hände zu wärmen. Sobald

Thunbergs Reise. Erster Theil. D

Aufenthalt in Paris.
vermißt, ſie da, ehe ſie begraben werden, beſehen
koͤnnen.

Auf der Straße wird Obſt und manche andre Waa-
re ausgerufen, ſelbſt das Waſſer, welches Kerle aus
der Seine holen, und zum Hausbehufe verkaufen.
Sogar Auctionen werden nicht ſelten auf der Straße ge-
halten; der Auctionator gebraucht alsdann keinen Ham-
mer oder Schluͤſſel, um zuzuſchlagen, ſondern ruft nur
zum erſten, zum andern, und zum dritten, laͤßt ſich ſo-
dann augenblicklich das Geld auszahlen, und geht weiter.
Ueberhaupt findet man auf den Straßen alles, Altes
und Neues, zu Kauf.

Eben ſo trifft man auf allen Maͤrkten und andern
oͤffentlichen Plaͤtzen, auch beynahe in allen Gaſſen, Schuh-
putzer an, die den Fußgaͤngern ihre Dienſte anbiethen.
Dieſer Dienſte bedarf man auch, weil es hier des vielen
Fahrens wegen und da die Gaſſenrinnen mitten in der
Straße ſind, faſt das ganze Jahr hindurch unrein iſt.
In meinem Vaterlande wuͤrden dieſe Leute uͤbel daran
ſeyn; denn ſie wuͤrden Dreyviertheil des Jahres ohne
Verdienſt bleiben. Wenn es regnet, kann man vor Re-
genſchirmen kaum durchkommen; dieſe ſind hier aber auch
unentbehrlich, weil jedermann, wie in Japan, beſtaͤndig
mit bloßem Kopfe geht. — Wer des Nachts ſpaͤt in
der Stadt zu gehen hat, findet Leute mit Leuchten auf
der Straße, die fuͤr ein geringes Trinkgeld ihn zu Hauſe
leuchten.

Schon im December ging man mit Muffen. Die-
ſe traͤgt man hier ſehr klein, und entweder von ſeidnem
Zeuge oder von Federn, und mit einem Bande, um ſie
zuzuziehen. Als die Kaͤlte um die Mitte des Januars
ſtaͤrker wurde, trugen manche, wenn ſie ausgingen, Ge-
faͤße mit Feuer, um die Haͤnde zu waͤrmen. Sobald

Thunbergs Reiſe. Erſter Theil. D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0077" n="49"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Aufenthalt in <placeName>Paris</placeName>.</hi></fw><lb/>
vermißt, &#x017F;ie da, ehe &#x017F;ie begraben werden, be&#x017F;ehen<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Auf der Straße wird Ob&#x017F;t und manche andre Waa-<lb/>
re ausgerufen, &#x017F;elb&#x017F;t das Wa&#x017F;&#x017F;er, welches Kerle aus<lb/>
der <placeName>Seine</placeName> holen, und zum Hausbehufe verkaufen.<lb/>
Sogar Auctionen werden nicht &#x017F;elten auf der Straße ge-<lb/>
halten; der Auctionator gebraucht alsdann keinen Ham-<lb/>
mer oder Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el, um zuzu&#x017F;chlagen, &#x017F;ondern ruft nur<lb/>
zum er&#x017F;ten, zum andern, und zum dritten, la&#x0364;ßt &#x017F;ich &#x017F;o-<lb/>
dann augenblicklich das Geld auszahlen, und geht weiter.<lb/>
Ueberhaupt findet man auf den Straßen alles, Altes<lb/>
und Neues, zu Kauf.</p><lb/>
          <p>Eben &#x017F;o trifft man auf allen Ma&#x0364;rkten und andern<lb/>
o&#x0364;ffentlichen Pla&#x0364;tzen, auch beynahe in allen Ga&#x017F;&#x017F;en, Schuh-<lb/>
putzer an, die den Fußga&#x0364;ngern ihre Dien&#x017F;te anbiethen.<lb/>
Die&#x017F;er Dien&#x017F;te bedarf man auch, weil es hier des vielen<lb/>
Fahrens wegen und da die Ga&#x017F;&#x017F;enrinnen mitten in der<lb/>
Straße &#x017F;ind, fa&#x017F;t das ganze Jahr hindurch unrein i&#x017F;t.<lb/>
In meinem Vaterlande wu&#x0364;rden die&#x017F;e Leute u&#x0364;bel daran<lb/>
&#x017F;eyn; denn &#x017F;ie wu&#x0364;rden Dreyviertheil des Jahres ohne<lb/>
Verdien&#x017F;t bleiben. Wenn es regnet, kann man vor Re-<lb/>
gen&#x017F;chirmen kaum durchkommen; die&#x017F;e &#x017F;ind hier aber auch<lb/>
unentbehrlich, weil jedermann, wie in <placeName>Japan</placeName>, be&#x017F;ta&#x0364;ndig<lb/>
mit bloßem Kopfe geht. &#x2014; Wer des Nachts &#x017F;pa&#x0364;t in<lb/>
der Stadt zu gehen hat, findet Leute mit Leuchten auf<lb/>
der Straße, die fu&#x0364;r ein geringes Trinkgeld ihn zu Hau&#x017F;e<lb/>
leuchten.</p><lb/>
          <p>Schon im December ging man mit Muffen. Die-<lb/>
&#x017F;e tra&#x0364;gt man hier &#x017F;ehr klein, und entweder von &#x017F;eidnem<lb/>
Zeuge oder von Federn, und mit einem Bande, um &#x017F;ie<lb/>
zuzuziehen. Als die Ka&#x0364;lte um die Mitte des Januars<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rker wurde, trugen manche, wenn &#x017F;ie ausgingen, Ge-<lb/>
fa&#x0364;ße mit Feuer, um die Ha&#x0364;nde zu wa&#x0364;rmen. Sobald<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g"><persName>Thunbergs</persName></hi> Rei&#x017F;e. Er&#x017F;ter Theil. D</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0077] Aufenthalt in Paris. vermißt, ſie da, ehe ſie begraben werden, beſehen koͤnnen. Auf der Straße wird Obſt und manche andre Waa- re ausgerufen, ſelbſt das Waſſer, welches Kerle aus der Seine holen, und zum Hausbehufe verkaufen. Sogar Auctionen werden nicht ſelten auf der Straße ge- halten; der Auctionator gebraucht alsdann keinen Ham- mer oder Schluͤſſel, um zuzuſchlagen, ſondern ruft nur zum erſten, zum andern, und zum dritten, laͤßt ſich ſo- dann augenblicklich das Geld auszahlen, und geht weiter. Ueberhaupt findet man auf den Straßen alles, Altes und Neues, zu Kauf. Eben ſo trifft man auf allen Maͤrkten und andern oͤffentlichen Plaͤtzen, auch beynahe in allen Gaſſen, Schuh- putzer an, die den Fußgaͤngern ihre Dienſte anbiethen. Dieſer Dienſte bedarf man auch, weil es hier des vielen Fahrens wegen und da die Gaſſenrinnen mitten in der Straße ſind, faſt das ganze Jahr hindurch unrein iſt. In meinem Vaterlande wuͤrden dieſe Leute uͤbel daran ſeyn; denn ſie wuͤrden Dreyviertheil des Jahres ohne Verdienſt bleiben. Wenn es regnet, kann man vor Re- genſchirmen kaum durchkommen; dieſe ſind hier aber auch unentbehrlich, weil jedermann, wie in Japan, beſtaͤndig mit bloßem Kopfe geht. — Wer des Nachts ſpaͤt in der Stadt zu gehen hat, findet Leute mit Leuchten auf der Straße, die fuͤr ein geringes Trinkgeld ihn zu Hauſe leuchten. Schon im December ging man mit Muffen. Die- ſe traͤgt man hier ſehr klein, und entweder von ſeidnem Zeuge oder von Federn, und mit einem Bande, um ſie zuzuziehen. Als die Kaͤlte um die Mitte des Januars ſtaͤrker wurde, trugen manche, wenn ſie ausgingen, Ge- faͤße mit Feuer, um die Haͤnde zu waͤrmen. Sobald Thunbergs Reiſe. Erſter Theil. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/77
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/77>, abgerufen am 25.11.2024.