nicht tief oder angestrengt zu denken. Ihre Gespräche und Unterhaltungen zeigen daher auch wenig Nachdenken. Ueberhaupt sind sie träge, schläfrig, langsam, und lie- ben Wohllust und Müßiggang. Die Hitze des Himmels- strichs, unter welchem sie wohnen, wirkt dies bey ihnen. In der That kann man, ohne den meisten schwarzbrau- nen Eingebohrnen von Indien Unrecht zu thun, wohl sagen, daß zwischen ihnen und den Europäern größrer Unterschied, als zwischen den Affen und ihnen ist.
Die Javaner werden von den Holländern als freye Leute angesehen, und keiner von ihnen darf zum Sklaven gemacht werden. Man hat mir aber doch erzählt, daß es sich bisweilen zuträgt, daß sie selbst einander verpfän- den; ein Umstand, über den ich inzwischen keine befriedi- gende Nachricht erhalten konnte.
Die Javaner sitzen allezeit auf einer Matte von Stroh, die auf dem Boden oder der Erde ausgebreitet ist; die Füße legen sie dabey kreutzweise über einander. Auf dem Wege, auf der Straße oder sonst auf bloßer Erde sitzen sie auf den Fersen. Ihre Grüße und Com- plimente bestehen, wie bey den meisten andern Indischen Völkern darin, daß sie die Hände zusammenlegen und gegen die Stirn aufheben. Das Essen bringen sie mit den bloßen Fingern zum Munde, ohne Messer und Ga- bel zu brauchen.
Die brennende Hitze der Luft und das viele Schwi- tzen macht in diesen Ländern das Baden im Wasser sehr nothwendig. Selten geht daher ein Tag vorbey, daß man nicht die Indier im Wasser plätschern sieht. Hiezu suchen sie solche Stellen aus, wo sie vor Krokodilen sicher sind, entweder in Flüssen oder kleinen Buchten der See. Hiedurch wird nicht nur der Körper gereinigt, sondern auch die Schweißlöcher geöffnet. Ueberdem
Sechste Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
nicht tief oder angeſtrengt zu denken. Ihre Geſpraͤche und Unterhaltungen zeigen daher auch wenig Nachdenken. Ueberhaupt ſind ſie traͤge, ſchlaͤfrig, langſam, und lie- ben Wohlluſt und Muͤßiggang. Die Hitze des Himmels- ſtrichs, unter welchem ſie wohnen, wirkt dies bey ihnen. In der That kann man, ohne den meiſten ſchwarzbrau- nen Eingebohrnen von Indien Unrecht zu thun, wohl ſagen, daß zwiſchen ihnen und den Europaͤern groͤßrer Unterſchied, als zwiſchen den Affen und ihnen iſt.
Die Javaner werden von den Hollaͤndern als freye Leute angeſehen, und keiner von ihnen darf zum Sklaven gemacht werden. Man hat mir aber doch erzaͤhlt, daß es ſich bisweilen zutraͤgt, daß ſie ſelbſt einander verpfaͤn- den; ein Umſtand, uͤber den ich inzwiſchen keine befriedi- gende Nachricht erhalten konnte.
Die Javaner ſitzen allezeit auf einer Matte von Stroh, die auf dem Boden oder der Erde ausgebreitet iſt; die Fuͤße legen ſie dabey kreutzweiſe uͤber einander. Auf dem Wege, auf der Straße oder ſonſt auf bloßer Erde ſitzen ſie auf den Ferſen. Ihre Gruͤße und Com- plimente beſtehen, wie bey den meiſten andern Indiſchen Voͤlkern darin, daß ſie die Haͤnde zuſammenlegen und gegen die Stirn aufheben. Das Eſſen bringen ſie mit den bloßen Fingern zum Munde, ohne Meſſer und Ga- bel zu brauchen.
Die brennende Hitze der Luft und das viele Schwi- tzen macht in dieſen Laͤndern das Baden im Waſſer ſehr nothwendig. Selten geht daher ein Tag vorbey, daß man nicht die Indier im Waſſer plaͤtſchern ſieht. Hiezu ſuchen ſie ſolche Stellen aus, wo ſie vor Krokodilen ſicher ſind, entweder in Fluͤſſen oder kleinen Buchten der See. Hiedurch wird nicht nur der Koͤrper gereinigt, ſondern auch die Schweißloͤcher geoͤffnet. Ueberdem
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Sechste Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
nicht tief oder angeſtrengt zu denken. Ihre Geſpraͤche
und Unterhaltungen zeigen daher auch wenig Nachdenken.
Ueberhaupt ſind ſie traͤge, ſchlaͤfrig, langſam, und lie-
ben Wohlluſt und Muͤßiggang. Die Hitze des Himmels-
ſtrichs, unter welchem ſie wohnen, wirkt dies bey ihnen.
In der That kann man, ohne den meiſten ſchwarzbrau-
nen Eingebohrnen von Indien Unrecht zu thun, wohl
ſagen, daß zwiſchen ihnen und den Europaͤern groͤßrer
Unterſchied, als zwiſchen den Affen und ihnen iſt.
Die Javaner werden von den Hollaͤndern als freye
Leute angeſehen, und keiner von ihnen darf zum Sklaven
gemacht werden. Man hat mir aber doch erzaͤhlt, daß
es ſich bisweilen zutraͤgt, daß ſie ſelbſt einander verpfaͤn-
den; ein Umſtand, uͤber den ich inzwiſchen keine befriedi-
gende Nachricht erhalten konnte.
Die Javaner ſitzen allezeit auf einer Matte von
Stroh, die auf dem Boden oder der Erde ausgebreitet
iſt; die Fuͤße legen ſie dabey kreutzweiſe uͤber einander.
Auf dem Wege, auf der Straße oder ſonſt auf bloßer
Erde ſitzen ſie auf den Ferſen. Ihre Gruͤße und Com-
plimente beſtehen, wie bey den meiſten andern Indiſchen
Voͤlkern darin, daß ſie die Haͤnde zuſammenlegen und
gegen die Stirn aufheben. Das Eſſen bringen ſie mit
den bloßen Fingern zum Munde, ohne Meſſer und Ga-
bel zu brauchen.
Die brennende Hitze der Luft und das viele Schwi-
tzen macht in dieſen Laͤndern das Baden im Waſſer ſehr
nothwendig. Selten geht daher ein Tag vorbey, daß
man nicht die Indier im Waſſer plaͤtſchern ſieht. Hiezu
ſuchen ſie ſolche Stellen aus, wo ſie vor Krokodilen
ſicher ſind, entweder in Fluͤſſen oder kleinen Buchten der
See. Hiedurch wird nicht nur der Koͤrper gereinigt,
ſondern auch die Schweißloͤcher geoͤffnet. Ueberdem
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/576>, abgerufen am 22.11.2024.
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