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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Sechste Abtheilung. Zweyter Abschnitt.

Die Indier haben weder Weitzen- noch Rockenbrot.
Das wenige Brot, welches die Europäer in der Stadt
sehr sparsam, meistens zu Fleischspeisen, essen, wird von
demjenigen Weitzen gebacken, der vom Vorgebirge der
guten Hoffnung
hieher gebracht wird. Die Indier essen
statt des Brots allezeit Reiß, nicht nur allein, sondern
auch zu allen andern Gerichten. Zu diesem Gebrauche
wird der Reiß nur in Wasser gekocht, und wenn das
Wasser abgelaufen ist, auf große Pisangblätter geschüttet,
mit den drey ersten Fingern gefaßt und so in den Mund
gestopft.

An den Tischen der Vornehmen und Reichen isset
man sehr häufig Suppen von Indischen Vogelnestern. Die-
se Suppen sind ungemein nahrhaft und wohlschmeckend;
zu Cap hatte ich dergleichen auch schon gegessen. Auf an-
dre Art werden die Vogelnester gewöhnlich nicht zubereitet.
Sie bestehen aus gallertartigen Fäden, und werden zu
einem durchsichtigen Gelee in warmen Wasser aufgelöset.
In den Javaschen Gebirgen findet man sie sehr häufig.

Verschiedne Gartengewächse, Früchte, Wurzeln,
Blumenkohl und dergleichen nicht nur, sondern auch Fi-
sche, werden hier häufig mit Essig eingemacht. Solche
eingemachte Sachen haben hier den allgemeinen Nahmen
Attjes, und werden zum Braten, auch zu manchen an-
dern Gerichten gegessen, um den Appetit zu reitzen und
den Magen zu stärken. Den Essig schärft und verstärkt
man mit hinein gelegtem Spanischen Pfeffer, daher wer-
den dergleichen eingemachte Sachen ungemein hitzig und
brennend. Unter andern macht man auf diese Art Gur-
ken, Melonenschale, und die aromatischen Wurzeln
vom Bambobaume ein, welche letztere auch aus China
nach Europa gebracht werden.


Milch
Sechste Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.

Die Indier haben weder Weitzen- noch Rockenbrot.
Das wenige Brot, welches die Europaͤer in der Stadt
ſehr ſparſam, meiſtens zu Fleiſchſpeiſen, eſſen, wird von
demjenigen Weitzen gebacken, der vom Vorgebirge der
guten Hoffnung
hieher gebracht wird. Die Indier eſſen
ſtatt des Brots allezeit Reiß, nicht nur allein, ſondern
auch zu allen andern Gerichten. Zu dieſem Gebrauche
wird der Reiß nur in Waſſer gekocht, und wenn das
Waſſer abgelaufen iſt, auf große Piſangblaͤtter geſchuͤttet,
mit den drey erſten Fingern gefaßt und ſo in den Mund
geſtopft.

An den Tiſchen der Vornehmen und Reichen iſſet
man ſehr haͤufig Suppen von Indiſchen Vogelneſtern. Die-
ſe Suppen ſind ungemein nahrhaft und wohlſchmeckend;
zu Cap hatte ich dergleichen auch ſchon gegeſſen. Auf an-
dre Art werden die Vogelneſter gewoͤhnlich nicht zubereitet.
Sie beſtehen aus gallertartigen Faͤden, und werden zu
einem durchſichtigen Gelée in warmen Waſſer aufgeloͤſet.
In den Javaſchen Gebirgen findet man ſie ſehr haͤufig.

Verſchiedne Gartengewaͤchſe, Fruͤchte, Wurzeln,
Blumenkohl und dergleichen nicht nur, ſondern auch Fi-
ſche, werden hier haͤufig mit Eſſig eingemacht. Solche
eingemachte Sachen haben hier den allgemeinen Nahmen
Attjes, und werden zum Braten, auch zu manchen an-
dern Gerichten gegeſſen, um den Appetit zu reitzen und
den Magen zu ſtaͤrken. Den Eſſig ſchaͤrft und verſtaͤrkt
man mit hinein gelegtem Spaniſchen Pfeffer, daher wer-
den dergleichen eingemachte Sachen ungemein hitzig und
brennend. Unter andern macht man auf dieſe Art Gur-
ken, Melonenſchale, und die aromatiſchen Wurzeln
vom Bambobaume ein, welche letztere auch aus China
nach Europa gebracht werden.


Milch
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[208/0546] Sechste Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Die Indier haben weder Weitzen- noch Rockenbrot. Das wenige Brot, welches die Europaͤer in der Stadt ſehr ſparſam, meiſtens zu Fleiſchſpeiſen, eſſen, wird von demjenigen Weitzen gebacken, der vom Vorgebirge der guten Hoffnung hieher gebracht wird. Die Indier eſſen ſtatt des Brots allezeit Reiß, nicht nur allein, ſondern auch zu allen andern Gerichten. Zu dieſem Gebrauche wird der Reiß nur in Waſſer gekocht, und wenn das Waſſer abgelaufen iſt, auf große Piſangblaͤtter geſchuͤttet, mit den drey erſten Fingern gefaßt und ſo in den Mund geſtopft. An den Tiſchen der Vornehmen und Reichen iſſet man ſehr haͤufig Suppen von Indiſchen Vogelneſtern. Die- ſe Suppen ſind ungemein nahrhaft und wohlſchmeckend; zu Cap hatte ich dergleichen auch ſchon gegeſſen. Auf an- dre Art werden die Vogelneſter gewoͤhnlich nicht zubereitet. Sie beſtehen aus gallertartigen Faͤden, und werden zu einem durchſichtigen Gelée in warmen Waſſer aufgeloͤſet. In den Javaſchen Gebirgen findet man ſie ſehr haͤufig. Verſchiedne Gartengewaͤchſe, Fruͤchte, Wurzeln, Blumenkohl und dergleichen nicht nur, ſondern auch Fi- ſche, werden hier haͤufig mit Eſſig eingemacht. Solche eingemachte Sachen haben hier den allgemeinen Nahmen Attjes, und werden zum Braten, auch zu manchen an- dern Gerichten gegeſſen, um den Appetit zu reitzen und den Magen zu ſtaͤrken. Den Eſſig ſchaͤrft und verſtaͤrkt man mit hinein gelegtem Spaniſchen Pfeffer, daher wer- den dergleichen eingemachte Sachen ungemein hitzig und brennend. Unter andern macht man auf dieſe Art Gur- ken, Melonenſchale, und die aromatiſchen Wurzeln vom Bambobaume ein, welche letztere auch aus China nach Europa gebracht werden. Milch

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/546>, abgerufen am 22.11.2024.