Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.nach der dritten Afrikanischen Reise. zur Hochzeitfeyer angesetzt. Am Hochzeittage werden sowohl der Bräutigam als die Braut von dem Manne, den man den Priester oder Ceremonien-Verrichter des Dorfs nennen könnte, mit dem natürlichen Wasser desselben besprengt, oder eigentlich zu reden, bepißt. Darauf schlachtet man, je nachdem man vermag, einen Ochsen oder ein Schaf, und bewirthet damit die Hochzeitgäste. Diese sitzen nach ihrer Art, weil sie weder Stühle noch etwas anders zum Sitzen haben, allezeit, und zwar auf die ihnen eigne Art, auf der Erde. Was bey ihren Hochzeiten gerühmt zu werden verdient, ist, daß sie, so erpicht sie sonst auf berauschende Sachen sind, bey dieser Gelegenheit doch niemahls viel trinken. Eben so wenig machen sie dabey Gebrauch von Musik und Tanz. -- Bisweilen nimmt ein Mann zwey Frauen, oft trägt es sich auch zu, daß eine Frau zwey Männer nimmt, obgleich die Hurerey sonst in gewissen Fällen mit dem Tode bestraft wird. Eine Wittwe, die sich zum andern mahl verheirathet, muß sich ein Glied von einem Finger abschneiden lassen; eben das muß sie noch einmahl thun, wenn es zum dritten mahl geschieht: jedes neue Braut- bette macht also eine neue Verstümmlung ihrer Finger nothwendig. Ehe ein junger Mensch heirathen darf, muß er zum Manne gemacht werden. Dies geschieht vor dem achtzehnten Jahre. Der, welchen man als Priester oder Ceremonien-Verrichter ansehen kann, be- sprengt ihn mit seinem natürlichen Wasser, und sondert ihn von der Mutter und den übrigen Frauenspersonen ab, von denen er, von dieser Zeit an, auch stets abge- sondert bleibt. Den neugebohrnen Kindern geben die Hottentotten nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe. zur Hochzeitfeyer angeſetzt. Am Hochzeittage werden ſowohl der Braͤutigam als die Braut von dem Manne, den man den Prieſter oder Ceremonien-Verrichter des Dorfs nennen koͤnnte, mit dem natuͤrlichen Waſſer deſſelben beſprengt, oder eigentlich zu reden, bepißt. Darauf ſchlachtet man, je nachdem man vermag, einen Ochſen oder ein Schaf, und bewirthet damit die Hochzeitgaͤſte. Dieſe ſitzen nach ihrer Art, weil ſie weder Stuͤhle noch etwas anders zum Sitzen haben, allezeit, und zwar auf die ihnen eigne Art, auf der Erde. Was bey ihren Hochzeiten geruͤhmt zu werden verdient, iſt, daß ſie, ſo erpicht ſie ſonſt auf berauſchende Sachen ſind, bey dieſer Gelegenheit doch niemahls viel trinken. Eben ſo wenig machen ſie dabey Gebrauch von Muſik und Tanz. — Bisweilen nimmt ein Mann zwey Frauen, oft traͤgt es ſich auch zu, daß eine Frau zwey Maͤnner nimmt, obgleich die Hurerey ſonſt in gewiſſen Faͤllen mit dem Tode beſtraft wird. Eine Wittwe, die ſich zum andern mahl verheirathet, muß ſich ein Glied von einem Finger abſchneiden laſſen; eben das muß ſie noch einmahl thun, wenn es zum dritten mahl geſchieht: jedes neue Braut- bette macht alſo eine neue Verſtuͤmmlung ihrer Finger nothwendig. Ehe ein junger Menſch heirathen darf, muß er zum Manne gemacht werden. Dies geſchieht vor dem achtzehnten Jahre. Der, welchen man als Prieſter oder Ceremonien-Verrichter anſehen kann, be- ſprengt ihn mit ſeinem natuͤrlichen Waſſer, und ſondert ihn von der Mutter und den uͤbrigen Frauensperſonen ab, von denen er, von dieſer Zeit an, auch ſtets abge- ſondert bleibt. Den neugebohrnen Kindern geben die Hottentotten <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0509" n="171"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe.</hi></fw><lb/> zur Hochzeitfeyer angeſetzt. 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nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe.
zur Hochzeitfeyer angeſetzt. Am Hochzeittage werden ſo
wohl der Braͤutigam als die Braut von dem Manne, den
man den Prieſter oder Ceremonien-Verrichter des Dorfs
nennen koͤnnte, mit dem natuͤrlichen Waſſer deſſelben
beſprengt, oder eigentlich zu reden, bepißt. Darauf
ſchlachtet man, je nachdem man vermag, einen Ochſen
oder ein Schaf, und bewirthet damit die Hochzeitgaͤſte.
Dieſe ſitzen nach ihrer Art, weil ſie weder Stuͤhle
noch etwas anders zum Sitzen haben, allezeit, und
zwar auf die ihnen eigne Art, auf der Erde. Was bey
ihren Hochzeiten geruͤhmt zu werden verdient, iſt, daß
ſie, ſo erpicht ſie ſonſt auf berauſchende Sachen ſind,
bey dieſer Gelegenheit doch niemahls viel trinken. Eben
ſo wenig machen ſie dabey Gebrauch von Muſik und
Tanz. — Bisweilen nimmt ein Mann zwey Frauen, oft
traͤgt es ſich auch zu, daß eine Frau zwey Maͤnner nimmt,
obgleich die Hurerey ſonſt in gewiſſen Faͤllen mit dem
Tode beſtraft wird. Eine Wittwe, die ſich zum andern
mahl verheirathet, muß ſich ein Glied von einem Finger
abſchneiden laſſen; eben das muß ſie noch einmahl thun,
wenn es zum dritten mahl geſchieht: jedes neue Braut-
bette macht alſo eine neue Verſtuͤmmlung ihrer Finger
nothwendig. Ehe ein junger Menſch heirathen darf,
muß er zum Manne gemacht werden. Dies geſchieht
vor dem achtzehnten Jahre. Der, welchen man als
Prieſter oder Ceremonien-Verrichter anſehen kann, be-
ſprengt ihn mit ſeinem natuͤrlichen Waſſer, und ſondert
ihn von der Mutter und den uͤbrigen Frauensperſonen
ab, von denen er, von dieſer Zeit an, auch ſtets abge-
ſondert bleibt.
Den neugebohrnen Kindern geben die Hottentotten
Nahmen; dieſe Nahmen nehmen ſie meiſtentheils von einem
Thiere, bald einem zahmen, bald einem wilden, her.
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