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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Reise durchs Bockland und ins Rockenland
der Weg allenthalben steinig, ja man kann wohl sagen,
mit runden und eckigen Steinen ganz angefüllt.

Hier hatte ich wieder Gelegenheit, einige die Hot-
tentotten betreffende Bemerkungen zu machen. Sie ha-
ben in dieser Gegend die Gewohnheit, ihre Todten in
Bergklüften zu begraben. Die in starke Ohnmacht fal-
len, haben das harte Schicksal, sogleich begraben zu wer-
den. -- Darüber, daß die bey den Bauern dienenden
und beynahe nackt gehenden, Hottentotten die Kälte so
gut vertragen können, verwunderte ich mich sehr. Sie
haben nur über den Rücken ein Schaffell, dessen rauhe
Seite sie des Winters inwendig, und des Sommers aus-
wendig kehren. Beine und Füße sind gemeiniglich bloß.
Bisweilen frieren aber doch einige todt. -- Ein Hot-
tentottisches Mädchen sah ich hier, deren linker Arm beym
Elnbogen schon aufhörte. Sie war so gebohren. Bey
der Geburt hatte die Mutter das Kind ums Leben brin-
gen wollen; denn die Mütter pflegen es bey den Hotten-
totten so zu machen, wenn sie Krüppel gebähren. Ein
Kolonist aber war so mitleidig gewesen, es zu retten.

Die Koloquintengurke (Cucumis colocynthis)
nennt man hier wilde Gurke. Die Hottentotten essen
sie; bisweilen kommt sie, mit Essig eingemacht, so gar
auf den Tisch der Kolonisten, ob sie gleich ungemein bit-
ter und herbe schmeckt. Man sagt, daß auch die Schafe
sie gern fressen. -- Die gegliederte kriechende Stapelie
(Stapelia articulata repens), ein dickes Gewächs ohne
Blätter, wird ebenfalls, so wohl von den Hottentotten als
den Kolonisten eben so wie Gurken mit Essig eingemacht,
gegessen.

Karreholz nennt man hier den Sumach (Rhus),
eine Holzart, woraus die Hottentotten in diesen Gegen-
den ihre Bogen machen.


K 2

Reiſe durchs Bockland und ins Rockenland
der Weg allenthalben ſteinig, ja man kann wohl ſagen,
mit runden und eckigen Steinen ganz angefuͤllt.

Hier hatte ich wieder Gelegenheit, einige die Hot-
tentotten betreffende Bemerkungen zu machen. Sie ha-
ben in dieſer Gegend die Gewohnheit, ihre Todten in
Bergkluͤften zu begraben. Die in ſtarke Ohnmacht fal-
len, haben das harte Schickſal, ſogleich begraben zu wer-
den. — Daruͤber, daß die bey den Bauern dienenden
und beynahe nackt gehenden, Hottentotten die Kaͤlte ſo
gut vertragen koͤnnen, verwunderte ich mich ſehr. Sie
haben nur uͤber den Ruͤcken ein Schaffell, deſſen rauhe
Seite ſie des Winters inwendig, und des Sommers aus-
wendig kehren. Beine und Fuͤße ſind gemeiniglich bloß.
Bisweilen frieren aber doch einige todt. — Ein Hot-
tentottiſches Maͤdchen ſah ich hier, deren linker Arm beym
Elnbogen ſchon aufhoͤrte. Sie war ſo gebohren. Bey
der Geburt hatte die Mutter das Kind ums Leben brin-
gen wollen; denn die Muͤtter pflegen es bey den Hotten-
totten ſo zu machen, wenn ſie Kruͤppel gebaͤhren. Ein
Koloniſt aber war ſo mitleidig geweſen, es zu retten.

Die Koloquintengurke (Cucumis colocynthis)
nennt man hier wilde Gurke. Die Hottentotten eſſen
ſie; bisweilen kommt ſie, mit Eſſig eingemacht, ſo gar
auf den Tiſch der Koloniſten, ob ſie gleich ungemein bit-
ter und herbe ſchmeckt. Man ſagt, daß auch die Schafe
ſie gern freſſen. — Die gegliederte kriechende Stapelie
(Stapelia articulata repens), ein dickes Gewaͤchs ohne
Blaͤtter, wird ebenfalls, ſo wohl von den Hottentotten als
den Koloniſten eben ſo wie Gurken mit Eſſig eingemacht,
gegeſſen.

Karreholz nennt man hier den Sumach (Rhus),
eine Holzart, woraus die Hottentotten in dieſen Gegen-
den ihre Bogen machen.


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[147/0485] Reiſe durchs Bockland und ins Rockenland der Weg allenthalben ſteinig, ja man kann wohl ſagen, mit runden und eckigen Steinen ganz angefuͤllt. Hier hatte ich wieder Gelegenheit, einige die Hot- tentotten betreffende Bemerkungen zu machen. Sie ha- ben in dieſer Gegend die Gewohnheit, ihre Todten in Bergkluͤften zu begraben. Die in ſtarke Ohnmacht fal- len, haben das harte Schickſal, ſogleich begraben zu wer- den. — Daruͤber, daß die bey den Bauern dienenden und beynahe nackt gehenden, Hottentotten die Kaͤlte ſo gut vertragen koͤnnen, verwunderte ich mich ſehr. Sie haben nur uͤber den Ruͤcken ein Schaffell, deſſen rauhe Seite ſie des Winters inwendig, und des Sommers aus- wendig kehren. Beine und Fuͤße ſind gemeiniglich bloß. Bisweilen frieren aber doch einige todt. — Ein Hot- tentottiſches Maͤdchen ſah ich hier, deren linker Arm beym Elnbogen ſchon aufhoͤrte. Sie war ſo gebohren. Bey der Geburt hatte die Mutter das Kind ums Leben brin- gen wollen; denn die Muͤtter pflegen es bey den Hotten- totten ſo zu machen, wenn ſie Kruͤppel gebaͤhren. Ein Koloniſt aber war ſo mitleidig geweſen, es zu retten. Die Koloquintengurke (Cucumis colocynthis) nennt man hier wilde Gurke. Die Hottentotten eſſen ſie; bisweilen kommt ſie, mit Eſſig eingemacht, ſo gar auf den Tiſch der Koloniſten, ob ſie gleich ungemein bit- ter und herbe ſchmeckt. Man ſagt, daß auch die Schafe ſie gern freſſen. — Die gegliederte kriechende Stapelie (Stapelia articulata repens), ein dickes Gewaͤchs ohne Blaͤtter, wird ebenfalls, ſo wohl von den Hottentotten als den Koloniſten eben ſo wie Gurken mit Eſſig eingemacht, gegeſſen. Karreholz nennt man hier den Sumach (Rhus), eine Holzart, woraus die Hottentotten in dieſen Gegen- den ihre Bogen machen. K 2

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/485>, abgerufen am 22.11.2024.