henden Zugochsen zurückgelassen hatten, von denen jetzt aber nur noch wenige bey uns waren, in völliger Ruhe und Sorglosigkeit schlafen: ohne Zweifel hatten sie es gegen die starke Hitze nicht aushalten können.
Gegen Abend fuhren wir noch eine Strecke weiter, und kamen nach Kuka. Hier stand der Bach schon still, und enthielt nur salziges Wasser. Nichts desto weniger wählten wir diesen Ort zu unserm Nachtlager.
Nicht wenig unerwartet war es uns, hier einen ar- men Bauer aus der Kolonie anzutreffen, der sich mit Weib und Kindern ganz heimlich hieher begeben, und gelagert hatte, um seine kleine Herde Rindvieh hier bes- ser zu ernähren und zu vermehren. Noch mehr aber er- schraken diese armen Leute, als sie uns ansichtig wurden, weil sie befürchteten, wir hätten sie als solche, die sich außerhalb der festgesetzten Gränze aufhielten, bey der Re- gierung angegeben, oder wollten es thun. Der Bauer besaß weiter nichts, als eine kleine, von Buschwerk und Laub zusammengeflochtne Hütte, worin er mit seiner gan- zen Familie wohnte, und eine noch kleinere dabey stehen- de, die zur Küche diente. Wir besuchten sie in ihrer kleinen Wohnung, und wurden auf unsre Bitte mit et- was süßer Milch bewirthet. Aber wir hatten nicht lange gesessen, als die ganze Milchschale von einem unglaub- lichen Schwarme Fliegen, die sich ihrer bemächtigten, bedeckt und ganz schwarz wurde. Diese Fliegen fingen in der Hütte mit einemmahl so an zu schwärmen, daß wir nicht im Stande waren den Mund aufzuthun, um zu sprechen. In meinem ganzen Leben habe ich nicht in einem so kleinen Raume eine so entsetzliche Menge Flie- gen beysammen gesehen.
Wir eilten daher, daß wir wegkamen, begaben uns zu unserm Fuhrwerke, zündeten unsre Feuer an,
berei-
Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
henden Zugochſen zuruͤckgelaſſen hatten, von denen jetzt aber nur noch wenige bey uns waren, in voͤlliger Ruhe und Sorgloſigkeit ſchlafen: ohne Zweifel hatten ſie es gegen die ſtarke Hitze nicht aushalten koͤnnen.
Gegen Abend fuhren wir noch eine Strecke weiter, und kamen nach Kuka. Hier ſtand der Bach ſchon ſtill, und enthielt nur ſalziges Waſſer. Nichts deſto weniger waͤhlten wir dieſen Ort zu unſerm Nachtlager.
Nicht wenig unerwartet war es uns, hier einen ar- men Bauer aus der Kolonie anzutreffen, der ſich mit Weib und Kindern ganz heimlich hieher begeben, und gelagert hatte, um ſeine kleine Herde Rindvieh hier beſ- ſer zu ernaͤhren und zu vermehren. Noch mehr aber er- ſchraken dieſe armen Leute, als ſie uns anſichtig wurden, weil ſie befuͤrchteten, wir haͤtten ſie als ſolche, die ſich außerhalb der feſtgeſetzten Graͤnze aufhielten, bey der Re- gierung angegeben, oder wollten es thun. Der Bauer beſaß weiter nichts, als eine kleine, von Buſchwerk und Laub zuſammengeflochtne Huͤtte, worin er mit ſeiner gan- zen Familie wohnte, und eine noch kleinere dabey ſtehen- de, die zur Kuͤche diente. Wir beſuchten ſie in ihrer kleinen Wohnung, und wurden auf unſre Bitte mit et- was ſuͤßer Milch bewirthet. Aber wir hatten nicht lange geſeſſen, als die ganze Milchſchale von einem unglaub- lichen Schwarme Fliegen, die ſich ihrer bemaͤchtigten, bedeckt und ganz ſchwarz wurde. Dieſe Fliegen fingen in der Huͤtte mit einemmahl ſo an zu ſchwaͤrmen, daß wir nicht im Stande waren den Mund aufzuthun, um zu ſprechen. In meinem ganzen Leben habe ich nicht in einem ſo kleinen Raume eine ſo entſetzliche Menge Flie- gen beyſammen geſehen.
Wir eilten daher, daß wir wegkamen, begaben uns zu unſerm Fuhrwerke, zuͤndeten unſre Feuer an,
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Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
henden Zugochſen zuruͤckgelaſſen hatten, von denen jetzt
aber nur noch wenige bey uns waren, in voͤlliger Ruhe
und Sorgloſigkeit ſchlafen: ohne Zweifel hatten ſie es
gegen die ſtarke Hitze nicht aushalten koͤnnen.
Gegen Abend fuhren wir noch eine Strecke weiter,
und kamen nach Kuka. Hier ſtand der Bach ſchon ſtill,
und enthielt nur ſalziges Waſſer. Nichts deſto weniger
waͤhlten wir dieſen Ort zu unſerm Nachtlager.
Nicht wenig unerwartet war es uns, hier einen ar-
men Bauer aus der Kolonie anzutreffen, der ſich mit
Weib und Kindern ganz heimlich hieher begeben, und
gelagert hatte, um ſeine kleine Herde Rindvieh hier beſ-
ſer zu ernaͤhren und zu vermehren. Noch mehr aber er-
ſchraken dieſe armen Leute, als ſie uns anſichtig wurden,
weil ſie befuͤrchteten, wir haͤtten ſie als ſolche, die ſich
außerhalb der feſtgeſetzten Graͤnze aufhielten, bey der Re-
gierung angegeben, oder wollten es thun. Der Bauer
beſaß weiter nichts, als eine kleine, von Buſchwerk und
Laub zuſammengeflochtne Huͤtte, worin er mit ſeiner gan-
zen Familie wohnte, und eine noch kleinere dabey ſtehen-
de, die zur Kuͤche diente. Wir beſuchten ſie in ihrer
kleinen Wohnung, und wurden auf unſre Bitte mit et-
was ſuͤßer Milch bewirthet. Aber wir hatten nicht lange
geſeſſen, als die ganze Milchſchale von einem unglaub-
lichen Schwarme Fliegen, die ſich ihrer bemaͤchtigten,
bedeckt und ganz ſchwarz wurde. Dieſe Fliegen fingen
in der Huͤtte mit einemmahl ſo an zu ſchwaͤrmen, daß
wir nicht im Stande waren den Mund aufzuthun, um
zu ſprechen. In meinem ganzen Leben habe ich nicht in
einem ſo kleinen Raume eine ſo entſetzliche Menge Flie-
gen beyſammen geſehen.
Wir eilten daher, daß wir wegkamen, begaben
uns zu unſerm Fuhrwerke, zuͤndeten unſre Feuer an,
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/418>, abgerufen am 02.01.2025.
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