Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Zurüstungen zur zweyt. Afrikanischen Reise.
Holland bekommen. Zu Amsterdam hatte ich zwar an
den Bürgermeistern Ryk Temmink und van der Poll,
und an den Rathsherren van der Deutz und ten Hoven,
auf deren Zureden und Kosten ich überhaupt mei-
ne weite Reise unternommen hatte, vornehme und
mächtige Gönner. Mein Unstern hatte es aber so
gefügt, daß beyde Gouverneure, Tulbagh und Rhee-
de van Ouds-Horn
, denen ich aufs stärkste und drin-
gendste empfohlen war, und von denen ich alle mög-
liche Unterstützung und Beyhülfe zu erwarten hatte,
mit Tode abgegangen waren, der eine vor meiner
Ankunft zu Cap, und der andre auf seinem Wege
dahin. Ich war daher als ein Fremder an einem
unbekannten Orte mir selbst und meinem Schicksale
überlassen gewesen, bis meine Amsterdamschen Gön-
ner Nachricht von meinem Zustande bekommen, und
denselben allmählig zu verbessern gesucht hatten. Ein
Unglück ist selten allein: so ging mir es jetzt auch.
Denn als ich die Besoldung, welche ich von der
Holländischen Compagnie unterweges auf der See-
reise verdient hatte, mir auszahlen lassen wollte, fand
es sich, daß das Schiff, auf welchem ich gereiset war,
seine Musterrolle nicht bey sich hatte. Diese mußte
erst aus Europa nachkommen, ehe irgend jemand seinen
Sold erhalten konnte. Als nämlich das Schiff aus dem
Texel ausgelaufen war, hatten die Besucher oder Vi-
sitatoren in der Eile vergessen, die Musterrolle abzuge-
ben, und der Capitain, sie ihnen abzufordern. Die-
ser Umstand war die Ursache, daß keiner von allen,
die auf dem Schiffe engagirt gewesen waren, in
einer Zeit von zwey bis drey Jahren sein Geld be-
kommen, oder auch zurückreisen konnte. Die ge-

Thunbergs Reise. Erster Theil. T

Zuruͤſtungen zur zweyt. Afrikaniſchen Reiſe.
Holland bekommen. Zu Amſterdam hatte ich zwar an
den Buͤrgermeiſtern Ryk Temmink und van der Poll,
und an den Rathsherren van der Deutz und ten Hoven,
auf deren Zureden und Koſten ich uͤberhaupt mei-
ne weite Reiſe unternommen hatte, vornehme und
maͤchtige Goͤnner. Mein Unſtern hatte es aber ſo
gefuͤgt, daß beyde Gouverneure, Tulbagh und Rhee-
de van Ouds-Horn
, denen ich aufs ſtaͤrkſte und drin-
gendſte empfohlen war, und von denen ich alle moͤg-
liche Unterſtuͤtzung und Beyhuͤlfe zu erwarten hatte,
mit Tode abgegangen waren, der eine vor meiner
Ankunft zu Cap, und der andre auf ſeinem Wege
dahin. Ich war daher als ein Fremder an einem
unbekannten Orte mir ſelbſt und meinem Schickſale
uͤberlaſſen geweſen, bis meine Amſterdamſchen Goͤn-
ner Nachricht von meinem Zuſtande bekommen, und
denſelben allmaͤhlig zu verbeſſern geſucht hatten. Ein
Ungluͤck iſt ſelten allein: ſo ging mir es jetzt auch.
Denn als ich die Beſoldung, welche ich von der
Hollaͤndiſchen Compagnie unterweges auf der See-
reiſe verdient hatte, mir auszahlen laſſen wollte, fand
es ſich, daß das Schiff, auf welchem ich gereiſet war,
ſeine Muſterrolle nicht bey ſich hatte. Dieſe mußte
erſt aus Europa nachkommen, ehe irgend jemand ſeinen
Sold erhalten konnte. Als naͤmlich das Schiff aus dem
Texel ausgelaufen war, hatten die Beſucher oder Vi-
ſitatoren in der Eile vergeſſen, die Muſterrolle abzuge-
ben, und der Capitain, ſie ihnen abzufordern. Die-
ſer Umſtand war die Urſache, daß keiner von allen,
die auf dem Schiffe engagirt geweſen waren, in
einer Zeit von zwey bis drey Jahren ſein Geld be-
kommen, oder auch zuruͤckreiſen konnte. Die ge-

Thunbergs Reiſe. Erſter Theil. T
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0317" n="289"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zuru&#x0364;&#x017F;tungen zur zweyt. Afrikani&#x017F;chen Rei&#x017F;e.</hi></fw><lb/><placeName>Holland</placeName> bekommen. Zu <placeName>Am&#x017F;terdam</placeName> hatte ich zwar an<lb/>
den Bu&#x0364;rgermei&#x017F;tern <persName>Ryk Temmink</persName> und <persName>van der Poll</persName>,<lb/>
und an den Rathsherren <persName>van der Deutz</persName> und <persName>ten Hoven</persName>,<lb/>
auf deren Zureden und Ko&#x017F;ten ich u&#x0364;berhaupt mei-<lb/>
ne weite Rei&#x017F;e unternommen hatte, vornehme und<lb/>
ma&#x0364;chtige Go&#x0364;nner. Mein Un&#x017F;tern hatte es aber &#x017F;o<lb/>
gefu&#x0364;gt, daß beyde Gouverneure, <persName>Tulbagh</persName> und <persName>Rhee-<lb/>
de van Ouds-Horn</persName>, denen ich aufs &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;te und drin-<lb/>
gend&#x017F;te empfohlen war, und von denen ich alle mo&#x0364;g-<lb/>
liche Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung und Beyhu&#x0364;lfe zu erwarten hatte,<lb/>
mit Tode abgegangen waren, der eine vor meiner<lb/>
Ankunft zu <placeName>Cap</placeName>, und der andre auf &#x017F;einem Wege<lb/>
dahin. Ich war daher als ein Fremder an einem<lb/>
unbekannten Orte mir &#x017F;elb&#x017F;t und meinem Schick&#x017F;ale<lb/>
u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en gewe&#x017F;en, bis meine Am&#x017F;terdam&#x017F;chen Go&#x0364;n-<lb/>
ner Nachricht von meinem Zu&#x017F;tande bekommen, und<lb/>
den&#x017F;elben allma&#x0364;hlig zu verbe&#x017F;&#x017F;ern ge&#x017F;ucht hatten. Ein<lb/>
Unglu&#x0364;ck i&#x017F;t &#x017F;elten allein: &#x017F;o ging mir es jetzt auch.<lb/>
Denn als ich die Be&#x017F;oldung, welche ich von der<lb/>
Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Compagnie unterweges auf der See-<lb/>
rei&#x017F;e verdient hatte, mir auszahlen la&#x017F;&#x017F;en wollte, fand<lb/>
es &#x017F;ich, daß das Schiff, auf welchem ich gerei&#x017F;et war,<lb/>
&#x017F;eine Mu&#x017F;terrolle nicht bey &#x017F;ich hatte. Die&#x017F;e mußte<lb/>
er&#x017F;t aus <placeName>Europa</placeName> nachkommen, ehe irgend jemand &#x017F;einen<lb/>
Sold erhalten konnte. Als na&#x0364;mlich das Schiff aus dem<lb/><placeName>Texel</placeName> ausgelaufen war, hatten die Be&#x017F;ucher oder Vi-<lb/>
&#x017F;itatoren in der Eile verge&#x017F;&#x017F;en, die Mu&#x017F;terrolle abzuge-<lb/>
ben, und der Capitain, &#x017F;ie ihnen abzufordern. Die-<lb/>
&#x017F;er Um&#x017F;tand war die Ur&#x017F;ache, daß keiner von allen,<lb/>
die auf dem Schiffe engagirt gewe&#x017F;en waren, in<lb/>
einer Zeit von zwey bis drey Jahren &#x017F;ein Geld be-<lb/>
kommen, oder auch zuru&#x0364;ckrei&#x017F;en konnte. Die ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g"><persName>Thunbergs</persName></hi> Rei&#x017F;e. Er&#x017F;ter Theil. T</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0317] Zuruͤſtungen zur zweyt. Afrikaniſchen Reiſe. Holland bekommen. Zu Amſterdam hatte ich zwar an den Buͤrgermeiſtern Ryk Temmink und van der Poll, und an den Rathsherren van der Deutz und ten Hoven, auf deren Zureden und Koſten ich uͤberhaupt mei- ne weite Reiſe unternommen hatte, vornehme und maͤchtige Goͤnner. Mein Unſtern hatte es aber ſo gefuͤgt, daß beyde Gouverneure, Tulbagh und Rhee- de van Ouds-Horn, denen ich aufs ſtaͤrkſte und drin- gendſte empfohlen war, und von denen ich alle moͤg- liche Unterſtuͤtzung und Beyhuͤlfe zu erwarten hatte, mit Tode abgegangen waren, der eine vor meiner Ankunft zu Cap, und der andre auf ſeinem Wege dahin. Ich war daher als ein Fremder an einem unbekannten Orte mir ſelbſt und meinem Schickſale uͤberlaſſen geweſen, bis meine Amſterdamſchen Goͤn- ner Nachricht von meinem Zuſtande bekommen, und denſelben allmaͤhlig zu verbeſſern geſucht hatten. Ein Ungluͤck iſt ſelten allein: ſo ging mir es jetzt auch. Denn als ich die Beſoldung, welche ich von der Hollaͤndiſchen Compagnie unterweges auf der See- reiſe verdient hatte, mir auszahlen laſſen wollte, fand es ſich, daß das Schiff, auf welchem ich gereiſet war, ſeine Muſterrolle nicht bey ſich hatte. Dieſe mußte erſt aus Europa nachkommen, ehe irgend jemand ſeinen Sold erhalten konnte. Als naͤmlich das Schiff aus dem Texel ausgelaufen war, hatten die Beſucher oder Vi- ſitatoren in der Eile vergeſſen, die Muſterrolle abzuge- ben, und der Capitain, ſie ihnen abzufordern. Die- ſer Umſtand war die Urſache, daß keiner von allen, die auf dem Schiffe engagirt geweſen waren, in einer Zeit von zwey bis drey Jahren ſein Geld be- kommen, oder auch zuruͤckreiſen konnte. Die ge- Thunbergs Reiſe. Erſter Theil. T

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/317
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/317>, abgerufen am 26.11.2024.