übrige, zu sagen, trägt aber doch gern ein Kalbfell oder eine Tigerhaut, wenn die andern sich mit Schaf- fellen begnügen.
Alle Hottentotten, so viele ich deren kennen gelernt habe, kommen, auch wenn sie zu noch so verschiednen Stämmen gehören, darin überein, daß sie, wenige aus- genommen, klein von Statur, mager und schmächtig sind, hervorstehende Backenknochen, eine platte Nase, einen stark hervorragenden Mund, ein spitziges Kinn, einen schwanken Rücken und einen großen Bauch haben. Die Farbe der Haut ist von Natur gelblich; durch Fett und Schmutz aber ist sie, bey einigen mehr, bey andern weniger, dunkel geworden. Das Haar giebt einen son- derbaren Anblick, und ist kraus wie Wolle; bey den meisten ist es nicht länger, als die Zöpfe oder Flocken auf rauhem wollnem Zeuge, höchstens einen Zoll oder einen Finger lang, und es sieht wie zusammengedrehetes wollnes Garn aus. Von einem Barte trifft man sel- ten eine Spur an; hat ein Hottentotte einen Bart, so ist er allezeit kraus. Die Weibspersonen haben durch- gängig herabhangende und sehr lange Brüste. Alle Hot- tentotten, ohne Ausnahme, lieben Branntwein und Tobak bis zur Raserey, und an Gestank und Unrein- lichkeit scheinen sie ein besondres Vergnügen zu finden. Sie schmieren sich mit Fett, und pudern oder bestreuen sich mit dem schon beyläufig angeführten Bucku, oder Pulver von den Blättern der Diosma. Ein über die Schultern, und ein anderes über die Lenden hangendes Schaffell, nebst einem Beutel bey den Mannspersonen, und einem viereckigen Stücke Leder bey den Weibsleuten, beydes, um die Schamtheile zu bedecken, macht ihren ganzen Anzug aus. Uebrigens tragen sie auf dem Kopfe
Vierte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
uͤbrige, zu ſagen, traͤgt aber doch gern ein Kalbfell oder eine Tigerhaut, wenn die andern ſich mit Schaf- fellen begnuͤgen.
Alle Hottentotten, ſo viele ich deren kennen gelernt habe, kommen, auch wenn ſie zu noch ſo verſchiednen Staͤmmen gehoͤren, darin uͤberein, daß ſie, wenige aus- genommen, klein von Statur, mager und ſchmaͤchtig ſind, hervorſtehende Backenknochen, eine platte Naſe, einen ſtark hervorragenden Mund, ein ſpitziges Kinn, einen ſchwanken Ruͤcken und einen großen Bauch haben. Die Farbe der Haut iſt von Natur gelblich; durch Fett und Schmutz aber iſt ſie, bey einigen mehr, bey andern weniger, dunkel geworden. Das Haar giebt einen ſon- derbaren Anblick, und iſt kraus wie Wolle; bey den meiſten iſt es nicht laͤnger, als die Zoͤpfe oder Flocken auf rauhem wollnem Zeuge, hoͤchſtens einen Zoll oder einen Finger lang, und es ſieht wie zuſammengedrehetes wollnes Garn aus. Von einem Barte trifft man ſel- ten eine Spur an; hat ein Hottentotte einen Bart, ſo iſt er allezeit kraus. Die Weibsperſonen haben durch- gaͤngig herabhangende und ſehr lange Bruͤſte. Alle Hot- tentotten, ohne Ausnahme, lieben Branntwein und Tobak bis zur Raſerey, und an Geſtank und Unrein- lichkeit ſcheinen ſie ein beſondres Vergnuͤgen zu finden. Sie ſchmieren ſich mit Fett, und pudern oder beſtreuen ſich mit dem ſchon beylaͤufig angefuͤhrten Bucku, oder Pulver von den Blaͤttern der Dioſma. Ein uͤber die Schultern, und ein anderes uͤber die Lenden hangendes Schaffell, nebſt einem Beutel bey den Mannsperſonen, und einem viereckigen Stuͤcke Leder bey den Weibsleuten, beydes, um die Schamtheile zu bedecken, macht ihren ganzen Anzug aus. Uebrigens tragen ſie auf dem Kopfe
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Vierte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
uͤbrige, zu ſagen, traͤgt aber doch gern ein Kalbfell
oder eine Tigerhaut, wenn die andern ſich mit Schaf-
fellen begnuͤgen.
Alle Hottentotten, ſo viele ich deren kennen gelernt
habe, kommen, auch wenn ſie zu noch ſo verſchiednen
Staͤmmen gehoͤren, darin uͤberein, daß ſie, wenige aus-
genommen, klein von Statur, mager und ſchmaͤchtig
ſind, hervorſtehende Backenknochen, eine platte Naſe,
einen ſtark hervorragenden Mund, ein ſpitziges Kinn,
einen ſchwanken Ruͤcken und einen großen Bauch haben.
Die Farbe der Haut iſt von Natur gelblich; durch Fett
und Schmutz aber iſt ſie, bey einigen mehr, bey andern
weniger, dunkel geworden. Das Haar giebt einen ſon-
derbaren Anblick, und iſt kraus wie Wolle; bey den
meiſten iſt es nicht laͤnger, als die Zoͤpfe oder Flocken
auf rauhem wollnem Zeuge, hoͤchſtens einen Zoll oder
einen Finger lang, und es ſieht wie zuſammengedrehetes
wollnes Garn aus. Von einem Barte trifft man ſel-
ten eine Spur an; hat ein Hottentotte einen Bart, ſo
iſt er allezeit kraus. Die Weibsperſonen haben durch-
gaͤngig herabhangende und ſehr lange Bruͤſte. Alle Hot-
tentotten, ohne Ausnahme, lieben Branntwein und
Tobak bis zur Raſerey, und an Geſtank und Unrein-
lichkeit ſcheinen ſie ein beſondres Vergnuͤgen zu finden.
Sie ſchmieren ſich mit Fett, und pudern oder beſtreuen
ſich mit dem ſchon beylaͤufig angefuͤhrten Bucku, oder
Pulver von den Blaͤttern der Dioſma. Ein uͤber die
Schultern, und ein anderes uͤber die Lenden hangendes
Schaffell, nebſt einem Beutel bey den Mannsperſonen,
und einem viereckigen Stuͤcke Leder bey den Weibsleuten,
beydes, um die Schamtheile zu bedecken, macht ihren
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/304>, abgerufen am 27.11.2024.
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