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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Nachricht. v. d. Landwirthsch. in d. Kolonie.
Selbst die Pflugschaar, womit sie dieses fruchtbare Land
ihrer Geburt pflügen, müssen sie dorther haben.

Die vom Hafen und der Stadt nicht weit entfernt
liegenden Höfe haben Weitzenfeld, Weinberge und Gär-
ten in größter Menge; dagegen treiben sie wenig Vieh-
zucht. Die Weinberge nahe beym Cap, welche den be-
sten und delicatesten Wein geben, weil die Trauben da
größer und reifer, als in andern Gegenden, werden,
tragen das meiste ein, und verdrängen an verschied-
nen Orten sogar den Weitzen, dessen Bau man mehr
und mehr den weiter weg wohnenden Landeigenthümern
überläßt.

Wenn auf dem Lande ein Hof verkauft wird, so
schließt man den Kauf in Gulden, deren drey auf einen
Reichsthaler gerechnet werden.

Weitzen ist das einige Getreide, das hier zu
Lande allgemein gebauet wird, und auch die Mühe
des Ackermanns reichlich belohnt. Rocken säet man
selten, es sey denn ein wenig zum Vergnügen, oder
daß solche Bauern es thun, die das Stroh an-
statt des hier durchgängig gewöhnlichen Strickgrases
zum Dachdecken gebrauchen wollen. Den Weitzenacker
lassen einige Landleute mehrere Jahre brach liegen, damit
er recht gut ausruhen möge; sie können dies auch thun,
da sie des Feldes viel haben. Wenn man entweder Feld,
das nie bestellt war, ganz frisch aus dem Dreische bricht,
oder Acker, der viele Jahre brach gelegen hat, aufreißt,
welches eine sehr mühsame Arbeit ist, so wird solches im
August zum ersten, und nach geendigter Saatzeit im
May zum andernmahl gepflügt. Der hiesige Pflug hat
zwey Räder, von denen das eine kleiner als das andre ist.
Im Anfange des Septembers müssen die Sklaven das
Unkraut auf dem Acker ausjäten, sowohl aus dem Wei-

Nachricht. v. d. Landwirthſch. in d. Kolonie.
Selbſt die Pflugſchaar, womit ſie dieſes fruchtbare Land
ihrer Geburt pfluͤgen, muͤſſen ſie dorther haben.

Die vom Hafen und der Stadt nicht weit entfernt
liegenden Hoͤfe haben Weitzenfeld, Weinberge und Gaͤr-
ten in groͤßter Menge; dagegen treiben ſie wenig Vieh-
zucht. Die Weinberge nahe beym Cap, welche den be-
ſten und delicateſten Wein geben, weil die Trauben da
groͤßer und reifer, als in andern Gegenden, werden,
tragen das meiſte ein, und verdraͤngen an verſchied-
nen Orten ſogar den Weitzen, deſſen Bau man mehr
und mehr den weiter weg wohnenden Landeigenthuͤmern
uͤberlaͤßt.

Wenn auf dem Lande ein Hof verkauft wird, ſo
ſchließt man den Kauf in Gulden, deren drey auf einen
Reichsthaler gerechnet werden.

Weitzen iſt das einige Getreide, das hier zu
Lande allgemein gebauet wird, und auch die Muͤhe
des Ackermanns reichlich belohnt. Rocken ſaͤet man
ſelten, es ſey denn ein wenig zum Vergnuͤgen, oder
daß ſolche Bauern es thun, die das Stroh an-
ſtatt des hier durchgaͤngig gewoͤhnlichen Strickgraſes
zum Dachdecken gebrauchen wollen. Den Weitzenacker
laſſen einige Landleute mehrere Jahre brach liegen, damit
er recht gut ausruhen moͤge; ſie koͤnnen dies auch thun,
da ſie des Feldes viel haben. Wenn man entweder Feld,
das nie beſtellt war, ganz friſch aus dem Dreiſche bricht,
oder Acker, der viele Jahre brach gelegen hat, aufreißt,
welches eine ſehr muͤhſame Arbeit iſt, ſo wird ſolches im
Auguſt zum erſten, und nach geendigter Saatzeit im
May zum andernmahl gepfluͤgt. Der hieſige Pflug hat
zwey Raͤder, von denen das eine kleiner als das andre iſt.
Im Anfange des Septembers muͤſſen die Sklaven das
Unkraut auf dem Acker ausjaͤten, ſowohl aus dem Wei-

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[237/0265] Nachricht. v. d. Landwirthſch. in d. Kolonie. Selbſt die Pflugſchaar, womit ſie dieſes fruchtbare Land ihrer Geburt pfluͤgen, muͤſſen ſie dorther haben. Die vom Hafen und der Stadt nicht weit entfernt liegenden Hoͤfe haben Weitzenfeld, Weinberge und Gaͤr- ten in groͤßter Menge; dagegen treiben ſie wenig Vieh- zucht. Die Weinberge nahe beym Cap, welche den be- ſten und delicateſten Wein geben, weil die Trauben da groͤßer und reifer, als in andern Gegenden, werden, tragen das meiſte ein, und verdraͤngen an verſchied- nen Orten ſogar den Weitzen, deſſen Bau man mehr und mehr den weiter weg wohnenden Landeigenthuͤmern uͤberlaͤßt. Wenn auf dem Lande ein Hof verkauft wird, ſo ſchließt man den Kauf in Gulden, deren drey auf einen Reichsthaler gerechnet werden. Weitzen iſt das einige Getreide, das hier zu Lande allgemein gebauet wird, und auch die Muͤhe des Ackermanns reichlich belohnt. Rocken ſaͤet man ſelten, es ſey denn ein wenig zum Vergnuͤgen, oder daß ſolche Bauern es thun, die das Stroh an- ſtatt des hier durchgaͤngig gewoͤhnlichen Strickgraſes zum Dachdecken gebrauchen wollen. Den Weitzenacker laſſen einige Landleute mehrere Jahre brach liegen, damit er recht gut ausruhen moͤge; ſie koͤnnen dies auch thun, da ſie des Feldes viel haben. Wenn man entweder Feld, das nie beſtellt war, ganz friſch aus dem Dreiſche bricht, oder Acker, der viele Jahre brach gelegen hat, aufreißt, welches eine ſehr muͤhſame Arbeit iſt, ſo wird ſolches im Auguſt zum erſten, und nach geendigter Saatzeit im May zum andernmahl gepfluͤgt. Der hieſige Pflug hat zwey Raͤder, von denen das eine kleiner als das andre iſt. Im Anfange des Septembers muͤſſen die Sklaven das Unkraut auf dem Acker ausjaͤten, ſowohl aus dem Wei-

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/265>, abgerufen am 27.11.2024.