geren Stelle, anzulegen. Man hatte auch schon aus Holland Bau-Materialien, geschickte Arbeiter und vor- züglich gute Werkzeuge hieher geschickt. Während mei- ner Anwesenheit zu Cap wurde nun mit dem Bau wirk- lich angefangen. Der Platz zum neuen Hospitale wurde auf der Ost-Seite der Stadt, zwischen dem Tafelberge und der Citadelle, gewählt, wo es eine freye und offene Lage hat, und Sonne und Wind es gehörig treffen und die Luft rein halten können. Den Grundstein legte der Gou- verneur Plettenberg. Die Arbeit ging aber sehr lang- sam von Statten, weil die Eigennützigkeit der Aufseher nicht zuließ, sie zu fördern; denn sie verdienten nicht nur desto mehr dabey, je länger der Bau dauerte, son- dern sie nahmen auch der Gelegenheit wahr, zum Bau eigner Gebäude einen Theil der Leute und der Materia- lien zu gebrauchen.
Ich besuchte das Hospital ungemein selten, weil da nichts für mich zu lernen war. Eins sah ich aber doch, das ich vorher nirgend bemerkt hatte, nämlich daß die Krankenwärter mit Stricken versehen waren, womit sie die Unruhigen unter den Patienten bisweilen züchtigten. Wahrlich ein herrliches Genesungsmittel! Die von der Compagnie bestellten Wundärzte im Hospitale sowohl als auf den Schiffen sind größtentheils untaugliche und un- wissende Leute, und findet man einmahl einen geschickten Mann unter ihnen, so ist es gewöhnlich ein Ausländer. Eine Probe von der Behandlungsart der Kranken mag noch diese seyn: wenn Brechmittel oder ähnliche Medi- camente verordnet werden, so schreiben sie das Recept manchmahl nur an die Bettsponde; von andern Medica- menten giebt man den Patienten gemeiniglich sogleich eine Dosis, denn sie liegen fertig in einem Kasten, den der Chirurgus bey den Lazaretbesuchen sich nachtragen läßt.
Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
geren Stelle, anzulegen. Man hatte auch ſchon aus Holland Bau-Materialien, geſchickte Arbeiter und vor- zuͤglich gute Werkzeuge hieher geſchickt. Waͤhrend mei- ner Anweſenheit zu Cap wurde nun mit dem Bau wirk- lich angefangen. Der Platz zum neuen Hoſpitale wurde auf der Oſt-Seite der Stadt, zwiſchen dem Tafelberge und der Citadelle, gewaͤhlt, wo es eine freye und offene Lage hat, und Sonne und Wind es gehoͤrig treffen und die Luft rein halten koͤnnen. Den Grundſtein legte der Gou- verneur Plettenberg. Die Arbeit ging aber ſehr lang- ſam von Statten, weil die Eigennuͤtzigkeit der Aufſeher nicht zuließ, ſie zu foͤrdern; denn ſie verdienten nicht nur deſto mehr dabey, je laͤnger der Bau dauerte, ſon- dern ſie nahmen auch der Gelegenheit wahr, zum Bau eigner Gebaͤude einen Theil der Leute und der Materia- lien zu gebrauchen.
Ich beſuchte das Hoſpital ungemein ſelten, weil da nichts fuͤr mich zu lernen war. Eins ſah ich aber doch, das ich vorher nirgend bemerkt hatte, naͤmlich daß die Krankenwaͤrter mit Stricken verſehen waren, womit ſie die Unruhigen unter den Patienten bisweilen zuͤchtigten. Wahrlich ein herrliches Geneſungsmittel! Die von der Compagnie beſtellten Wundaͤrzte im Hoſpitale ſowohl als auf den Schiffen ſind groͤßtentheils untaugliche und un- wiſſende Leute, und findet man einmahl einen geſchickten Mann unter ihnen, ſo iſt es gewoͤhnlich ein Auslaͤnder. Eine Probe von der Behandlungsart der Kranken mag noch dieſe ſeyn: wenn Brechmittel oder aͤhnliche Medi- camente verordnet werden, ſo ſchreiben ſie das Recept manchmahl nur an die Bettſponde; von andern Medica- menten giebt man den Patienten gemeiniglich ſogleich eine Doſis, denn ſie liegen fertig in einem Kaſten, den der Chirurgus bey den Lazaretbeſuchen ſich nachtragen laͤßt.
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Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
geren Stelle, anzulegen. Man hatte auch ſchon aus
Holland Bau-Materialien, geſchickte Arbeiter und vor-
zuͤglich gute Werkzeuge hieher geſchickt. Waͤhrend mei-
ner Anweſenheit zu Cap wurde nun mit dem Bau wirk-
lich angefangen. Der Platz zum neuen Hoſpitale wurde
auf der Oſt-Seite der Stadt, zwiſchen dem Tafelberge und
der Citadelle, gewaͤhlt, wo es eine freye und offene Lage
hat, und Sonne und Wind es gehoͤrig treffen und die
Luft rein halten koͤnnen. Den Grundſtein legte der Gou-
verneur Plettenberg. Die Arbeit ging aber ſehr lang-
ſam von Statten, weil die Eigennuͤtzigkeit der Aufſeher
nicht zuließ, ſie zu foͤrdern; denn ſie verdienten nicht
nur deſto mehr dabey, je laͤnger der Bau dauerte, ſon-
dern ſie nahmen auch der Gelegenheit wahr, zum Bau
eigner Gebaͤude einen Theil der Leute und der Materia-
lien zu gebrauchen.
Ich beſuchte das Hoſpital ungemein ſelten, weil da
nichts fuͤr mich zu lernen war. Eins ſah ich aber doch,
das ich vorher nirgend bemerkt hatte, naͤmlich daß die
Krankenwaͤrter mit Stricken verſehen waren, womit ſie
die Unruhigen unter den Patienten bisweilen zuͤchtigten.
Wahrlich ein herrliches Geneſungsmittel! Die von der
Compagnie beſtellten Wundaͤrzte im Hoſpitale ſowohl als
auf den Schiffen ſind groͤßtentheils untaugliche und un-
wiſſende Leute, und findet man einmahl einen geſchickten
Mann unter ihnen, ſo iſt es gewoͤhnlich ein Auslaͤnder.
Eine Probe von der Behandlungsart der Kranken mag
noch dieſe ſeyn: wenn Brechmittel oder aͤhnliche Medi-
camente verordnet werden, ſo ſchreiben ſie das Recept
manchmahl nur an die Bettſponde; von andern Medica-
menten giebt man den Patienten gemeiniglich ſogleich eine
Doſis, denn ſie liegen fertig in einem Kaſten, den der
Chirurgus bey den Lazaretbeſuchen ſich nachtragen laͤßt.
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/254>, abgerufen am 01.07.2024.
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