mit dem gemeinen Europäischen Fuchse, oder mit dem Haushunde, so wenig er auch zu der einen oder andern dieser Thierarten gehört.
Jeder Reisende glaubt Beruf zum Schrift- steller zu haben, und seinen Landsleuten etwas wunderbares erzählen zu dürfen, sollte er auch selbst so arm an Einsicht und Kenntniß seyn, daß er das, was er sah und hörte, weder selbst ver- stand, und sich eine richtige Vorstellung davon machen, noch andern richtig und deutlich beschrei- ben konnte. Schon aus dieser einzigen Quelle sind mehr unverständliche Bücher, als man glau- ben sollte, hervorgeflossen.
Wenn daher Reisebeschreibungen entweder das Dunkle in ältern Reisenachrichten aufhellen, oder über Geographie, politische Geschichte, Na- turlehre, Oekonomie, Naturhistorie, Medicin und andre Wissenschaften neues Licht verbreiten, alsdann, aber auch nur alsdann sind sie gewiß nicht überflüssig. Ist denn der Reisende fremde Länder mit den Kenntnissen, der Einsicht, der Gabe, was man sieht und hört, gesund und richtig zu beurthei- len, und der Aufmerksamkeit, wie ein Theil der Neuern gethan hat, durchreiset, so glaubt man beym Lesen seiner Beschreibung ihm gleichsam Schritt für Schritt nachzureisen, und was er sah,
Vorrede des Verfaſſers.
mit dem gemeinen Europaͤiſchen Fuchſe, oder mit dem Haushunde, ſo wenig er auch zu der einen oder andern dieſer Thierarten gehoͤrt.
Jeder Reiſende glaubt Beruf zum Schrift- ſteller zu haben, und ſeinen Landsleuten etwas wunderbares erzaͤhlen zu duͤrfen, ſollte er auch ſelbſt ſo arm an Einſicht und Kenntniß ſeyn, daß er das, was er ſah und hoͤrte, weder ſelbſt ver- ſtand, und ſich eine richtige Vorſtellung davon machen, noch andern richtig und deutlich beſchrei- ben konnte. Schon aus dieſer einzigen Quelle ſind mehr unverſtaͤndliche Buͤcher, als man glau- ben ſollte, hervorgefloſſen.
Wenn daher Reiſebeſchreibungen entweder das Dunkle in aͤltern Reiſenachrichten aufhellen, oder uͤber Geographie, politiſche Geſchichte, Na- turlehre, Oekonomie, Naturhiſtorie, Medicin und andre Wiſſenſchaften neues Licht verbreiten, alsdann, aber auch nur alsdann ſind ſie gewiß nicht uͤberfluͤſſig. Iſt denn der Reiſende fremde Laͤnder mit den Kenntniſſen, der Einſicht, der Gabe, was man ſieht und hoͤrt, geſund und richtig zu beurthei- len, und der Aufmerkſamkeit, wie ein Theil der Neuern gethan hat, durchreiſet, ſo glaubt man beym Leſen ſeiner Beſchreibung ihm gleichſam Schritt fuͤr Schritt nachzureiſen, und was er ſah,
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[0015]
Vorrede des Verfaſſers.
mit dem gemeinen Europaͤiſchen Fuchſe, oder mit
dem Haushunde, ſo wenig er auch zu der einen
oder andern dieſer Thierarten gehoͤrt.
Jeder Reiſende glaubt Beruf zum Schrift-
ſteller zu haben, und ſeinen Landsleuten etwas
wunderbares erzaͤhlen zu duͤrfen, ſollte er auch
ſelbſt ſo arm an Einſicht und Kenntniß ſeyn, daß
er das, was er ſah und hoͤrte, weder ſelbſt ver-
ſtand, und ſich eine richtige Vorſtellung davon
machen, noch andern richtig und deutlich beſchrei-
ben konnte. Schon aus dieſer einzigen Quelle
ſind mehr unverſtaͤndliche Buͤcher, als man glau-
ben ſollte, hervorgefloſſen.
Wenn daher Reiſebeſchreibungen entweder
das Dunkle in aͤltern Reiſenachrichten aufhellen,
oder uͤber Geographie, politiſche Geſchichte, Na-
turlehre, Oekonomie, Naturhiſtorie, Medicin
und andre Wiſſenſchaften neues Licht verbreiten,
alsdann, aber auch nur alsdann ſind ſie gewiß nicht
uͤberfluͤſſig. Iſt denn der Reiſende fremde Laͤnder
mit den Kenntniſſen, der Einſicht, der Gabe, was
man ſieht und hoͤrt, geſund und richtig zu beurthei-
len, und der Aufmerkſamkeit, wie ein Theil der
Neuern gethan hat, durchreiſet, ſo glaubt man
beym Leſen ſeiner Beſchreibung ihm gleichſam
Schritt fuͤr Schritt nachzureiſen, und was er ſah,
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/15>, abgerufen am 24.11.2024.
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