Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Zweyte Abtheilung. Erster Abschnitt. reichte, und mit schmalen, mit Goldpapier und seidnemZeuge überzognen, Striemen bekleidet war, zwischen wel- chen etwas, das Spitzen ähnlich sah, herablief. Un- ten standen Bouteillen mit Blumensträußen. Vor dem Altare lag ein Kissen, und auf dem Kissen ein großes Buch. Die Frauenspersonen waren nett gekleidet, blie- ben aber an der Thüre stehen oder sitzen. Die Manns- leute hatten weite Röcke, wie unsre Schlafröcke, von Kattun oder Seide an; sie saßen im ganzen Zimmer herum, auf dem Boden, mit kreutzweise über einander gelegten Beinen. Man räucherte stark mit Räucher- pulver, hatte auch verschiedne gelbe Wachslichter ange- zündet. Viele von den Anwesenden hatten sich mit Fä- chern versehen, womit sie sich abkühlten, welches auch bey der starken Hitze nöthig war, die durch die in diesem engen Zimmer versammelte Menge Menschen noch ver- mehrt wurde. Zwey Priester unterschieden sich durch eine kleine kugelförmige Kalotte von den übrigen, welche Schnupftücher in Gestalt eines Turbans um die Köpfe gewunden hatten. Ungefähr um acht Uhr des Abends fing dieses Fest an. Es wurde mit Gesang eröffnet: bald sangen sie laut, bald schwach, bisweilen die Prie- ster allein, bisweilen die ganze Gemeine. Darauf betete einer von den Priestern etwas aus dem vor dem Altare auf dem Kissen liegenden großen Buche vor, und bis- weilen betete die Gemeine laut nach. Ich bemerkte, daß sie auf morgenländische Art, von der Rechten zur Linken lasen, und vermuthete, daß es der Koran sey, dessen sie sich bedienten, weil die Javaner größtentheils Muhamedaner sind. Unterdessen daß sie auf diese Art sangen und beteten, tranken sie Kaffee aus Tassen, und der Vornehmste in der Versammlung spielte bisweilen zu dem Gesange auf der Violine. Dieser war, wie ich Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. reichte, und mit ſchmalen, mit Goldpapier und ſeidnemZeuge uͤberzognen, Striemen bekleidet war, zwiſchen wel- chen etwas, das Spitzen aͤhnlich ſah, herablief. Un- ten ſtanden Bouteillen mit Blumenſtraͤußen. Vor dem Altare lag ein Kiſſen, und auf dem Kiſſen ein großes Buch. Die Frauensperſonen waren nett gekleidet, blie- ben aber an der Thuͤre ſtehen oder ſitzen. Die Manns- leute hatten weite Roͤcke, wie unſre Schlafroͤcke, von Kattun oder Seide an; ſie ſaßen im ganzen Zimmer herum, auf dem Boden, mit kreutzweiſe uͤber einander gelegten Beinen. Man raͤucherte ſtark mit Raͤucher- pulver, hatte auch verſchiedne gelbe Wachslichter ange- zuͤndet. Viele von den Anweſenden hatten ſich mit Faͤ- chern verſehen, womit ſie ſich abkuͤhlten, welches auch bey der ſtarken Hitze noͤthig war, die durch die in dieſem engen Zimmer verſammelte Menge Menſchen noch ver- mehrt wurde. Zwey Prieſter unterſchieden ſich durch eine kleine kugelfoͤrmige Kalotte von den uͤbrigen, welche Schnupftuͤcher in Geſtalt eines Turbans um die Koͤpfe gewunden hatten. Ungefaͤhr um acht Uhr des Abends fing dieſes Feſt an. Es wurde mit Geſang eroͤffnet: bald ſangen ſie laut, bald ſchwach, bisweilen die Prie- ſter allein, bisweilen die ganze Gemeine. Darauf betete einer von den Prieſtern etwas aus dem vor dem Altare auf dem Kiſſen liegenden großen Buche vor, und bis- weilen betete die Gemeine laut nach. Ich bemerkte, daß ſie auf morgenlaͤndiſche Art, von der Rechten zur Linken laſen, und vermuthete, daß es der Koran ſey, deſſen ſie ſich bedienten, weil die Javaner groͤßtentheils Muhamedaner ſind. Unterdeſſen daß ſie auf dieſe Art ſangen und beteten, tranken ſie Kaffee aus Taſſen, und der Vornehmſte in der Verſammlung ſpielte bisweilen zu dem Geſange auf der Violine. Dieſer war, wie ich <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0146" n="118"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.</hi></fw><lb/> reichte, und mit ſchmalen, mit Goldpapier und ſeidnem<lb/> Zeuge uͤberzognen, Striemen bekleidet war, zwiſchen wel-<lb/> chen etwas, das Spitzen aͤhnlich ſah, herablief. Un-<lb/> ten ſtanden Bouteillen mit Blumenſtraͤußen. Vor dem<lb/> Altare lag ein Kiſſen, und auf dem Kiſſen ein großes<lb/> Buch. Die Frauensperſonen waren nett gekleidet, blie-<lb/> ben aber an der Thuͤre ſtehen oder ſitzen. Die Manns-<lb/> leute hatten weite Roͤcke, wie unſre Schlafroͤcke, von<lb/> Kattun oder Seide an; ſie ſaßen im ganzen Zimmer<lb/> herum, auf dem Boden, mit kreutzweiſe uͤber einander<lb/> gelegten Beinen. 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Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
reichte, und mit ſchmalen, mit Goldpapier und ſeidnem
Zeuge uͤberzognen, Striemen bekleidet war, zwiſchen wel-
chen etwas, das Spitzen aͤhnlich ſah, herablief. Un-
ten ſtanden Bouteillen mit Blumenſtraͤußen. Vor dem
Altare lag ein Kiſſen, und auf dem Kiſſen ein großes
Buch. Die Frauensperſonen waren nett gekleidet, blie-
ben aber an der Thuͤre ſtehen oder ſitzen. Die Manns-
leute hatten weite Roͤcke, wie unſre Schlafroͤcke, von
Kattun oder Seide an; ſie ſaßen im ganzen Zimmer
herum, auf dem Boden, mit kreutzweiſe uͤber einander
gelegten Beinen. Man raͤucherte ſtark mit Raͤucher-
pulver, hatte auch verſchiedne gelbe Wachslichter ange-
zuͤndet. Viele von den Anweſenden hatten ſich mit Faͤ-
chern verſehen, womit ſie ſich abkuͤhlten, welches auch
bey der ſtarken Hitze noͤthig war, die durch die in dieſem
engen Zimmer verſammelte Menge Menſchen noch ver-
mehrt wurde. Zwey Prieſter unterſchieden ſich durch
eine kleine kugelfoͤrmige Kalotte von den uͤbrigen, welche
Schnupftuͤcher in Geſtalt eines Turbans um die Koͤpfe
gewunden hatten. Ungefaͤhr um acht Uhr des Abends
fing dieſes Feſt an. Es wurde mit Geſang eroͤffnet:
bald ſangen ſie laut, bald ſchwach, bisweilen die Prie-
ſter allein, bisweilen die ganze Gemeine. Darauf betete
einer von den Prieſtern etwas aus dem vor dem Altare
auf dem Kiſſen liegenden großen Buche vor, und bis-
weilen betete die Gemeine laut nach. Ich bemerkte,
daß ſie auf morgenlaͤndiſche Art, von der Rechten zur
Linken laſen, und vermuthete, daß es der Koran ſey,
deſſen ſie ſich bedienten, weil die Javaner groͤßtentheils
Muhamedaner ſind. Unterdeſſen daß ſie auf dieſe Art
ſangen und beteten, tranken ſie Kaffee aus Taſſen, und
der Vornehmſte in der Verſammlung ſpielte bisweilen zu
dem Geſange auf der Violine. Dieſer war, wie ich
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