gehe, von den Krankheiten unter unserm Schiffsvolke, von den Krankenanstalten und was damit verwandt ist, wie auch von verschiednen andern Einrichtungen und Ge- wohnheiten auf dem Schiffe, einige nähere Nachrichten mittheilen.
Die unter unsern Leuten am Bord meistens vor- kommenden Krankheiten waren Fleckfieber, bösartige Faulfieber, Katarrhal-Fieber, zum Theil mehr, zum Theil weniger bösartige, Rose, Scorbut, schlimme und ge- fährliche faule Schäden, Geschwüre, Husten, Diar- rhöe, Dysenterie, venerische Krankheiten und manche andre. Unter den Matrosen wurden die, welche beym Steuer standen, in Schweiß kamen, und sich hernach vor Erkältung nicht hüteten, häufig krank. Doch wa- ren Soldaten mit verdorbenen Säften die meisten, wel- che erkrankten und am wenigsten hergestellt werden konn- ten. Selten brach sich ein Fieber mit einer richtigen und guten Crisis. Denn entweder lagen die Kranken fast nackt, oder standen zur Unzeit, wenn sie im Schweiße la- gen, auf, und tranken heimlich kaltes Wasser, oder gossen sich insgeheim kaltes Wasser über den Leib. Hiedurch ent- standen verschiedne Metastasen, als große und gefährliche Abscesse an den Armen, Händen, Beinen und Backen, von denen einige in kalten Brand übergingen, andre aber die Kranken so sehr mitnahmen, daß sie vor Entkräftung starben. Andre verlohren mehr oder weniger das Gehör. Nahm die Matastase ihren Weg nach den dicken Beinen, so verursachte sie unausstehliche Schmerzen; nach den Augen, so konnten die Patienten kaum sehen; nach den Füßen, so folgte die Wassersucht in den Beinen. Eini- ge bekamen die unächten Pocken. Unter den mancher- ley Symptomen bey den Fiebern bemerkte ich bey verschie-
Erſte Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
gehe, von den Krankheiten unter unſerm Schiffsvolke, von den Krankenanſtalten und was damit verwandt iſt, wie auch von verſchiednen andern Einrichtungen und Ge- wohnheiten auf dem Schiffe, einige naͤhere Nachrichten mittheilen.
Die unter unſern Leuten am Bord meiſtens vor- kommenden Krankheiten waren Fleckfieber, boͤsartige Faulfieber, Katarrhal-Fieber, zum Theil mehr, zum Theil weniger boͤsartige, Roſe, Scorbut, ſchlimme und ge- faͤhrliche faule Schaͤden, Geſchwuͤre, Huſten, Diar- rhoͤe, Dyſenterie, veneriſche Krankheiten und manche andre. Unter den Matroſen wurden die, welche beym Steuer ſtanden, in Schweiß kamen, und ſich hernach vor Erkaͤltung nicht huͤteten, haͤufig krank. Doch wa- ren Soldaten mit verdorbenen Saͤften die meiſten, wel- che erkrankten und am wenigſten hergeſtellt werden konn- ten. Selten brach ſich ein Fieber mit einer richtigen und guten Criſis. Denn entweder lagen die Kranken faſt nackt, oder ſtanden zur Unzeit, wenn ſie im Schweiße la- gen, auf, und tranken heimlich kaltes Waſſer, oder goſſen ſich insgeheim kaltes Waſſer uͤber den Leib. Hiedurch ent- ſtanden verſchiedne Metaſtaſen, als große und gefaͤhrliche Abſceſſe an den Armen, Haͤnden, Beinen und Backen, von denen einige in kalten Brand uͤbergingen, andre aber die Kranken ſo ſehr mitnahmen, daß ſie vor Entkraͤftung ſtarben. Andre verlohren mehr oder weniger das Gehoͤr. Nahm die Mataſtaſe ihren Weg nach den dicken Beinen, ſo verurſachte ſie unausſtehliche Schmerzen; nach den Augen, ſo konnten die Patienten kaum ſehen; nach den Fuͤßen, ſo folgte die Waſſerſucht in den Beinen. Eini- ge bekamen die unaͤchten Pocken. Unter den mancher- ley Symptomen bey den Fiebern bemerkte ich bey verſchie-
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[88/0116]
Erſte Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
gehe, von den Krankheiten unter unſerm Schiffsvolke,
von den Krankenanſtalten und was damit verwandt iſt,
wie auch von verſchiednen andern Einrichtungen und Ge-
wohnheiten auf dem Schiffe, einige naͤhere Nachrichten
mittheilen.
Die unter unſern Leuten am Bord meiſtens vor-
kommenden Krankheiten waren Fleckfieber, boͤsartige
Faulfieber, Katarrhal-Fieber, zum Theil mehr, zum Theil
weniger boͤsartige, Roſe, Scorbut, ſchlimme und ge-
faͤhrliche faule Schaͤden, Geſchwuͤre, Huſten, Diar-
rhoͤe, Dyſenterie, veneriſche Krankheiten und manche
andre. Unter den Matroſen wurden die, welche beym
Steuer ſtanden, in Schweiß kamen, und ſich hernach
vor Erkaͤltung nicht huͤteten, haͤufig krank. Doch wa-
ren Soldaten mit verdorbenen Saͤften die meiſten, wel-
che erkrankten und am wenigſten hergeſtellt werden konn-
ten. Selten brach ſich ein Fieber mit einer richtigen und
guten Criſis. Denn entweder lagen die Kranken faſt
nackt, oder ſtanden zur Unzeit, wenn ſie im Schweiße la-
gen, auf, und tranken heimlich kaltes Waſſer, oder goſſen
ſich insgeheim kaltes Waſſer uͤber den Leib. Hiedurch ent-
ſtanden verſchiedne Metaſtaſen, als große und gefaͤhrliche
Abſceſſe an den Armen, Haͤnden, Beinen und Backen,
von denen einige in kalten Brand uͤbergingen, andre aber
die Kranken ſo ſehr mitnahmen, daß ſie vor Entkraͤftung
ſtarben. Andre verlohren mehr oder weniger das Gehoͤr.
Nahm die Mataſtaſe ihren Weg nach den dicken Beinen,
ſo verurſachte ſie unausſtehliche Schmerzen; nach den
Augen, ſo konnten die Patienten kaum ſehen; nach den
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/116>, abgerufen am 22.11.2024.
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