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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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Glück, hier wo man nur durch feine Ränke
gewinnt, und wo die Blicke der Großen mehr
gelten, als ein richtiger Verstand und Tugend
und Wahrheit. Zischet ihn aus -- ihr Lieb-
linge des Hofes! Was helfen ihm alle seine
Verdienste? Daß sie einst vielleicht, in Stein
gehauen, auf seinem Grabmaale sitzen und
weinen? O wie thöricht! den Gebothen des
Himmels zu gehorchen, wo ein Fürst befiehlt,
und auf dem einsamen Wege der Tugend zu
wandeln, wo noch kein Hofmann eine fette
Pfründe erreicht hat. Wenn eine falsche
schwankende Uhr des Stadthauses den Vor-
urtheilen der Bürger gebiethet, so betriegt uns
oft unsere wahre Kenntniß der Zeit um ihren
Gebrauch; denn hier, wo ein jedes dem all-
gemeinen Jrrthume folget, den eine summen-
de Glocke ausbreitet, und die entfernte Sonne
für nichts achtet, was hilft es hier dem gewis-
sen Sternseher, daß er sich allein nach ihren
Befehlen richtet -- und den Wahn der Stadt

verlachet

Gluͤck, hier wo man nur durch feine Raͤnke
gewinnt, und wo die Blicke der Großen mehr
gelten, als ein richtiger Verſtand und Tugend
und Wahrheit. Ziſchet ihn aus — ihr Lieb-
linge des Hofes! Was helfen ihm alle ſeine
Verdienſte? Daß ſie einſt vielleicht, in Stein
gehauen, auf ſeinem Grabmaale ſitzen und
weinen? O wie thoͤricht! den Gebothen des
Himmels zu gehorchen, wo ein Fuͤrſt befiehlt,
und auf dem einſamen Wege der Tugend zu
wandeln, wo noch kein Hofmann eine fette
Pfruͤnde erreicht hat. Wenn eine falſche
ſchwankende Uhr des Stadthauſes den Vor-
urtheilen der Buͤrger gebiethet, ſo betriegt uns
oft unſere wahre Kenntniß der Zeit um ihren
Gebrauch; denn hier, wo ein jedes dem all-
gemeinen Jrrthume folget, den eine ſummen-
de Glocke ausbreitet, und die entfernte Sonne
fuͤr nichts achtet, was hilft es hier dem gewiſ-
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[70/0074] Gluͤck, hier wo man nur durch feine Raͤnke gewinnt, und wo die Blicke der Großen mehr gelten, als ein richtiger Verſtand und Tugend und Wahrheit. Ziſchet ihn aus — ihr Lieb- linge des Hofes! Was helfen ihm alle ſeine Verdienſte? Daß ſie einſt vielleicht, in Stein gehauen, auf ſeinem Grabmaale ſitzen und weinen? O wie thoͤricht! den Gebothen des Himmels zu gehorchen, wo ein Fuͤrſt befiehlt, und auf dem einſamen Wege der Tugend zu wandeln, wo noch kein Hofmann eine fette Pfruͤnde erreicht hat. Wenn eine falſche ſchwankende Uhr des Stadthauſes den Vor- urtheilen der Buͤrger gebiethet, ſo betriegt uns oft unſere wahre Kenntniß der Zeit um ihren Gebrauch; denn hier, wo ein jedes dem all- gemeinen Jrrthume folget, den eine ſummen- de Glocke ausbreitet, und die entfernte Sonne fuͤr nichts achtet, was hilft es hier dem gewiſ- ſen Sternſeher, daß er ſich allein nach ihren Befehlen richtet — und den Wahn der Stadt verlachet

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/74>, abgerufen am 28.11.2024.