hängen sie den krüpplichen Körper mit den bunten Zeichen des gnädigen Spottes der Fürsten, mit dem theuren Spielwerke von Kreuzen und Bändern; und die Empfindung ihres Heldenlebens wüthet in jeglicher Nerve. Betäubt von den murrenden Wünschen der Thorheit und von den lauten Seufzern des Unglücks stund die Sonne in wehmüthiger Schönheit am Himmel, fürchtete sich, länger herab zu schanen, und versteckte sich oft hin- ter ein trübes Gewölke. So steht ein blü- hendes unschuldiges Mägdchen, zu arm ihr junges Leben zu erhalten, vor der versammel- ten Schule der Mahler, und verräth die ge- heimsten Schönheiten der Natur, für einen geringen unbilligen Preis, der Betrachtung der Kunst. Jn schamhafter Einfalt versteckt sie ihre mächtigen Augen hinter einer ihrer jungfräulichen Hände, indem sie mit der an- dern das letztere neidische Gewand von sich legt, das ihre Reize verbarg, und nun --
ängst-
B 5
haͤngen ſie den kruͤpplichen Koͤrper mit den bunten Zeichen des gnaͤdigen Spottes der Fuͤrſten, mit dem theuren Spielwerke von Kreuzen und Baͤndern; und die Empfindung ihres Heldenlebens wuͤthet in jeglicher Nerve. Betaͤubt von den murrenden Wuͤnſchen der Thorheit und von den lauten Seufzern des Ungluͤcks ſtund die Sonne in wehmuͤthiger Schoͤnheit am Himmel, fuͤrchtete ſich, laͤnger herab zu ſchanen, und verſteckte ſich oft hin- ter ein truͤbes Gewoͤlke. So ſteht ein bluͤ- hendes unſchuldiges Maͤgdchen, zu arm ihr junges Leben zu erhalten, vor der verſammel- ten Schule der Mahler, und verraͤth die ge- heimſten Schoͤnheiten der Natur, fuͤr einen geringen unbilligen Preis, der Betrachtung der Kunſt. Jn ſchamhafter Einfalt verſteckt ſie ihre maͤchtigen Augen hinter einer ihrer jungfraͤulichen Haͤnde, indem ſie mit der an- dern das letztere neidiſche Gewand von ſich legt, das ihre Reize verbarg, und nun —
aͤngſt-
B 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0029"n="25"/>
haͤngen ſie den kruͤpplichen Koͤrper mit den<lb/>
bunten Zeichen des gnaͤdigen Spottes der<lb/>
Fuͤrſten, mit dem theuren Spielwerke von<lb/>
Kreuzen und Baͤndern; und die Empfindung<lb/>
ihres Heldenlebens wuͤthet in jeglicher Nerve.<lb/>
Betaͤubt von den murrenden Wuͤnſchen der<lb/>
Thorheit und von den lauten Seufzern des<lb/>
Ungluͤcks ſtund die Sonne in wehmuͤthiger<lb/>
Schoͤnheit am Himmel, fuͤrchtete ſich, laͤnger<lb/>
herab zu ſchanen, und verſteckte ſich oft hin-<lb/>
ter ein truͤbes Gewoͤlke. So ſteht ein bluͤ-<lb/>
hendes unſchuldiges Maͤgdchen, zu arm ihr<lb/>
junges Leben zu erhalten, vor der verſammel-<lb/>
ten Schule der Mahler, und verraͤth die ge-<lb/>
heimſten Schoͤnheiten der Natur, fuͤr einen<lb/>
geringen unbilligen Preis, der Betrachtung<lb/>
der Kunſt. Jn ſchamhafter Einfalt verſteckt<lb/>ſie ihre maͤchtigen Augen hinter einer ihrer<lb/>
jungfraͤulichen Haͤnde, indem ſie mit der an-<lb/>
dern das letztere neidiſche Gewand von ſich<lb/>
legt, das ihre Reize verbarg, und nun —<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">aͤngſt-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[25/0029]
haͤngen ſie den kruͤpplichen Koͤrper mit den
bunten Zeichen des gnaͤdigen Spottes der
Fuͤrſten, mit dem theuren Spielwerke von
Kreuzen und Baͤndern; und die Empfindung
ihres Heldenlebens wuͤthet in jeglicher Nerve.
Betaͤubt von den murrenden Wuͤnſchen der
Thorheit und von den lauten Seufzern des
Ungluͤcks ſtund die Sonne in wehmuͤthiger
Schoͤnheit am Himmel, fuͤrchtete ſich, laͤnger
herab zu ſchanen, und verſteckte ſich oft hin-
ter ein truͤbes Gewoͤlke. So ſteht ein bluͤ-
hendes unſchuldiges Maͤgdchen, zu arm ihr
junges Leben zu erhalten, vor der verſammel-
ten Schule der Mahler, und verraͤth die ge-
heimſten Schoͤnheiten der Natur, fuͤr einen
geringen unbilligen Preis, der Betrachtung
der Kunſt. Jn ſchamhafter Einfalt verſteckt
ſie ihre maͤchtigen Augen hinter einer ihrer
jungfraͤulichen Haͤnde, indem ſie mit der an-
dern das letztere neidiſche Gewand von ſich
legt, das ihre Reize verbarg, und nun —
aͤngſt-
B 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/29>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.