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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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dern dieselbe verändere, verfälsche, verdrehe und verstümmelt,bey der ersten Frage. ist zu probiren, und also eine petitio principii. Denn wenn sie den kleinen Catechismum mit uns gemein haben, und die Mittel der Seeligkeit darinnen begriffen sind, wie nicht zu läugnen, so erhellet daraus das Widerspiel, so viel das Fundament des Glaubens betrifft. In specie aber, setzen sie die guten Wercke nicht zu den Verdienst Christi, als wenn sie demselben gleichgültig wären. Denn das Concil. Trident. sagt ausdrücklich, daß die guten Wercke, so aus den Glauben fliessen, sich in den unendlichen Verdienst Christi gründen, dergestalt, daß wenn Christi Verdienst nicht wäre, die guten Wercke kein Verdienst haben könnten. Es ist auch nicht so, daß sie nicht durch JEsum allein, sondern durch ihre eigene Wercke und das Verdienst Christi zugleich gerecht und seelig werden wollen. Denn was die Rechtfertigung anlanget ist zu distinguiren inter justificationem primam & secundam: Zu jener erfordern sie keine gute Wercke, sondern glauben, daß sie geschehe durch die mit dem Glauben ergriffene Zureichung des Verdienstes Christi, zu dieser aber erfordern sie die guten Wercke, weil sie dafür halten, der Mensch, der da wolle gerechtfertiget werden von seinen Sünden, müsse nicht allein den Glauben, sondern auch einen würcklich thätigen Glauben haben. Und wir bekennen auch, daß der Glaube, in dessen Ansehung der Mensch gerechtfertiget wird, nicht ein todter, sondern ein lebendiger Glaube seyn müsse; Es laufft aber endlich auf eine Subtilität hinaus, darüber sich die Gelehrten in den Schulen zancken mögen, zur Seeligkeit hilfft dieser Streit nicht, und kommen die Catholicken in der Haupt-Lehre der Rechtfertigung mit uns überein, wie Calixtus und andere gar wohl angemercket haben. Was aber die Seeligkeit betrifft, so wollen sie nicht durch eigene Wercke und das Verdienst Christi zugleich, dieselbe erlangen, sondern allein durch das Verdienst Christi, wie dann die Sterbende auf dasselbe gewiesen werden, und jederzeit gewiesen worden sind. Sie reden auch nicht von ihren eigenen Wercken, wenn sie den Wercken ein Verdienst Christi zuschreiben, gleich als wann dieselbe durch natürliche Kräffte und ohne Gnade GOttes und dem Heiligen Geist geschehen könnten, sondern sie reden von solchen Wercken, die durch GOttes Gnade und Krafft des Heil. Geistes geschehen, und Früchte des Glaubens sind, und was sie ihnen vom Verdienst zulegen, dadurch wollen sie die Gnade GOttes und Christi Verdienst nicht verringern, sondern vielmehr erhöhen, preisen und verherrlichen, weil das Verdienst der Wercke aus sol-

dern dieselbe verändere, verfälsche, verdrehe und verstümmelt,bey der ersten Frage. ist zu probiren, und also eine petitio principii. Denn wenn sie den kleinen Catechismum mit uns gemein haben, und die Mittel der Seeligkeit darinnen begriffen sind, wie nicht zu läugnen, so erhellet daraus das Widerspiel, so viel das Fundament des Glaubens betrifft. In specie aber, setzen sie die guten Wercke nicht zu den Verdienst Christi, als wenn sie demselben gleichgültig wären. Denn das Concil. Trident. sagt ausdrücklich, daß die guten Wercke, so aus den Glauben fliessen, sich in den unendlichen Verdienst Christi gründen, dergestalt, daß wenn Christi Verdienst nicht wäre, die guten Wercke kein Verdienst haben könnten. Es ist auch nicht so, daß sie nicht durch JEsum allein, sondern durch ihre eigene Wercke und das Verdienst Christi zugleich gerecht und seelig werden wollen. Denn was die Rechtfertigung anlanget ist zu distinguiren inter justificationem primam & secundam: Zu jener erfordern sie keine gute Wercke, sondern glauben, daß sie geschehe durch die mit dem Glauben ergriffene Zureichung des Verdienstes Christi, zu dieser aber erfordern sie die guten Wercke, weil sie dafür halten, der Mensch, der da wolle gerechtfertiget werden von seinen Sünden, müsse nicht allein den Glauben, sondern auch einen würcklich thätigen Glauben haben. Und wir bekennen auch, daß der Glaube, in dessen Ansehung der Mensch gerechtfertiget wird, nicht ein todter, sondern ein lebendiger Glaube seyn müsse; Es laufft aber endlich auf eine Subtilität hinaus, darüber sich die Gelehrten in den Schulen zancken mögen, zur Seeligkeit hilfft dieser Streit nicht, und kommen die Catholicken in der Haupt-Lehre der Rechtfertigung mit uns überein, wie Calixtus und andere gar wohl angemercket haben. Was aber die Seeligkeit betrifft, so wollen sie nicht durch eigene Wercke und das Verdienst Christi zugleich, dieselbe erlangen, sondern allein durch das Verdienst Christi, wie dann die Sterbende auf dasselbe gewiesen werden, und jederzeit gewiesen worden sind. Sie reden auch nicht von ihren eigenen Wercken, wenn sie den Wercken ein Verdienst Christi zuschreiben, gleich als wann dieselbe durch natürliche Kräffte und ohne Gnade GOttes und dem Heiligen Geist geschehen könnten, sondern sie reden von solchen Wercken, die durch GOttes Gnade und Krafft des Heil. Geistes geschehen, und Früchte des Glaubens sind, und was sie ihnen vom Verdienst zulegen, dadurch wollen sie die Gnade GOttes und Christi Verdienst nicht verringern, sondern vielmehr erhöhen, preisen und verherrlichen, weil das Verdienst der Wercke aus sol-

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[55/0063] dern dieselbe verändere, verfälsche, verdrehe und verstümmelt, ist zu probiren, und also eine petitio principii. Denn wenn sie den kleinen Catechismum mit uns gemein haben, und die Mittel der Seeligkeit darinnen begriffen sind, wie nicht zu läugnen, so erhellet daraus das Widerspiel, so viel das Fundament des Glaubens betrifft. In specie aber, setzen sie die guten Wercke nicht zu den Verdienst Christi, als wenn sie demselben gleichgültig wären. Denn das Concil. Trident. sagt ausdrücklich, daß die guten Wercke, so aus den Glauben fliessen, sich in den unendlichen Verdienst Christi gründen, dergestalt, daß wenn Christi Verdienst nicht wäre, die guten Wercke kein Verdienst haben könnten. Es ist auch nicht so, daß sie nicht durch JEsum allein, sondern durch ihre eigene Wercke und das Verdienst Christi zugleich gerecht und seelig werden wollen. Denn was die Rechtfertigung anlanget ist zu distinguiren inter justificationem primam & secundam: Zu jener erfordern sie keine gute Wercke, sondern glauben, daß sie geschehe durch die mit dem Glauben ergriffene Zureichung des Verdienstes Christi, zu dieser aber erfordern sie die guten Wercke, weil sie dafür halten, der Mensch, der da wolle gerechtfertiget werden von seinen Sünden, müsse nicht allein den Glauben, sondern auch einen würcklich thätigen Glauben haben. Und wir bekennen auch, daß der Glaube, in dessen Ansehung der Mensch gerechtfertiget wird, nicht ein todter, sondern ein lebendiger Glaube seyn müsse; Es laufft aber endlich auf eine Subtilität hinaus, darüber sich die Gelehrten in den Schulen zancken mögen, zur Seeligkeit hilfft dieser Streit nicht, und kommen die Catholicken in der Haupt-Lehre der Rechtfertigung mit uns überein, wie Calixtus und andere gar wohl angemercket haben. Was aber die Seeligkeit betrifft, so wollen sie nicht durch eigene Wercke und das Verdienst Christi zugleich, dieselbe erlangen, sondern allein durch das Verdienst Christi, wie dann die Sterbende auf dasselbe gewiesen werden, und jederzeit gewiesen worden sind. Sie reden auch nicht von ihren eigenen Wercken, wenn sie den Wercken ein Verdienst Christi zuschreiben, gleich als wann dieselbe durch natürliche Kräffte und ohne Gnade GOttes und dem Heiligen Geist geschehen könnten, sondern sie reden von solchen Wercken, die durch GOttes Gnade und Krafft des Heil. Geistes geschehen, und Früchte des Glaubens sind, und was sie ihnen vom Verdienst zulegen, dadurch wollen sie die Gnade GOttes und Christi Verdienst nicht verringern, sondern vielmehr erhöhen, preisen und verherrlichen, weil das Verdienst der Wercke aus sol- bey der ersten Frage.

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/63>, abgerufen am 25.11.2024.