Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.X. Handel. Daß auf Angeben liederlicher Weibes-Personen nicht leicht der Reinigungs-Eyd zuerkennen. §. I. ES ist wohl heute in denen Collegiis ausgemacht, daß bey denuncirungVorerinnerung. geringer und liederlicher Weibes-Personen ordentlich der denuncirten Manns-Person der Reinigungs-Eydt nicht pflegt zuerkannt zuwerden, wenn nicht andere indicia concurriren, oder sie sich sonst verdächtig gemacht, wie aber die andern indicia beschaffen seyn müssen, davon sind die Gelehrten nicht eben einerley Meynung, wie aus folgenden Handel wird zu sehen seyn. §. II. Am 7. Jan. 1719. übergab Michael ein lediger Gesell ein SchreibenUbereilete Inquisition wieder einen jungen Menschen. bey seiner Obrigkeit, wie er gehöret, daß Maria (die an einen andern Ort sich aufhielte) ihn zum Vater ihres Kindes angegeben, bate dabey, ihn nicht zu übereilen, sondern mit der defension pro avertenda inquisitione zu hören, massen er denn auch (damit nicht etwan wieder Vermuthen ein schimpflicher Arrest wieder ihn decretiret werden möchte, sich nebst seinen Vater zur Caution offerirete. Den 9. Januarii brachte der Richter dem Justitiario das Schreiben. Ohnerachtet nun diese Maria den Michael bey dem Justitiario nicht denunciret hatte, antwortete dieser doch, wenn der Vater (weil der Sohn ausgetretten) sich melden würde, solle er mit Bescheide versehen werden. Noch an eben selben Tage stellete der Vater auf 50. fl. hoch Caution für den Sohn. Den 15. Januarii wurde folgende Registratur zu denen Acten gebracht, daß der Mariae Curator und Bruder angezeiget (es ware aber nicht registriret, ob sie citiret worden oder freywillig erschienen, item ob dieses eine denunciation oder general Inquisition heissen solte,) daß Michael sie geschwängert, und die Ehe versprochen: iedoch stand darbey: der Herr Amtmann zu E. der Mariä Obrigkeit habe sie hieher gewiesen. Ihnen wurde zum Bescheid ertheilet, stuprata solle morgen erscheinen und mit Michaelen Confrontation erwarten. Den 16. Januarii blieb Maria aus, Michael aber wurde (sofort und unerachtet seiner vorigen Bitte ihn zuförderst mit der defension pro avertenda zu hören) über 12. Ar- X. Handel. Daß auf Angeben liederlicher Weibes-Personen nicht leicht der Reinigungs-Eyd zuerkennen. §. I. ES ist wohl heute in denen Collegiis ausgemacht, daß bey denuncirungVorerinnerung. geringer und liederlicher Weibes-Personen ordentlich der denuncirten Manns-Person der Reinigungs-Eydt nicht pflegt zuerkannt zuwerden, wenn nicht andere indicia concurriren, oder sie sich sonst verdächtig gemacht, wie aber die andern indicia beschaffen seyn müssen, davon sind die Gelehrten nicht eben einerley Meynung, wie aus folgenden Handel wird zu sehen seyn. §. II. Am 7. Jan. 1719. übergab Michael ein lediger Gesell ein SchreibenUbereilete Inquisition wieder einen jungen Menschen. bey seiner Obrigkeit, wie er gehöret, daß Maria (die an einen andern Ort sich aufhielte) ihn zum Vater ihres Kindes angegeben, bate dabey, ihn nicht zu übereilen, sondern mit der defension pro avertenda inquisitione zu hören, massen er denn auch (damit nicht etwan wieder Vermuthen ein schimpflicher Arrest wieder ihn decretiret werden möchte, sich nebst seinen Vater zur Caution offerirete. Den 9. Januarii brachte der Richter dem Justitiario das Schreiben. Ohnerachtet nun diese Maria den Michael bey dem Justitiario nicht denunciret hatte, antwortete dieser doch, wenn der Vater (weil der Sohn ausgetretten) sich melden würde, solle er mit Bescheide versehen werden. Noch an eben selben Tage stellete der Vater auf 50. fl. hoch Caution für den Sohn. Den 15. Januarii wurde folgende Registratur zu denen Acten gebracht, daß der Mariae Curator und Bruder angezeiget (es ware aber nicht registriret, ob sie citiret worden oder freywillig erschienen, item ob dieses eine denunciation oder general Inquisition heissen solte,) daß Michael sie geschwängert, und die Ehe versprochen: iedoch stand darbey: der Herr Amtmann zu E. der Mariä Obrigkeit habe sie hieher gewiesen. Ihnen wurde zum Bescheid ertheilet, stuprata solle morgen erscheinen und mit Michaelen Confrontation erwarten. Den 16. Januarii blieb Maria aus, Michael aber wurde (sofort und unerachtet seiner vorigen Bitte ihn zuförderst mit der defension pro avertenda zu hören) über 12. Ar- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0345" n="337"/> </div> <div> <head>X. Handel. Daß auf Angeben liederlicher Weibes-Personen nicht leicht der Reinigungs-Eyd zuerkennen.</head><lb/> </div> <div> <head>§. I.</head><lb/> <p>ES ist wohl heute in denen Collegiis ausgemacht, daß bey denuncirung<note place="right">Vorerinnerung.</note> geringer und liederlicher Weibes-Personen ordentlich der denuncirten Manns-Person der Reinigungs-Eydt nicht pflegt zuerkannt zuwerden, wenn nicht andere indicia concurriren, oder sie sich sonst verdächtig gemacht, wie aber die andern indicia beschaffen seyn müssen, davon sind die Gelehrten nicht eben einerley Meynung, wie aus folgenden Handel wird zu sehen seyn.</p> <p>§. II. Am 7. 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X. Handel. Daß auf Angeben liederlicher Weibes-Personen nicht leicht der Reinigungs-Eyd zuerkennen.
§. I.
ES ist wohl heute in denen Collegiis ausgemacht, daß bey denuncirung geringer und liederlicher Weibes-Personen ordentlich der denuncirten Manns-Person der Reinigungs-Eydt nicht pflegt zuerkannt zuwerden, wenn nicht andere indicia concurriren, oder sie sich sonst verdächtig gemacht, wie aber die andern indicia beschaffen seyn müssen, davon sind die Gelehrten nicht eben einerley Meynung, wie aus folgenden Handel wird zu sehen seyn.
Vorerinnerung. §. II. Am 7. Jan. 1719. übergab Michael ein lediger Gesell ein Schreiben bey seiner Obrigkeit, wie er gehöret, daß Maria (die an einen andern Ort sich aufhielte) ihn zum Vater ihres Kindes angegeben, bate dabey, ihn nicht zu übereilen, sondern mit der defension pro avertenda inquisitione zu hören, massen er denn auch (damit nicht etwan wieder Vermuthen ein schimpflicher Arrest wieder ihn decretiret werden möchte, sich nebst seinen Vater zur Caution offerirete. Den 9. Januarii brachte der Richter dem Justitiario das Schreiben. Ohnerachtet nun diese Maria den Michael bey dem Justitiario nicht denunciret hatte, antwortete dieser doch, wenn der Vater (weil der Sohn ausgetretten) sich melden würde, solle er mit Bescheide versehen werden. Noch an eben selben Tage stellete der Vater auf 50. fl. hoch Caution für den Sohn. Den 15. Januarii wurde folgende Registratur zu denen Acten gebracht, daß der Mariae Curator und Bruder angezeiget (es ware aber nicht registriret, ob sie citiret worden oder freywillig erschienen, item ob dieses eine denunciation oder general Inquisition heissen solte,) daß Michael sie geschwängert, und die Ehe versprochen: iedoch stand darbey: der Herr Amtmann zu E. der Mariä Obrigkeit habe sie hieher gewiesen. Ihnen wurde zum Bescheid ertheilet, stuprata solle morgen erscheinen und mit Michaelen Confrontation erwarten. Den 16. Januarii blieb Maria aus, Michael aber wurde (sofort und unerachtet seiner vorigen Bitte ihn zuförderst mit der defension pro avertenda zu hören) über 12. Ar-
Ubereilete Inquisition wieder einen jungen Menschen.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/345>, abgerufen am 22.07.2024. |