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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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berhaupt zu beobachten.& systematica arte halten alles unter einander zu werffen, und wie etwan die Leguleji und Rabulae mit dem Corpore juris umgehen, die dicta scripturae mit greulicher Marter auf falsche und gefährliche Lehren zu appliciren, auch falscher und sophistischer consequenzen, wenn nur dieselben von andern, die in Autorität sind, einmahl canonisiret worden, sich allenthalben zu bedienen, und als Glaubens-Articul darüber zu halten; daß man die untereinander geworffene Dinge kürtzlich separire, die zermarterten loca scripturae deutlich andeute, die sophistischen consequenzen handgreiflich weise, und alsdenn dem Leser überlasse, was er mit der also entlarfften und entblösseten unvernünfftigen, ja dem Pabstthum nunmehro gleichsehenden Autorität machen wolle.

Auf den (I) Zweiffel.

Wenn man nun den nervum der I. Rationis dubitandi ein wenig genauer erwegt, wird sich befinden, daß diese hauptsächlich darauff hinaus lauffe, das Amt derer Prediger sey ein Amt, das von der weltlichen Obrigkeit in geringsten nicht dependire, daß diese ihnen darinnen was fürzuschreiben solte Macht haben, sondern es dependire von GOtt alleine, weil es Christus unmittelbar eingesetzt habe. Und pflegt dann hierbey zum öfftern in dieser und andern dergleichen controversen aus der heiligen Schrifft angeführet zu werden, was dieselbe von der Macht der Propheten und Apostel lehret, das übrige nimmt man aus denen Exempeln der ersten Christlichen Kirchen, die man fein weit, und zum wenigsten bis auf die Zeiten der ersten 5. Seculorum auszudehnen pfleget, und hält sich dabey an längsten auff, weil man daselbst viel materie antrifft, damit man denen unverständigen einen Dunst für die Augen 1) Auß der unmittelbaren Einsetzung des Predig-Amts von Christo folget keines weges, daß solches nicht auch von Christlicher Obrigkeit dependire. Welches schon vonmachen könne. Nun sey es ferne, daß man dem Predigamt disputirlich machen wolte, daß es nicht von Christo unmittelbar sey eingesetzet worden. Alleine dieses kan man in geringsten nicht absehen, wie hieraus folgen wolle, daß das Predigamt deßhalb gantz independent sey, und daß ihm in Gebrauch desselben kein Einhalt von Christlicher Obrigkeit geschehen könne. Denn Anfangs (1) ist gar keine connexion zwischen beyden propositionibus, und hat solches schon zu seiner Zeit Grotius de jure summarum potestatum circa sacra c. 4. §. 1. gar schön ausgeführet: Quod non summae potestates sed Christus ipse Pastorale munus instituit, quod functionis suae regulas, quantum quidem ad ipsam muneris quasi substantiam attinet, a Christo accipiunt, non a summis Potestatibus, & quod eatenus Pastores non sunt summarum Potestatum sed Christi Vicarii: Haec omnia de jure Imperii nihil deminuere alia-

berhaupt zu beobachten.& systematica arte halten alles unter einander zu werffen, und wie etwan die Leguleji und Rabulae mit dem Corpore juris umgehen, die dicta scripturae mit greulicher Marter auf falsche und gefährliche Lehren zu appliciren, auch falscher und sophistischer consequenzen, wenn nur dieselben von andern, die in Autorität sind, einmahl canonisiret worden, sich allenthalben zu bedienen, und als Glaubens-Articul darüber zu halten; daß man die untereinander geworffene Dinge kürtzlich separire, die zermarterten loca scripturae deutlich andeute, die sophistischen consequenzen handgreiflich weise, und alsdenn dem Leser überlasse, was er mit der also entlarfften und entblösseten unvernünfftigen, ja dem Pabstthum nunmehro gleichsehenden Autorität machen wolle.

Auf den (I) Zweiffel.

Wenn man nun den nervum der I. Rationis dubitandi ein wenig genauer erwegt, wird sich befinden, daß diese hauptsächlich darauff hinaus lauffe, das Amt derer Prediger sey ein Amt, das von der weltlichen Obrigkeit in geringsten nicht dependire, daß diese ihnen darinnen was fürzuschreiben solte Macht haben, sondern es dependire von GOtt alleine, weil es Christus unmittelbar eingesetzt habe. Und pflegt dann hierbey zum öfftern in dieser und andern dergleichen controversen aus der heiligen Schrifft angeführet zu werden, was dieselbe von der Macht der Propheten und Apostel lehret, das übrige nimmt man aus denen Exempeln der ersten Christlichen Kirchen, die man fein weit, und zum wenigsten bis auf die Zeiten der ersten 5. Seculorum auszudehnen pfleget, und hält sich dabey an längsten auff, weil man daselbst viel materie antrifft, damit man denen unverständigen einen Dunst für die Augen 1) Auß der unmittelbaren Einsetzung des Predig-Amts von Christo folget keines weges, daß solches nicht auch von Christlicher Obrigkeit dependire. Welches schon vonmachen könne. Nun sey es ferne, daß man dem Predigamt disputirlich machen wolte, daß es nicht von Christo unmittelbar sey eingesetzet worden. Alleine dieses kan man in geringsten nicht absehen, wie hieraus folgen wolle, daß das Predigamt deßhalb gantz independent sey, und daß ihm in Gebrauch desselben kein Einhalt von Christlicher Obrigkeit geschehen könne. Denn Anfangs (1) ist gar keine connexion zwischen beyden propositionibus, und hat solches schon zu seiner Zeit Grotius de jure summarum potestatum circa sacra c. 4. §. 1. gar schön ausgeführet: Quod non summae potestates sed Christus ipse Pastorale munus instituit, quod functionis suae regulas, quantum quidem ad ipsam muneris quasi substantiam attinet, a Christo accipiunt, non a summis Potestatibus, & quod eatenus Pastores non sunt summarum Potestatum sed Christi Vicarii: Haec omnia de jure Imperii nihil deminuere alia-

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[158/0166] & systematica arte halten alles unter einander zu werffen, und wie etwan die Leguleji und Rabulae mit dem Corpore juris umgehen, die dicta scripturae mit greulicher Marter auf falsche und gefährliche Lehren zu appliciren, auch falscher und sophistischer consequenzen, wenn nur dieselben von andern, die in Autorität sind, einmahl canonisiret worden, sich allenthalben zu bedienen, und als Glaubens-Articul darüber zu halten; daß man die untereinander geworffene Dinge kürtzlich separire, die zermarterten loca scripturae deutlich andeute, die sophistischen consequenzen handgreiflich weise, und alsdenn dem Leser überlasse, was er mit der also entlarfften und entblösseten unvernünfftigen, ja dem Pabstthum nunmehro gleichsehenden Autorität machen wolle. berhaupt zu beobachten. Wenn man nun den nervum der I. Rationis dubitandi ein wenig genauer erwegt, wird sich befinden, daß diese hauptsächlich darauff hinaus lauffe, das Amt derer Prediger sey ein Amt, das von der weltlichen Obrigkeit in geringsten nicht dependire, daß diese ihnen darinnen was fürzuschreiben solte Macht haben, sondern es dependire von GOtt alleine, weil es Christus unmittelbar eingesetzt habe. Und pflegt dann hierbey zum öfftern in dieser und andern dergleichen controversen aus der heiligen Schrifft angeführet zu werden, was dieselbe von der Macht der Propheten und Apostel lehret, das übrige nimmt man aus denen Exempeln der ersten Christlichen Kirchen, die man fein weit, und zum wenigsten bis auf die Zeiten der ersten 5. Seculorum auszudehnen pfleget, und hält sich dabey an längsten auff, weil man daselbst viel materie antrifft, damit man denen unverständigen einen Dunst für die Augen machen könne. Nun sey es ferne, daß man dem Predigamt disputirlich machen wolte, daß es nicht von Christo unmittelbar sey eingesetzet worden. Alleine dieses kan man in geringsten nicht absehen, wie hieraus folgen wolle, daß das Predigamt deßhalb gantz independent sey, und daß ihm in Gebrauch desselben kein Einhalt von Christlicher Obrigkeit geschehen könne. Denn Anfangs (1) ist gar keine connexion zwischen beyden propositionibus, und hat solches schon zu seiner Zeit Grotius de jure summarum potestatum circa sacra c. 4. §. 1. gar schön ausgeführet: Quod non summae potestates sed Christus ipse Pastorale munus instituit, quod functionis suae regulas, quantum quidem ad ipsam muneris quasi substantiam attinet, a Christo accipiunt, non a summis Potestatibus, & quod eatenus Pastores non sunt summarum Potestatum sed Christi Vicarii: Haec omnia de jure Imperii nihil deminuere alia- 1) Auß der unmittelbaren Einsetzung des Predig-Amts von Christo folget keines weges, daß solches nicht auch von Christlicher Obrigkeit dependire. Welches schon von

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/166>, abgerufen am 23.11.2024.