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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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duite inskünfftige etwas genauer zu überlegen, und sich bey der Sache dergestalt zu betragen, damit sie des gegen ihren Landes-Herrn schuldigen Respects nicht vergessen, noch auch dessen Jura, so ihm als summo Episcopo (wovor sie ihm in der Beylage N. 1. selbst erkennen müssen) zuständig, in Zweiffel ziehen solten; allein wie wenig man in der von denen Predigern geschöpfsten guten Hoffnung reussiret, zeiget ihr an Serenissimum anderweit abgelassenes Schreiben sub N. 3. Gleichwie nun Seine Durchlauchtigkeit diese Treustigkeit nicht wenig befremdet vorkommen, und sie billig Bedencken gehabt, ihnen Predigern zu verstatten, auswärtiger Theologorum, welche sie nach ihren Belieben choisiren wollen, consilia einzuhohlen, wie sie sich gegen Seiner Durchlauchtigkeit höchste Person selbst des Binde-Schlüssels gebrauchen sollten, da sie doch dieselbe vor ihren summum Episcopum erkennen, und sich also billig auch erinnern sollen, daß sie den Binde-Schlüssel, als einen Theil des Juris Episcopalis von höchstgedacht Seiner Durchlauchtigkeit gehabt, und ohne Dero oder des von Ihro geordneten Consistorii Bewilligung, desselbigen sich auch gegen keinen particulier eigenmächtig gebrauchen sollen, so haben sie in dero Conseil anliegende Resolution N. 4. abfassen und selbige denen Predigern auslieffern lassen, welchen zwar sonderlich ein und andere darinn enthaltene und dero Conduite angehende Expressiones nicht gefallen, und dahero selbige zu ändern verlanget, als man aber dabey Bedencken gehabt, so haben auch sie sich damit begnügen müssen. Nun haben zwar Zeit diesen offtgemeldte Prediger nichts weiter schrifftliches eingeben, alleines gehet kaum eine Predigt vorbey, da sie nicht entweder diese Sache berühren, oder des Herrn Hertzogs Durchlauchtigkeit per indirectum anzapffen, welches wenn es gleich den ungestandenen Fall erlaubet wäre, sie die Prediger dennoch darinn eine unzuläßige Conduite führen, daß sie dergleichen Dinge itzo auf die Cantzel bringen, da sie doch wissen, daß höchstgedacht Seine Durchlauchtigkeit in S. sich befindet, und also vergewissert sind, daß dieselbe in die Kirchen, wo sie predigen, nicht kommt, und also vorhero wissen daß auch ihre Predigten en egard Seiner Durchlauchtigkeit den etwa von ihnen darunter gesuchten Zweck nicht erhalten mögen, sondern nur die übrigen Zuhörer, als welche doch diese Sache nichts touchiret, unruhig machen; ja es gewinnet das Ansehen, als wenn auch andere Prediger im Lande von ihnen hierinn ein Exempel nehmen wollten: es ist demnach die Frage: 1.) Wie weit ein Prediger gegen seinen Landes-Herrn, welcher zugleich summus Episcopus mit ist, sich

duite inskünfftige etwas genauer zu überlegen, und sich bey der Sache dergestalt zu betragen, damit sie des gegen ihren Landes-Herrn schuldigen Respects nicht vergessen, noch auch dessen Jura, so ihm als summo Episcopo (wovor sie ihm in der Beylage N. 1. selbst erkennen müssen) zuständig, in Zweiffel ziehen solten; allein wie wenig man in der von denen Predigern geschöpfsten guten Hoffnung reussiret, zeiget ihr an Serenissimum anderweit abgelassenes Schreiben sub N. 3. Gleichwie nun Seine Durchlauchtigkeit diese Treustigkeit nicht wenig befremdet vorkommen, und sie billig Bedencken gehabt, ihnen Predigern zu verstatten, auswärtiger Theologorum, welche sie nach ihren Belieben choisiren wollen, consilia einzuhohlen, wie sie sich gegen Seiner Durchlauchtigkeit höchste Person selbst des Binde-Schlüssels gebrauchen sollten, da sie doch dieselbe vor ihren summum Episcopum erkennen, und sich also billig auch erinnern sollen, daß sie den Binde-Schlüssel, als einen Theil des Juris Episcopalis von höchstgedacht Seiner Durchlauchtigkeit gehabt, und ohne Dero oder des von Ihro geordneten Consistorii Bewilligung, desselbigen sich auch gegen keinen particulier eigenmächtig gebrauchen sollen, so haben sie in dero Conseil anliegende Resolution N. 4. abfassen und selbige denen Predigern auslieffern lassen, welchen zwar sonderlich ein und andere darinn enthaltene und dero Conduite angehende Expressiones nicht gefallen, und dahero selbige zu ändern verlanget, als man aber dabey Bedencken gehabt, so haben auch sie sich damit begnügen müssen. Nun haben zwar Zeit diesen offtgemeldte Prediger nichts weiter schrifftliches eingeben, alleines gehet kaum eine Predigt vorbey, da sie nicht entweder diese Sache berühren, oder des Herrn Hertzogs Durchlauchtigkeit per indirectum anzapffen, welches wenn es gleich den ungestandenen Fall erlaubet wäre, sie die Prediger dennoch darinn eine unzuläßige Conduite führen, daß sie dergleichen Dinge itzo auf die Cantzel bringen, da sie doch wissen, daß höchstgedacht Seine Durchlauchtigkeit in S. sich befindet, und also vergewissert sind, daß dieselbe in die Kirchen, wo sie predigen, nicht kommt, und also vorhero wissen daß auch ihre Predigten en egard Seiner Durchlauchtigkeit den etwa von ihnen darunter gesuchten Zweck nicht erhalten mögen, sondern nur die übrigen Zuhörer, als welche doch diese Sache nichts touchiret, unruhig machen; ja es gewinnet das Ansehen, als wenn auch andere Prediger im Lande von ihnen hierinn ein Exempel nehmen wollten: es ist demnach die Frage: 1.) Wie weit ein Prediger gegen seinen Landes-Herrn, welcher zugleich summus Episcopus mit ist, sich

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[106/0114] duite inskünfftige etwas genauer zu überlegen, und sich bey der Sache dergestalt zu betragen, damit sie des gegen ihren Landes-Herrn schuldigen Respects nicht vergessen, noch auch dessen Jura, so ihm als summo Episcopo (wovor sie ihm in der Beylage N. 1. selbst erkennen müssen) zuständig, in Zweiffel ziehen solten; allein wie wenig man in der von denen Predigern geschöpfsten guten Hoffnung reussiret, zeiget ihr an Serenissimum anderweit abgelassenes Schreiben sub N. 3. Gleichwie nun Seine Durchlauchtigkeit diese Treustigkeit nicht wenig befremdet vorkommen, und sie billig Bedencken gehabt, ihnen Predigern zu verstatten, auswärtiger Theologorum, welche sie nach ihren Belieben choisiren wollen, consilia einzuhohlen, wie sie sich gegen Seiner Durchlauchtigkeit höchste Person selbst des Binde-Schlüssels gebrauchen sollten, da sie doch dieselbe vor ihren summum Episcopum erkennen, und sich also billig auch erinnern sollen, daß sie den Binde-Schlüssel, als einen Theil des Juris Episcopalis von höchstgedacht Seiner Durchlauchtigkeit gehabt, und ohne Dero oder des von Ihro geordneten Consistorii Bewilligung, desselbigen sich auch gegen keinen particulier eigenmächtig gebrauchen sollen, so haben sie in dero Conseil anliegende Resolution N. 4. abfassen und selbige denen Predigern auslieffern lassen, welchen zwar sonderlich ein und andere darinn enthaltene und dero Conduite angehende Expressiones nicht gefallen, und dahero selbige zu ändern verlanget, als man aber dabey Bedencken gehabt, so haben auch sie sich damit begnügen müssen. Nun haben zwar Zeit diesen offtgemeldte Prediger nichts weiter schrifftliches eingeben, alleines gehet kaum eine Predigt vorbey, da sie nicht entweder diese Sache berühren, oder des Herrn Hertzogs Durchlauchtigkeit per indirectum anzapffen, welches wenn es gleich den ungestandenen Fall erlaubet wäre, sie die Prediger dennoch darinn eine unzuläßige Conduite führen, daß sie dergleichen Dinge itzo auf die Cantzel bringen, da sie doch wissen, daß höchstgedacht Seine Durchlauchtigkeit in S. sich befindet, und also vergewissert sind, daß dieselbe in die Kirchen, wo sie predigen, nicht kommt, und also vorhero wissen daß auch ihre Predigten en egard Seiner Durchlauchtigkeit den etwa von ihnen darunter gesuchten Zweck nicht erhalten mögen, sondern nur die übrigen Zuhörer, als welche doch diese Sache nichts touchiret, unruhig machen; ja es gewinnet das Ansehen, als wenn auch andere Prediger im Lande von ihnen hierinn ein Exempel nehmen wollten: es ist demnach die Frage: 1.) Wie weit ein Prediger gegen seinen Landes-Herrn, welcher zugleich summus Episcopus mit ist, sich

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/114>, abgerufen am 06.05.2024.