Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.Religion, ingleichen von Babel und Anti-Christ.Religion mehr Gefahr habe, als bey andern. Ob es nun zwar an der Gefahr darinn nicht mangeln möchte, so finden wir doch unter unsern Evangelischen Lehrern verschiedene, welche die Reformirte Religion noch viel gefährlicher angesehen, massen nicht allein D. Hoe anno 1620. von Dreßden ausdrücklich geschrieben: daß wohl 99. Punckte wären, darinn die Reformirten mit den Türcken und Arrianern übereinstimmeten, sondern auch nach ihm ein Prediger in Meissen sich öffentlich vernehmen lassen, daß 200. greuliche Ketzereyen die Reformirte zu beschuldigen wären. Woraus denn zum wenigsten dieses zu ersehen, daß solcheriey Gedancken gegen eine Religion in vielen Dingen wohl mehr von denen Imputationen und von denen wieder eine Religion aus vorgefasten Meynungen entsprossenen Wiedersinn als aus der Sache selbst herrühre, sonderlich aber übernimmt Herr D. Spener allhier, zu urgiren, daß der Pabst sey der 2. Thess. 2. geweissagete und beschriebene Anti-Christ, welche Meynung allem Ansehen nach auch der gantze Grund des abgefasseten Responsi ist. Allein, da er nicht sattsam genug erweiset, daß Babylon die Römische Kirche und der Anti-Christ der Pabst selbst sey, die Patres und sehr viel andre Doctores hingegen einen gantz andern Sinn hier demonstriren, als kan dieses kein fester Grund seyn, und seine Thesin nicht sattsam erweisen. Womit auch zugleich der 7. Grund hinfällt, als wovon die wahre Meynung noch erst recht gründlich muß deduciret werden, obwohl nicht zu leugnen ist, daß vor dem einige Päbste sich nicht anders als Anti-Christen erwiesen, wie auch wohl mancher Ober- oder Generalissimus Superintendens unter uns sich nicht viel besser erweiset. Coccejus, welcher sonst damit umgehet, daß er den Römischen Pabst den Anti-Christ zu seyn beweise, darf doch nicht insgemein die Römische Babylon nennen, sondern schreibet in seinem Tractat de Ecclesia & Babylone §. 94. welcher in seinem Tom. 7. zu finden, vielmehr also: Ich nenne nicht schlechterdings die Römische Kirche Babylon, sondern alle Bischöffe, alle Priester und Doctores, welche die Wahrheit der Gerechtigkeit GOttes und des Reichs Christi nicht lehren, wie man denn ja vielfältig auch auf unsern Cantzeln höret, daß aller gottlose Hauffe auch unter den Lutherischen Babylon genennet werde. Beschluß.Man hätte zwar hier Gelegenheit, die Materie von Babylon und Anti-Christo weitläufftiger auszuführen, weil aber das vorhergehende schon über Vermuthen in viele Blätter angewachsen, will solches auf eine andere Zeit verschieben, massen bey gegenwärtiger Erweisung, daß Religion, ingleichen von Babel und Anti-Christ.Religion mehr Gefahr habe, als bey andern. Ob es nun zwar an der Gefahr darinn nicht mangeln möchte, so finden wir doch unter unsern Evangelischen Lehrern verschiedene, welche die Reformirte Religion noch viel gefährlicher angesehen, massen nicht allein D. Hoë anno 1620. von Dreßden ausdrücklich geschrieben: daß wohl 99. Punckte wären, darinn die Reformirten mit den Türcken und Arrianern übereinstimmeten, sondern auch nach ihm ein Prediger in Meissen sich öffentlich vernehmen lassen, daß 200. greuliche Ketzereyen die Reformirte zu beschuldigen wären. Woraus denn zum wenigsten dieses zu ersehen, daß solcheriey Gedancken gegen eine Religion in vielen Dingen wohl mehr von denen Imputationen und von denen wieder eine Religion aus vorgefasten Meynungen entsprossenen Wiedersinn als aus der Sache selbst herrühre, sonderlich aber übernimmt Herr D. Spener allhier, zu urgiren, daß der Pabst sey der 2. Thess. 2. geweissagete und beschriebene Anti-Christ, welche Meynung allem Ansehen nach auch der gantze Grund des abgefasseten Responsi ist. Allein, da er nicht sattsam genug erweiset, daß Babylon die Römische Kirche und der Anti-Christ der Pabst selbst sey, die Patres und sehr viel andre Doctores hingegen einen gantz andern Sinn hier demonstriren, als kan dieses kein fester Grund seyn, und seine Thesin nicht sattsam erweisen. Womit auch zugleich der 7. Grund hinfällt, als wovon die wahre Meynung noch erst recht gründlich muß deduciret werden, obwohl nicht zu leugnen ist, daß vor dem einige Päbste sich nicht anders als Anti-Christen erwiesen, wie auch wohl mancher Ober- oder Generalissimus Superintendens unter uns sich nicht viel besser erweiset. Coccejus, welcher sonst damit umgehet, daß er den Römischen Pabst den Anti-Christ zu seyn beweise, darf doch nicht insgemein die Römische Babylon nennen, sondern schreibet in seinem Tractat de Ecclesia & Babylone §. 94. welcher in seinem Tom. 7. zu finden, vielmehr also: Ich nenne nicht schlechterdings die Römische Kirche Babylon, sondern alle Bischöffe, alle Priester und Doctores, welche die Wahrheit der Gerechtigkeit GOttes und des Reichs Christi nicht lehren, wie man denn ja vielfältig auch auf unsern Cantzeln höret, daß aller gottlose Hauffe auch unter den Lutherischen Babylon genennet werde. Beschluß.Man hätte zwar hier Gelegenheit, die Materie von Babylon und Anti-Christo weitläufftiger auszuführen, weil aber das vorhergehende schon über Vermuthen in viele Blätter angewachsen, will solches auf eine andere Zeit verschieben, massen bey gegenwärtiger Erweisung, daß <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0104" n="96"/><note place="left">Religion, ingleichen von Babel und Anti-Christ.</note>Religion mehr Gefahr habe, als bey andern. Ob es nun zwar an der Gefahr darinn nicht mangeln möchte, so finden wir doch unter unsern Evangelischen Lehrern verschiedene, welche die Reformirte Religion noch viel gefährlicher angesehen, massen nicht allein D. Hoë anno 1620. von Dreßden ausdrücklich geschrieben: daß wohl 99. Punckte wären, darinn die Reformirten mit den Türcken und Arrianern übereinstimmeten, sondern auch nach ihm ein Prediger in Meissen sich öffentlich vernehmen lassen, daß 200. greuliche Ketzereyen die Reformirte zu beschuldigen wären. Woraus denn zum wenigsten dieses zu ersehen, daß solcheriey Gedancken gegen eine Religion in vielen Dingen wohl mehr von denen Imputationen und von denen wieder eine Religion aus vorgefasten Meynungen entsprossenen Wiedersinn als aus der Sache selbst herrühre, sonderlich aber übernimmt Herr D. Spener allhier, zu urgiren, daß der Pabst sey der 2. Thess. 2. geweissagete und beschriebene Anti-Christ, welche Meynung allem Ansehen nach auch der gantze Grund des abgefasseten Responsi ist. Allein, da er nicht sattsam genug erweiset, daß Babylon die Römische Kirche und der Anti-Christ der Pabst selbst sey, die Patres und sehr viel andre Doctores hingegen einen gantz andern Sinn hier demonstriren, als kan dieses kein fester Grund seyn, und seine Thesin nicht sattsam erweisen.</p> <note place="left">Auf das 7. daß es heute noch gefährlicher in der Römischen Kirche aussehe.</note> <p>Womit auch zugleich der 7. Grund hinfällt, als wovon die wahre Meynung noch erst recht gründlich muß deduciret werden, obwohl nicht zu leugnen ist, daß vor dem einige Päbste sich nicht anders als Anti-Christen erwiesen, wie auch wohl mancher Ober- oder Generalissimus Superintendens unter uns sich nicht viel besser erweiset. Coccejus, welcher sonst damit umgehet, daß er den Römischen Pabst den Anti-Christ zu seyn beweise, darf doch nicht insgemein die Römische Babylon nennen, sondern schreibet in seinem Tractat de Ecclesia & Babylone §. 94. welcher in seinem Tom. 7. zu finden, vielmehr also: Ich nenne nicht schlechterdings die Römische Kirche Babylon, sondern alle Bischöffe, alle Priester und <hi rendition="#i">Doctores</hi>, welche die Wahrheit der Gerechtigkeit GOttes und des Reichs Christi nicht lehren, wie man denn ja vielfältig auch auf unsern Cantzeln höret, daß aller gottlose Hauffe auch unter den Lutherischen Babylon genennet werde.</p> <note place="left">Beschluß.</note> <p>Man hätte zwar hier Gelegenheit, die Materie von Babylon und Anti-Christo weitläufftiger auszuführen, weil aber das vorhergehende schon über Vermuthen in viele Blätter angewachsen, will solches auf eine andere Zeit verschieben, massen bey gegenwärtiger Erweisung, daß </p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0104]
Religion mehr Gefahr habe, als bey andern. Ob es nun zwar an der Gefahr darinn nicht mangeln möchte, so finden wir doch unter unsern Evangelischen Lehrern verschiedene, welche die Reformirte Religion noch viel gefährlicher angesehen, massen nicht allein D. Hoë anno 1620. von Dreßden ausdrücklich geschrieben: daß wohl 99. Punckte wären, darinn die Reformirten mit den Türcken und Arrianern übereinstimmeten, sondern auch nach ihm ein Prediger in Meissen sich öffentlich vernehmen lassen, daß 200. greuliche Ketzereyen die Reformirte zu beschuldigen wären. Woraus denn zum wenigsten dieses zu ersehen, daß solcheriey Gedancken gegen eine Religion in vielen Dingen wohl mehr von denen Imputationen und von denen wieder eine Religion aus vorgefasten Meynungen entsprossenen Wiedersinn als aus der Sache selbst herrühre, sonderlich aber übernimmt Herr D. Spener allhier, zu urgiren, daß der Pabst sey der 2. Thess. 2. geweissagete und beschriebene Anti-Christ, welche Meynung allem Ansehen nach auch der gantze Grund des abgefasseten Responsi ist. Allein, da er nicht sattsam genug erweiset, daß Babylon die Römische Kirche und der Anti-Christ der Pabst selbst sey, die Patres und sehr viel andre Doctores hingegen einen gantz andern Sinn hier demonstriren, als kan dieses kein fester Grund seyn, und seine Thesin nicht sattsam erweisen.
Religion, ingleichen von Babel und Anti-Christ. Womit auch zugleich der 7. Grund hinfällt, als wovon die wahre Meynung noch erst recht gründlich muß deduciret werden, obwohl nicht zu leugnen ist, daß vor dem einige Päbste sich nicht anders als Anti-Christen erwiesen, wie auch wohl mancher Ober- oder Generalissimus Superintendens unter uns sich nicht viel besser erweiset. Coccejus, welcher sonst damit umgehet, daß er den Römischen Pabst den Anti-Christ zu seyn beweise, darf doch nicht insgemein die Römische Babylon nennen, sondern schreibet in seinem Tractat de Ecclesia & Babylone §. 94. welcher in seinem Tom. 7. zu finden, vielmehr also: Ich nenne nicht schlechterdings die Römische Kirche Babylon, sondern alle Bischöffe, alle Priester und Doctores, welche die Wahrheit der Gerechtigkeit GOttes und des Reichs Christi nicht lehren, wie man denn ja vielfältig auch auf unsern Cantzeln höret, daß aller gottlose Hauffe auch unter den Lutherischen Babylon genennet werde.
Man hätte zwar hier Gelegenheit, die Materie von Babylon und Anti-Christo weitläufftiger auszuführen, weil aber das vorhergehende schon über Vermuthen in viele Blätter angewachsen, will solches auf eine andere Zeit verschieben, massen bey gegenwärtiger Erweisung, daß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |