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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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erdulden. Allein da man in bürgerlichen Contracten denen Catholischen gleichwohl noch trauet, deucht mich, daß man in einem getroffenen Vergleich, der die Seele angehet, ihnen nicht alle Treue absprechen solle, wie es denn ja ohnedem der Christlichen Liebe entgegen ist, auf den Nächsten zu argwohnen, da er noch biß dato dazu keine Gelegenheit giebet.

b.) Von der neuen Glaubens-Bekänntnüsse.

Es scheinet aber, es habe auch hiergegen Herr D. Spener einzuwenden, daß man ohne Grund solches nicht argwohne, massen, was in denen dispensationibus gegeben, solches in der allgemeinen professione fidei wieder genommen werde. Ich antworte aber hierauf aus einigen concessis des Herrn D. Speners selbsten, wenn er in einem andern Bedencken dieses 7. Cap. seiner theologischen Brieffe Art. 1. sect. 32. p. 151. also schreibet: Ich weiß, daß viele Leuthe in ihrer Römischen Communion der Wahrheit gemäße Gedancken haben, und zuweiln ohngescheut sich heraus lassen, und darauf ein Exempel anführet, daß ein großer Pater Generalis einer berühmten Societät in Rom einen Lutherischen Doctorem beym Abschied embarassirt und gesagt, daß er von allen denen, welche von Hertzen an Christum gläubten, und ihm mit Ernst dieneten, die Hoffnung der Seeligkeit habe, und also auch ihn in der Seeligkeit zu sehen hoffe. Von welcherley moderaten Leuthen bey den Catholischen seeliger Herr D. Spener in unsern vorhabenden seinen Bedencken pag. 361. schreibet, daß, wenn sie gleich von ihrer Kirche nicht ausgiengen, und noch einige Irrthümer nicht kenneten, so bewahre doch GOtt dero Seele, daß es ihnen nicht schaden möge, woraus folgendergestalt gegen Herrn D. Spenern mit allem Fug geantwortet werden mag, können unter denen Catholischen, die zu ihrer allgemeinen professionem fidei sich auch bekennen, doch einige seyn, die dem ohngeachtet doch andere Christliche Gedancken führen, und für sich Reservata haben, die etwa mit den eusserlichen Worten solcher Profession nicht überein kommen, und man auch sonst am Päbstlichen Hoffe nicht dulden möchte, warum kan denn auch nicht eine zu ihnen übergehende Printzeßin gewisse Reservata haben.

c.) Von gebohrnen Catholicken.

Spricht Herr D. Spener, ja GOtt hat dorten Ursache, solche Leuthe unter dem Pabstthum zu behalten, daß sie noch einiges gutesstifften? Ey warum will man dann in diesem Fall solches Gute der Direction GOttes abschneiden, da vielleicht durch eine Printzeßin, die in der Evangelischen Kirchen erzogen, an solchen fernen Orte zum wenigsten die

erdulden. Allein da man in bürgerlichen Contracten denen Catholischen gleichwohl noch trauet, deucht mich, daß man in einem getroffenen Vergleich, der die Seele angehet, ihnen nicht alle Treue absprechen solle, wie es denn ja ohnedem der Christlichen Liebe entgegen ist, auf den Nächsten zu argwohnen, da er noch biß dato dazu keine Gelegenheit giebet.

b.) Von der neuen Glaubens-Bekänntnüsse.

Es scheinet aber, es habe auch hiergegen Herr D. Spener einzuwenden, daß man ohne Grund solches nicht argwohne, massen, was in denen dispensationibus gegeben, solches in der allgemeinen professione fidei wieder genommen werde. Ich antworte aber hierauf aus einigen concessis des Herrn D. Speners selbsten, wenn er in einem andern Bedencken dieses 7. Cap. seiner theologischen Brieffe Art. 1. sect. 32. p. 151. also schreibet: Ich weiß, daß viele Leuthe in ihrer Römischen Communion der Wahrheit gemäße Gedancken haben, und zuweiln ohngescheut sich heraus lassen, und darauf ein Exempel anführet, daß ein großer Pater Generalis einer berühmten Societät in Rom einen Lutherischen Doctorem beym Abschied embarassirt und gesagt, daß er von allen denen, welche von Hertzen an Christum gläubten, und ihm mit Ernst dieneten, die Hoffnung der Seeligkeit habe, und also auch ihn in der Seeligkeit zu sehen hoffe. Von welcherley moderaten Leuthen bey den Catholischen seeliger Herr D. Spener in unsern vorhabenden seinen Bedencken pag. 361. schreibet, daß, wenn sie gleich von ihrer Kirche nicht ausgiengen, und noch einige Irrthümer nicht kenneten, so bewahre doch GOtt dero Seele, daß es ihnen nicht schaden möge, woraus folgendergestalt gegen Herrn D. Spenern mit allem Fug geantwortet werden mag, können unter denen Catholischen, die zu ihrer allgemeinen professionem fidei sich auch bekennen, doch einige seyn, die dem ohngeachtet doch andere Christliche Gedancken führen, und für sich Reservata haben, die etwa mit den eusserlichen Worten solcher Profession nicht überein kommen, und man auch sonst am Päbstlichen Hoffe nicht dulden möchte, warum kan denn auch nicht eine zu ihnen übergehende Printzeßin gewisse Reservata haben.

c.) Von gebohrnen Catholicken.

Spricht Herr D. Spener, ja GOtt hat dorten Ursache, solche Leuthe unter dem Pabstthum zu behalten, daß sie noch einiges gutesstifften? Ey warum will man dann in diesem Fall solches Gute der Direction GOttes abschneiden, da vielleicht durch eine Printzeßin, die in der Evangelischen Kirchen erzogen, an solchen fernen Orte zum wenigsten die

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[94/0102] erdulden. Allein da man in bürgerlichen Contracten denen Catholischen gleichwohl noch trauet, deucht mich, daß man in einem getroffenen Vergleich, der die Seele angehet, ihnen nicht alle Treue absprechen solle, wie es denn ja ohnedem der Christlichen Liebe entgegen ist, auf den Nächsten zu argwohnen, da er noch biß dato dazu keine Gelegenheit giebet. Es scheinet aber, es habe auch hiergegen Herr D. Spener einzuwenden, daß man ohne Grund solches nicht argwohne, massen, was in denen dispensationibus gegeben, solches in der allgemeinen professione fidei wieder genommen werde. Ich antworte aber hierauf aus einigen concessis des Herrn D. Speners selbsten, wenn er in einem andern Bedencken dieses 7. Cap. seiner theologischen Brieffe Art. 1. sect. 32. p. 151. also schreibet: Ich weiß, daß viele Leuthe in ihrer Römischen Communion der Wahrheit gemäße Gedancken haben, und zuweiln ohngescheut sich heraus lassen, und darauf ein Exempel anführet, daß ein großer Pater Generalis einer berühmten Societät in Rom einen Lutherischen Doctorem beym Abschied embarassirt und gesagt, daß er von allen denen, welche von Hertzen an Christum gläubten, und ihm mit Ernst dieneten, die Hoffnung der Seeligkeit habe, und also auch ihn in der Seeligkeit zu sehen hoffe. Von welcherley moderaten Leuthen bey den Catholischen seeliger Herr D. Spener in unsern vorhabenden seinen Bedencken pag. 361. schreibet, daß, wenn sie gleich von ihrer Kirche nicht ausgiengen, und noch einige Irrthümer nicht kenneten, so bewahre doch GOtt dero Seele, daß es ihnen nicht schaden möge, woraus folgendergestalt gegen Herrn D. Spenern mit allem Fug geantwortet werden mag, können unter denen Catholischen, die zu ihrer allgemeinen professionem fidei sich auch bekennen, doch einige seyn, die dem ohngeachtet doch andere Christliche Gedancken führen, und für sich Reservata haben, die etwa mit den eusserlichen Worten solcher Profession nicht überein kommen, und man auch sonst am Päbstlichen Hoffe nicht dulden möchte, warum kan denn auch nicht eine zu ihnen übergehende Printzeßin gewisse Reservata haben. Spricht Herr D. Spener, ja GOtt hat dorten Ursache, solche Leuthe unter dem Pabstthum zu behalten, daß sie noch einiges gutesstifften? Ey warum will man dann in diesem Fall solches Gute der Direction GOttes abschneiden, da vielleicht durch eine Printzeßin, die in der Evangelischen Kirchen erzogen, an solchen fernen Orte zum wenigsten die

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/102>, abgerufen am 25.11.2024.