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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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Schluß, daß in dem Ubertritt kein Abfall von Christo sey.

Wann demnach nun inzwischen die Rechtfertigung eines armen Sünders für GOtt durch das eintzige Verdienst Christi bey der Römischen Kirche in salvo bleibet, welches ja der Haupt-Grund des Christenthums ist, so ist dahero klar und offenbar, daß aller und jeder Ubertritt zur Catholischen Religion, wo man dabey in acht nimmt, was in acht zu nehmen in einigen reiflichen Uberlegungen angezeiget worden, kein Abfall und keine Verleugnung Christi sey, und also der Spruch Christi Matth. 10. darauff nicht könne gedeutet werden, wie denn auch der context selber zeiget, daß er auf die ziele, die Christi Lehre und der Apostel Predigten gar nicht wollten annehmen, welches ja überhaupt, wie Herr Spener selbst gestehen muß, von der Catholischen Kirche nicht kan gesaget werden.

Was bey dem Luca heisse, sich der Worte Christi schämen.

Zwar will Herr D. Spener durch das 9. Cap. Lucae erklären, was vor ein verleugnen Matth. 10. verstanden werde, und daher deduciren, daß das Verleugnen insonderheit auf Christi Worte gehe, und solcher Meynung nach, alle die Christum verleugnen, welche, ob sie schon seinem Wort nicht feind sind, dennoch solches nicht so viel wehrt achten, daß man um desselbigen Willen einiges Ungemach leide, oder einen zeitlichen Vortheil aus der Acht lasse. Allein wo wir das vorhergehende bey dem Matth. 10. ansehen, so erkläret es sich von selbsten, was für ein verleugnen verstanden werde, nehmlich ein solch verleugnen, da man Christum für den Mittler unserer Seeligkeit nicht achten will, welches aber, wie schon oben deduciret, von den Catholischen nicht gesaget werden kan, sondern nur zu hart bißhero ihnen imputiret worden ist, oh sie wohl biß heute kräfftig dawieder protestiren. Sollte aber Herr D. Spener, damit die controvers, die wegen der göttlichen Schrifft, dero Autorität, Vollkommenheit und Deutlichkeit, wie auch deren Freyheit zu lesen, zwischen ihnen und uns geführet wird, anstechen wollen, so ist das eine solche Sache, welche durch eine redliche explication und Aenderung dessen, was man einseitig sich angemasset, mit GOttes Hülff auszumachen stehet, und einer Dame, welcher lectio & scrutatio scripturae überlassen wird, nicht hinderlich seyn kan; und wenn dann dieselbe bey der Bekänntnüß zu der Catholischen Religion bleibet bey einerley Glauben, den sie vorher gehabt, auch das weltliche interesse nicht lässet ihren primarium scopum oder vornehmsten Zweck seyn, sondern göttliche direction, darinn forschet, erkennet und folget, so kan solches, da sie in gremio der allgemeinen Kirche bleibet, der Römischen Mißbräuche sich nicht theilhafftig

Schluß, daß in dem Ubertritt kein Abfall von Christo sey.

Wann demnach nun inzwischen die Rechtfertigung eines armen Sünders für GOtt durch das eintzige Verdienst Christi bey der Römischen Kirche in salvo bleibet, welches ja der Haupt-Grund des Christenthums ist, so ist dahero klar und offenbar, daß aller und jeder Ubertritt zur Catholischen Religion, wo man dabey in acht nimmt, was in acht zu nehmen in einigen reiflichen Uberlegungen angezeiget worden, kein Abfall und keine Verleugnung Christi sey, und also der Spruch Christi Matth. 10. darauff nicht könne gedeutet werden, wie denn auch der context selber zeiget, daß er auf die ziele, die Christi Lehre und der Apostel Predigten gar nicht wollten annehmen, welches ja überhaupt, wie Herr Spener selbst gestehen muß, von der Catholischen Kirche nicht kan gesaget werden.

Was bey dem Luca heisse, sich der Worte Christi schämen.

Zwar will Herr D. Spener durch das 9. Cap. Lucae erklären, was vor ein verleugnen Matth. 10. verstanden werde, und daher deduciren, daß das Verleugnen insonderheit auf Christi Worte gehe, und solcher Meynung nach, alle die Christum verleugnen, welche, ob sie schon seinem Wort nicht feind sind, dennoch solches nicht so viel wehrt achten, daß man um desselbigen Willen einiges Ungemach leide, oder einen zeitlichen Vortheil aus der Acht lasse. Allein wo wir das vorhergehende bey dem Matth. 10. ansehen, so erkläret es sich von selbsten, was für ein verleugnen verstanden werde, nehmlich ein solch verleugnen, da man Christum für den Mittler unserer Seeligkeit nicht achten will, welches aber, wie schon oben deduciret, von den Catholischen nicht gesaget werden kan, sondern nur zu hart bißhero ihnen imputiret worden ist, oh sie wohl biß heute kräfftig dawieder protestiren. Sollte aber Herr D. Spener, damit die controvers, die wegen der göttlichen Schrifft, dero Autorität, Vollkommenheit und Deutlichkeit, wie auch deren Freyheit zu lesen, zwischen ihnen und uns geführet wird, anstechen wollen, so ist das eine solche Sache, welche durch eine redliche explication und Aenderung dessen, was man einseitig sich angemasset, mit GOttes Hülff auszumachen stehet, und einer Dame, welcher lectio & scrutatio scripturae überlassen wird, nicht hinderlich seyn kan; und wenn dann dieselbe bey der Bekänntnüß zu der Catholischen Religion bleibet bey einerley Glauben, den sie vorher gehabt, auch das weltliche interesse nicht lässet ihren primarium scopum oder vornehmsten Zweck seyn, sondern göttliche direction, darinn forschet, erkennet und folget, so kan solches, da sie in gremio der allgemeinen Kirche bleibet, der Römischen Mißbräuche sich nicht theilhafftig

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[92/0100] Wann demnach nun inzwischen die Rechtfertigung eines armen Sünders für GOtt durch das eintzige Verdienst Christi bey der Römischen Kirche in salvo bleibet, welches ja der Haupt-Grund des Christenthums ist, so ist dahero klar und offenbar, daß aller und jeder Ubertritt zur Catholischen Religion, wo man dabey in acht nimmt, was in acht zu nehmen in einigen reiflichen Uberlegungen angezeiget worden, kein Abfall und keine Verleugnung Christi sey, und also der Spruch Christi Matth. 10. darauff nicht könne gedeutet werden, wie denn auch der context selber zeiget, daß er auf die ziele, die Christi Lehre und der Apostel Predigten gar nicht wollten annehmen, welches ja überhaupt, wie Herr Spener selbst gestehen muß, von der Catholischen Kirche nicht kan gesaget werden. Zwar will Herr D. Spener durch das 9. Cap. Lucae erklären, was vor ein verleugnen Matth. 10. verstanden werde, und daher deduciren, daß das Verleugnen insonderheit auf Christi Worte gehe, und solcher Meynung nach, alle die Christum verleugnen, welche, ob sie schon seinem Wort nicht feind sind, dennoch solches nicht so viel wehrt achten, daß man um desselbigen Willen einiges Ungemach leide, oder einen zeitlichen Vortheil aus der Acht lasse. Allein wo wir das vorhergehende bey dem Matth. 10. ansehen, so erkläret es sich von selbsten, was für ein verleugnen verstanden werde, nehmlich ein solch verleugnen, da man Christum für den Mittler unserer Seeligkeit nicht achten will, welches aber, wie schon oben deduciret, von den Catholischen nicht gesaget werden kan, sondern nur zu hart bißhero ihnen imputiret worden ist, oh sie wohl biß heute kräfftig dawieder protestiren. Sollte aber Herr D. Spener, damit die controvers, die wegen der göttlichen Schrifft, dero Autorität, Vollkommenheit und Deutlichkeit, wie auch deren Freyheit zu lesen, zwischen ihnen und uns geführet wird, anstechen wollen, so ist das eine solche Sache, welche durch eine redliche explication und Aenderung dessen, was man einseitig sich angemasset, mit GOttes Hülff auszumachen stehet, und einer Dame, welcher lectio & scrutatio scripturae überlassen wird, nicht hinderlich seyn kan; und wenn dann dieselbe bey der Bekänntnüß zu der Catholischen Religion bleibet bey einerley Glauben, den sie vorher gehabt, auch das weltliche interesse nicht lässet ihren primarium scopum oder vornehmsten Zweck seyn, sondern göttliche direction, darinn forschet, erkennet und folget, so kan solches, da sie in gremio der allgemeinen Kirche bleibet, der Römischen Mißbräuche sich nicht theilhafftig

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Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/100>, abgerufen am 22.11.2024.