Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.nunmehro in die 17. an allen ersinnlichen kostbahren Artzeney Mitteln zwar nichts ermangeln lassen, nichts desto minder ist der Cajae Zufall von Tage zu Tage schlimmer worden, so daß die Medici an ihrer Genesung selbst zweiffeln und den Affectum pro incurabili halten, auch so gefährlich vorstellen, daß man sich dabey einer Contagion zu besorgen, und es hat die Caja da sie nunmehro in die 10. Jahr, gantz lahm und bettlägerig gewesen, und weiter nicht kommen können, als wohin sie die Magd mit Tüchern gehoben, weder des Sempronii Haußhaltung versehen, noch demselben die eheliche Pflicht leisten können, immittelst befindet sich derselbe noch in einen so vigorösen Alter daß er sich länger zu enthalten nicht getrauet, dahero der Hr. berichtet seyn will, Ob nicht dieses unglückseelige Matrimonium quoad vineulum getrennet, und Sempronio sich anderweit zu verheyrathen nachgelassen werden könne: Ob nun wohl derselbe vor Sempronium anfänglich anführet, daß von dem Apostel 1. Cor. 7. v. 9. gesagt werde: es sey besser freyen als Brunst leiden, welches ob rationis generalitatem nicht nur von ehelosen Personen, sondern auch von denenjenigen Eheleuten, da der eine Theil die eheliche Pflicht zuleisten nicht vermöchte, und selbige mehr ausser als in der Ehe lebeten zu verstehen sey, hierdurch auch des Sempronii Gewissen gerathen, dessen Haußhaltung verbessert, und vielen besorglichen Inconvenientien abgeholffen werden würde, hiernechst aber die Caja, da sie wegen stetwehrender Bettlägerichkeit weder die Haußhaltung zu führen noch dem Sempronio ehelich zu begegnen geschickt, pro civiliter mortua und weil weder finis primarius noch secundarius matrimonii mehr zu erlangen, die Ehe selbst vor erloschen billig zu halten wäre, überdiß der Sempronius sich seines Orths eines Contagii zu befahren, im übrigen aber von denen Doctoribus die dissolutio matrimonii ob morbum gallicum zugelassen würde, welchem dieser affectus cancrinus incurabilis billig gleich zu achten, und endlich der in Bericht angeführte Brücknerus in decisionibus matrimonialibus die affirmativam quaestionis weitläufftig ausgeführet hätte; Dieweiln aber dennoch auch bey denen Protestirenden so wohl von denen Theologis als ICtis keine andere Ursachen der dissolutionis matrimonii quoad vinculum als Ehebruch und malitiosa desertio oder was zu diesen beyden Stücken gerechnet werden kan, zugelassen werden, nicht weniger per observantiam Judiciorum Ecclesiasticorum ausgemacht, daß weder furor, noch impotentia oder morbus contagiosus superveniens die Ehe gäntzlich zertrennen könne, es sey denn daß der eine Theil durch seine Schuld oder Boßheit sich dergleichen Zufall zugezogen, und sich zur ehelicher Pflicht untüchtig gemacht hätte, ausser deme aber der eine Ehegatte des andern Unglück dem bey der Copulirung vor Gottes Angesicht beschehenen Versprechen nach, billig mit Gedult zu tragen hat, wie dann in gegenwärtigen Fall daß die Caja ihren Zufall selbst verursachet, nicht zu finden, ingleichen solcher allerdings da er erst nunmehro in die 17. an allen ersinnlichen kostbahren Artzeney Mitteln zwar nichts ermangeln lassen, nichts desto minder ist der Cajae Zufall von Tage zu Tage schlimmer worden, so daß die Medici an ihrer Genesung selbst zweiffeln und den Affectum pro incurabili halten, auch so gefährlich vorstellen, daß man sich dabey einer Contagion zu besorgen, und es hat die Caja da sie nunmehro in die 10. Jahr, gantz lahm und bettlägerig gewesen, und weiter nicht kommen können, als wohin sie die Magd mit Tüchern gehoben, weder des Sempronii Haußhaltung versehen, noch demselben die eheliche Pflicht leisten können, immittelst befindet sich derselbe noch in einen so vigorösen Alter daß er sich länger zu enthalten nicht getrauet, dahero der Hr. berichtet seyn will, Ob nicht dieses unglückseelige Matrimonium quoad vineulum getrennet, und Sempronio sich anderweit zu verheyrathen nachgelassen werden könne: Ob nun wohl derselbe vor Sempronium anfänglich anführet, daß von dem Apostel 1. Cor. 7. v. 9. gesagt werde: es sey besser freyen als Brunst leiden, welches ob rationis generalitatem nicht nur von ehelosen Personen, sondern auch von denenjenigen Eheleuten, da der eine Theil die eheliche Pflicht zuleisten nicht vermöchte, und selbige mehr ausser als in der Ehe lebeten zu verstehen sey, hierdurch auch des Sempronii Gewissen gerathen, dessen Haußhaltung verbessert, und vielen besorglichen Inconvenientien abgeholffen werden würde, hiernechst aber die Caja, da sie wegen stetwehrender Bettlägerichkeit weder die Haußhaltung zu führen noch dem Sempronio ehelich zu begegnen geschickt, pro civiliter mortua und weil weder finis primarius noch secundarius matrimonii mehr zu erlangen, die Ehe selbst vor erloschen billig zu halten wäre, überdiß der Sempronius sich seines Orths eines Contagii zu befahren, im übrigen aber von denen Doctoribus die dissolutio matrimonii ob morbum gallicum zugelassen würde, welchem dieser affectus cancrinus incurabilis billig gleich zu achten, und endlich der in Bericht angeführte Brücknerus in decisionibus matrimonialibus die affirmativam quaestionis weitläufftig ausgeführet hätte; Dieweiln aber dennoch auch bey denen Protestirenden so wohl von denen Theologis als ICtis keine andere Ursachen der dissolutionis matrimonii quoad vinculum als Ehebruch und malitiosa desertio oder was zu diesen beyden Stücken gerechnet werden kan, zugelassen werden, nicht weniger per observantiam Judiciorum Ecclesiasticorum ausgemacht, daß weder furor, noch impotentia oder morbus contagiosus superveniens die Ehe gäntzlich zertrennen könne, es sey denn daß der eine Theil durch seine Schuld oder Boßheit sich dergleichen Zufall zugezogen, und sich zur ehelicher Pflicht untüchtig gemacht hätte, ausser deme aber der eine Ehegatte des andern Unglück dem bey der Copulirung vor Gottes Angesicht beschehenen Versprechen nach, billig mit Gedult zu tragen hat, wie dann in gegenwärtigen Fall daß die Caja ihren Zufall selbst verursachet, nicht zu finden, ingleichen solcher allerdings da er erst <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0363" n="357"/> nunmehro in die 17. an allen ersinnlichen kostbahren Artzeney Mitteln zwar nichts ermangeln lassen, nichts desto minder ist der Cajae Zufall von Tage zu Tage schlimmer worden, so daß die Medici an ihrer Genesung selbst zweiffeln und den Affectum pro incurabili halten, auch so gefährlich vorstellen, daß man sich dabey einer Contagion zu besorgen, und es hat die Caja da sie nunmehro in die 10. Jahr, gantz lahm und bettlägerig gewesen, und weiter nicht kommen können, als wohin sie die Magd mit Tüchern gehoben, weder des Sempronii Haußhaltung versehen, noch demselben die eheliche Pflicht leisten können, immittelst befindet sich derselbe noch in einen so vigorösen Alter daß er sich länger zu enthalten nicht getrauet, dahero der Hr. berichtet seyn will, Ob nicht dieses unglückseelige <hi rendition="#i">Matrimonium quoad vineulum</hi> getrennet, und <hi rendition="#i">Sempronio</hi> sich anderweit zu verheyrathen nachgelassen werden könne: Ob nun wohl derselbe vor Sempronium anfänglich anführet, daß von dem Apostel 1. Cor. 7. v. 9. gesagt werde: es sey besser freyen als Brunst leiden, welches ob rationis generalitatem nicht nur von ehelosen Personen, sondern auch von denenjenigen Eheleuten, da der eine Theil die eheliche Pflicht zuleisten nicht vermöchte, und selbige mehr ausser als in der Ehe lebeten zu verstehen sey, hierdurch auch des Sempronii Gewissen gerathen, dessen Haußhaltung verbessert, und vielen besorglichen Inconvenientien abgeholffen werden würde, hiernechst aber die Caja, da sie wegen stetwehrender Bettlägerichkeit weder die Haußhaltung zu führen noch dem Sempronio ehelich zu begegnen geschickt, pro civiliter mortua und weil weder finis primarius noch secundarius matrimonii mehr zu erlangen, die Ehe selbst vor erloschen billig zu halten wäre, überdiß der Sempronius sich seines Orths eines Contagii zu befahren, im übrigen aber von denen Doctoribus die dissolutio matrimonii ob morbum gallicum zugelassen würde, welchem dieser affectus cancrinus incurabilis billig gleich zu achten, und endlich der in Bericht angeführte Brücknerus in decisionibus matrimonialibus die affirmativam quaestionis weitläufftig ausgeführet hätte; Dieweiln aber dennoch auch bey denen Protestirenden so wohl von denen Theologis als ICtis keine andere Ursachen der dissolutionis matrimonii quoad vinculum als Ehebruch und malitiosa desertio oder was zu diesen beyden Stücken gerechnet werden kan, zugelassen werden, nicht weniger per observantiam Judiciorum Ecclesiasticorum ausgemacht, daß weder furor, noch impotentia oder morbus contagiosus superveniens die Ehe gäntzlich zertrennen könne, es sey denn daß der eine Theil durch seine Schuld oder Boßheit sich dergleichen Zufall zugezogen, und sich zur ehelicher Pflicht untüchtig gemacht hätte, ausser deme aber der eine Ehegatte des andern Unglück dem bey der Copulirung vor Gottes Angesicht beschehenen Versprechen nach, billig mit Gedult zu tragen hat, wie dann in gegenwärtigen Fall daß die Caja ihren Zufall selbst verursachet, nicht zu finden, ingleichen solcher allerdings da er erst </p> </div> </body> </text> </TEI> [357/0363]
nunmehro in die 17. an allen ersinnlichen kostbahren Artzeney Mitteln zwar nichts ermangeln lassen, nichts desto minder ist der Cajae Zufall von Tage zu Tage schlimmer worden, so daß die Medici an ihrer Genesung selbst zweiffeln und den Affectum pro incurabili halten, auch so gefährlich vorstellen, daß man sich dabey einer Contagion zu besorgen, und es hat die Caja da sie nunmehro in die 10. Jahr, gantz lahm und bettlägerig gewesen, und weiter nicht kommen können, als wohin sie die Magd mit Tüchern gehoben, weder des Sempronii Haußhaltung versehen, noch demselben die eheliche Pflicht leisten können, immittelst befindet sich derselbe noch in einen so vigorösen Alter daß er sich länger zu enthalten nicht getrauet, dahero der Hr. berichtet seyn will, Ob nicht dieses unglückseelige Matrimonium quoad vineulum getrennet, und Sempronio sich anderweit zu verheyrathen nachgelassen werden könne: Ob nun wohl derselbe vor Sempronium anfänglich anführet, daß von dem Apostel 1. Cor. 7. v. 9. gesagt werde: es sey besser freyen als Brunst leiden, welches ob rationis generalitatem nicht nur von ehelosen Personen, sondern auch von denenjenigen Eheleuten, da der eine Theil die eheliche Pflicht zuleisten nicht vermöchte, und selbige mehr ausser als in der Ehe lebeten zu verstehen sey, hierdurch auch des Sempronii Gewissen gerathen, dessen Haußhaltung verbessert, und vielen besorglichen Inconvenientien abgeholffen werden würde, hiernechst aber die Caja, da sie wegen stetwehrender Bettlägerichkeit weder die Haußhaltung zu führen noch dem Sempronio ehelich zu begegnen geschickt, pro civiliter mortua und weil weder finis primarius noch secundarius matrimonii mehr zu erlangen, die Ehe selbst vor erloschen billig zu halten wäre, überdiß der Sempronius sich seines Orths eines Contagii zu befahren, im übrigen aber von denen Doctoribus die dissolutio matrimonii ob morbum gallicum zugelassen würde, welchem dieser affectus cancrinus incurabilis billig gleich zu achten, und endlich der in Bericht angeführte Brücknerus in decisionibus matrimonialibus die affirmativam quaestionis weitläufftig ausgeführet hätte; Dieweiln aber dennoch auch bey denen Protestirenden so wohl von denen Theologis als ICtis keine andere Ursachen der dissolutionis matrimonii quoad vinculum als Ehebruch und malitiosa desertio oder was zu diesen beyden Stücken gerechnet werden kan, zugelassen werden, nicht weniger per observantiam Judiciorum Ecclesiasticorum ausgemacht, daß weder furor, noch impotentia oder morbus contagiosus superveniens die Ehe gäntzlich zertrennen könne, es sey denn daß der eine Theil durch seine Schuld oder Boßheit sich dergleichen Zufall zugezogen, und sich zur ehelicher Pflicht untüchtig gemacht hätte, ausser deme aber der eine Ehegatte des andern Unglück dem bey der Copulirung vor Gottes Angesicht beschehenen Versprechen nach, billig mit Gedult zu tragen hat, wie dann in gegenwärtigen Fall daß die Caja ihren Zufall selbst verursachet, nicht zu finden, ingleichen solcher allerdings da er erst
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/363 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/363>, abgerufen am 16.02.2025. |