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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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Bürgemeister bey dieser Sache ferner sich alles Vortragens, Beysitzens und Votirens gestalten Sachen nach zu enthalten schuldig V. R. W.

Rationes decidendi: Es ist aus denen Actis zu ersehen, daß zwar der Actuarius (der in der denunciation N. 4. beschuldiget wird, daß er F. Tochter den Beyschlaff zugemuthet, und auf deren Verweigerung dieselbe dergestalt ungebührend und gewaltsamer Weise betastet, daß sie bald darauff sterben müssen:) sofort, nachdem er von der herumbgegangenen schedula volatili Nachricht bekommen, wieder die darin intendirte Inquisition durch ein Memorial protestiret, folgends und ehe noch die Denunciation eingekommen, über die von dem Inspectore benannte Weibes-Personen tanquam diffamantes sich beschweret, auch nachdem er vernommen daß die Denunciatio ad Acta gekommen, eiffrig umb derselbigen Communication angehalten, wie er denn dabey noch zuletzt, da der Bürgemeister dieselbe wieder zurück ins Gericht gegeben, verharret, und zugleich sowohl wieder die Denunicanten als auch gedachten Bürgemeister actionem injuriarum anzustellen sich vorgenommen, ch und dadurch allen Argwohn von sich ablehnen wollen; Hiernechst der Bürgemeister sich sehr verdächtig gemacht, als ob er ex odio wieder den Actuarium, die beyden Denuncianten, der verstorbenen Vater und Mutter zu der vorgenommenen Denunciation auffgebracht, auch dererselben Nahmen nur zum Deckel seines privat-Hasses mißbrauchet, re vera aber für seine Person die Sache getrieben, indem er nicht nur zu erst per schedulam volatilem die inquisition urgiret, sondern auch hernach, unerachtet der Actuarius wieder seine Person allbereit protestiret gehabt, die besagte Denunciation auff das Rathhauß gebracht, und auff eine ungewöhnliche Manier und proponirte quaestion wegen des Stempelpapiers selbige kund gemacht, hernach solche Schedulam Denunciationis pro lubitu & insciis Collegiis ab Actis genommen, den Actuarium damit in B. so lange diffamiret, biß sie auch dem Fiscali in die Hände kommen, auch dieselbe nicht ehe, biß Churfürstl. Befehl eingelanget, zurück geben wollen, und den Actuarium in einem an das Churfürstl. Cammer-Gerichte gestelleten Supplicato öfffentlich eines attendirten violenti stupri incusiret. Es ist aber hiernechst ex actis nicht zu sehen, daß bey F. verstorbenen Tochter eine inspectio Medicorum aut obstetricum adhibiret worden, es ist auch Denunciatus, da das delictum inter solos geschehen seyn soll / sonst nicht graviret, und können über dem die benannte Weibes-Personen, dem Ansehen nach, nur de auditu alieno deponiren, und ist auch endlich, wie die angegebene Denuncianten selbst gestehen, kein consummatum delictum vorhanden, sondern es nur in meris attentandi terminis geblieben, dahero es scheinen möchte, daß Denunciatus ab inquisitione alsbald zu absolviren und seinem Suchen ratione communicandae copiae denunciationis & concedendae actionis injuriarum allerdings zu deferiren gewesen. Die-

Bürgemeister bey dieser Sache ferner sich alles Vortragens, Beysitzens und Votirens gestalten Sachen nach zu enthalten schuldig V. R. W.

Rationes decidendi: Es ist aus denen Actis zu ersehen, daß zwar der Actuarius (der in der denunciation N. 4. beschuldiget wird, daß er F. Tochter den Beyschlaff zugemuthet, und auf deren Verweigerung dieselbe dergestalt ungebührend und gewaltsamer Weise betastet, daß sie bald darauff sterben müssen:) sofort, nachdem er von der herumbgegangenen schedula volatili Nachricht bekommen, wieder die darin intendirte Inquisition durch ein Memorial protestiret, folgends und ehe noch die Denunciation eingekommen, über die von dem Inspectore benannte Weibes-Personen tanquam diffamantes sich beschweret, auch nachdem er vernommen daß die Denunciatio ad Acta gekommen, eiffrig umb derselbigen Communication angehalten, wie er denn dabey noch zuletzt, da der Bürgemeister dieselbe wieder zurück ins Gericht gegeben, verharret, und zugleich sowohl wieder die Denunicanten als auch gedachten Bürgemeister actionem injuriarum anzustellen sich vorgenommen, ch und dadurch allen Argwohn von sich ablehnen wollen; Hiernechst der Bürgemeister sich sehr verdächtig gemacht, als ob er ex odio wieder den Actuarium, die beyden Denuncianten, der verstorbenen Vater und Mutter zu der vorgenommenen Denunciation auffgebracht, auch dererselben Nahmen nur zum Deckel seines privat-Hasses mißbrauchet, re vera aber für seine Person die Sache getrieben, indem er nicht nur zu erst per schedulam volatilem die inquisition urgiret, sondern auch hernach, unerachtet der Actuarius wieder seine Person allbereit protestiret gehabt, die besagte Denunciation auff das Rathhauß gebracht, und auff eine ungewöhnliche Manier und proponirte quaestion wegen des Stempelpapiers selbige kund gemacht, hernach solche Schedulam Denunciationis pro lubitu & insciis Collegiis ab Actis genommen, den Actuarium damit in B. so lange diffamiret, biß sie auch dem Fiscali in die Hände kommen, auch dieselbe nicht ehe, biß Churfürstl. Befehl eingelanget, zurück geben wollen, und den Actuarium in einem an das Churfürstl. Cammer-Gerichte gestelleten Supplicato öfffentlich eines attendirten violenti stupri incusiret. Es ist aber hiernechst ex actis nicht zu sehen, daß bey F. verstorbenen Tochter eine inspectio Medicorum aut obstetricum adhibiret worden, es ist auch Denunciatus, da das delictum inter solos geschehen seyn soll / sonst nicht graviret, und können über dem die benannte Weibes-Personen, dem Ansehen nach, nur de auditu alieno deponiren, und ist auch endlich, wie die angegebene Denuncianten selbst gestehen, kein consummatum delictum vorhanden, sondern es nur in meris attentandi terminis geblieben, dahero es scheinen möchte, daß Denunciatus ab inquisitione alsbald zu absolviren und seinem Suchen ratione communicandae copiae denunciationis & concedendae actionis injuriarum allerdings zu deferiren gewesen. Die-

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Bürgemeister bey dieser Sache                      ferner sich alles Vortragens, Beysitzens und Votirens gestalten Sachen nach zu                      enthalten schuldig V. R. W.</p>
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[264/0270] Bürgemeister bey dieser Sache ferner sich alles Vortragens, Beysitzens und Votirens gestalten Sachen nach zu enthalten schuldig V. R. W. Rationes decidendi: Es ist aus denen Actis zu ersehen, daß zwar der Actuarius (der in der denunciation N. 4. beschuldiget wird, daß er F. Tochter den Beyschlaff zugemuthet, und auf deren Verweigerung dieselbe dergestalt ungebührend und gewaltsamer Weise betastet, daß sie bald darauff sterben müssen:) sofort, nachdem er von der herumbgegangenen schedula volatili Nachricht bekommen, wieder die darin intendirte Inquisition durch ein Memorial protestiret, folgends und ehe noch die Denunciation eingekommen, über die von dem Inspectore benannte Weibes-Personen tanquam diffamantes sich beschweret, auch nachdem er vernommen daß die Denunciatio ad Acta gekommen, eiffrig umb derselbigen Communication angehalten, wie er denn dabey noch zuletzt, da der Bürgemeister dieselbe wieder zurück ins Gericht gegeben, verharret, und zugleich sowohl wieder die Denunicanten als auch gedachten Bürgemeister actionem injuriarum anzustellen sich vorgenommen, ch und dadurch allen Argwohn von sich ablehnen wollen; Hiernechst der Bürgemeister sich sehr verdächtig gemacht, als ob er ex odio wieder den Actuarium, die beyden Denuncianten, der verstorbenen Vater und Mutter zu der vorgenommenen Denunciation auffgebracht, auch dererselben Nahmen nur zum Deckel seines privat-Hasses mißbrauchet, re vera aber für seine Person die Sache getrieben, indem er nicht nur zu erst per schedulam volatilem die inquisition urgiret, sondern auch hernach, unerachtet der Actuarius wieder seine Person allbereit protestiret gehabt, die besagte Denunciation auff das Rathhauß gebracht, und auff eine ungewöhnliche Manier und proponirte quaestion wegen des Stempelpapiers selbige kund gemacht, hernach solche Schedulam Denunciationis pro lubitu & insciis Collegiis ab Actis genommen, den Actuarium damit in B. so lange diffamiret, biß sie auch dem Fiscali in die Hände kommen, auch dieselbe nicht ehe, biß Churfürstl. Befehl eingelanget, zurück geben wollen, und den Actuarium in einem an das Churfürstl. Cammer-Gerichte gestelleten Supplicato öfffentlich eines attendirten violenti stupri incusiret. Es ist aber hiernechst ex actis nicht zu sehen, daß bey F. verstorbenen Tochter eine inspectio Medicorum aut obstetricum adhibiret worden, es ist auch Denunciatus, da das delictum inter solos geschehen seyn soll / sonst nicht graviret, und können über dem die benannte Weibes-Personen, dem Ansehen nach, nur de auditu alieno deponiren, und ist auch endlich, wie die angegebene Denuncianten selbst gestehen, kein consummatum delictum vorhanden, sondern es nur in meris attentandi terminis geblieben, dahero es scheinen möchte, daß Denunciatus ab inquisitione alsbald zu absolviren und seinem Suchen ratione communicandae copiae denunciationis & concedendae actionis injuriarum allerdings zu deferiren gewesen. Die-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/270>, abgerufen am 17.05.2024.