Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

der Schwängerung der Antoniae oder nach der Zeit da Antonia dem Mevio den Contract auffgesagt, dieselbe von Mevio ferner kein Salarium fordern können; aber dazu hätte es keiner so scharffen obligation bedurfft, sondern Mevius wäre auch ohne dieselbe befugt gewesen Antoniae ferner kein Salarium zu geben. Da ferne aber Mevius etwan die vorhergehende Quartale der Antoniae seinen Versprechen nach zu gesetzter Zeit nicht ausgezahlethätte; kan ich nicht absehen, daß Mevius Vermöge des Contracts befugt gewesen sey per cavillationem des Worts rückständig ihr die Auszahlung derselben Quartale zu denegiren &c.

§. VI. Der folgende casus kömmt dem Haupt-Zweck dieses gegenwärtigenDer andre Casus von einen Gauckler / Seiltäntzer und Pickelhering / der Doctor Medicinae werden wollen / Frage an die Facultät. Handels noch näher. In Januario 1705. wurde von uns aus G. durch einen Juris Practicum, der sich Marcum Javolenum nennete über die Frage, ob ein gewisser Seiltäntzer, Gauckler und der auf öffentlichen Marckt bey einem Artzt einen Pickelhering agirt, in der Me dicin Doctor werden könne, oder pro infami zu achten wäre, ein Responsum begehret, zumahlen da in der Frage viel allegationes legum ex Jure Romano & Doctorum enthalten sind.

P. P. Es hat George Friedrich sich in seinen jungen Jahren zu einen berühmten Marcktschreyer E. begeben, und bey ihm viel Jahre sich als einen Pickelhering und Seiltäntzer gebrauchen lassen. Nachgehends hat er sich zu G. bey einer Wittwe eingefreyet und das Bürger-Recht gewonnen, auch sich als einen Chirurgum aufführen wollen. Weil aber die Chirurgi daselbst sich darwieder moviret, ist ihm solches bey 10. Rthlr. Straffe vom Rath daselbst verbothen worden. Worauf er sich nach Wittenberg begeben, in Meynung daselbst in Doctorem zu promoviren. Entstehet also die Frage: Ob gedachter Krause pro homine infami zu achten? Affirmativa scheinet darinn gegründet zu seyn: weiln er bey seinem Lehr-Meister öffentlich sich pro scenico und zwar lucri causa gebrauchen lassen. Gleichwie nun diese bekannten Rechten nach pro infam zu achten, und zwar dergestalt, ut inter istos infames referendi sint, quorum factum turpe lex ipsa immediate notavit. L. 1. & 2. §. f. ff. de his qui not. infam. Auch hierunter die Dd. einstimmig, quod cum his comparandi sint histriones, funambuli, & agyrtae, qui per omne dementiarum genus publice in conspectu omnium institutum se populo commendant, quo eum his artibus ludicris pecunia emungant. Stryk. Us. mod. ff. dict. Tit. §. 7. Also scheinet diese Illation richtig zu seyn, daß gedachter Georg Friedrich, weil er öffentlich bey einem Marckt-Schreyer einen Gauckler, Pickelhering und Seiltäntzer mit grossen Aergernüß agiret hat, pro homine ipso jure insami zu achten sey: Hieraus resultiret nun die 2. Frage: ob die Medicinische Faeulät zu

der Schwängerung der Antoniae oder nach der Zeit da Antonia dem Mevio den Contract auffgesagt, dieselbe von Mevio ferner kein Salarium fordern können; aber dazu hätte es keiner so scharffen obligation bedurfft, sondern Mevius wäre auch ohne dieselbe befugt gewesen Antoniae ferner kein Salarium zu geben. Da ferne aber Mevius etwan die vorhergehende Quartale der Antoniae seinen Versprechen nach zu gesetzter Zeit nicht ausgezahlethätte; kan ich nicht absehen, daß Mevius Vermöge des Contracts befugt gewesen sey per cavillationem des Worts rückständig ihr die Auszahlung derselben Quartale zu denegiren &c.

§. VI. Der folgende casus kömmt dem Haupt-Zweck dieses gegenwärtigenDer andre Casus von einen Gauckler / Seiltäntzer und Pickelhering / der Doctor Medicinae werden wollen / Frage an die Facultät. Handels noch näher. In Januario 1705. wurde von uns aus G. durch einen Juris Practicum, der sich Marcum Javolenum nennete über die Frage, ob ein gewisser Seiltäntzer, Gauckler und der auf öffentlichen Marckt bey einem Artzt einen Pickelhering agirt, in der Me dicin Doctor werden könne, oder pro infami zu achten wäre, ein Responsum begehret, zumahlen da in der Frage viel allegationes legum ex Jure Romano & Doctorum enthalten sind.

P. P. Es hat George Friedrich sich in seinen jungen Jahren zu einen berühmten Marcktschreyer E. begeben, und bey ihm viel Jahre sich als einen Pickelhering und Seiltäntzer gebrauchen lassen. Nachgehends hat er sich zu G. bey einer Wittwe eingefreyet und das Bürger-Recht gewonnen, auch sich als einen Chirurgum aufführen wollen. Weil aber die Chirurgi daselbst sich darwieder moviret, ist ihm solches bey 10. Rthlr. Straffe vom Rath daselbst verbothen worden. Worauf er sich nach Wittenberg begeben, in Meynung daselbst in Doctorem zu promoviren. Entstehet also die Frage: Ob gedachter Krause pro homine infami zu achten? Affirmativa scheinet darinn gegründet zu seyn: weiln er bey seinem Lehr-Meister öffentlich sich pro scenico und zwar lucri causa gebrauchen lassen. Gleichwie nun diese bekannten Rechten nach pro infam zu achten, und zwar dergestalt, ut inter istos infames referendi sint, quorum factum turpe lex ipsa immediate notavit. L. 1. & 2. §. f. ff. de his qui not. infam. Auch hierunter die Dd. einstimmig, quod cum his comparandi sint histriones, funambuli, & agyrtae, qui per omne dementiarum genus publice in conspectu omnium institutum se populo commendant, quo eum his artibus ludicris pecunia emungant. Stryk. Us. mod. ff. dict. Tit. §. 7. Also scheinet diese Illation richtig zu seyn, daß gedachter Georg Friedrich, weil er öffentlich bey einem Marckt-Schreyer einen Gauckler, Pickelhering und Seiltäntzer mit grossen Aergernüß agiret hat, pro homine ipso jure insami zu achten sey: Hieraus resultiret nun die 2. Frage: ob die Medicinische Faeulät zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0183" n="177"/>
der                      Schwängerung der Antoniae oder nach der Zeit da Antonia dem Mevio den Contract                      auffgesagt, dieselbe von Mevio ferner kein Salarium fordern können; aber dazu                      hätte es keiner so scharffen obligation bedurfft, sondern Mevius wäre auch ohne                      dieselbe befugt gewesen Antoniae ferner kein Salarium zu geben. Da ferne aber                      Mevius etwan die vorhergehende Quartale der Antoniae seinen Versprechen nach zu                      gesetzter Zeit nicht ausgezahlethätte; kan ich nicht absehen, daß Mevius Vermöge                      des Contracts befugt gewesen sey per cavillationem des Worts rückständig ihr die                      Auszahlung derselben Quartale zu denegiren &amp;c.</p>
        <p>§. VI. Der folgende casus kömmt dem Haupt-Zweck dieses gegenwärtigen<note place="right">Der andre <hi rendition="#i">Casus</hi> von einen                          Gauckler / Seiltäntzer und Pickelhering / der <hi rendition="#i">Doctor                              Medicinae</hi> werden wollen / Frage an die <hi rendition="#i">Facult</hi>ät.</note> Handels noch näher. In Januario 1705. wurde von uns                      aus G. durch einen Juris Practicum, der sich Marcum Javolenum nennete über die                      Frage, ob ein gewisser Seiltäntzer, Gauckler und der auf öffentlichen Marckt bey                      einem Artzt einen Pickelhering agirt, in der Me dicin Doctor werden könne, oder                      pro infami zu achten wäre, ein Responsum begehret, zumahlen da in der Frage viel                      allegationes legum ex Jure Romano &amp; Doctorum enthalten sind.</p>
        <p>P. P. Es hat George Friedrich sich in seinen jungen Jahren zu einen berühmten                      Marcktschreyer E. begeben, und bey ihm viel Jahre sich als einen Pickelhering                      und Seiltäntzer gebrauchen lassen. Nachgehends hat er sich zu G. bey einer                      Wittwe eingefreyet und das Bürger-Recht gewonnen, auch sich als einen Chirurgum                      aufführen wollen. Weil aber die Chirurgi daselbst sich darwieder moviret, ist                      ihm solches bey 10. Rthlr. Straffe vom Rath daselbst verbothen worden. Worauf er                      sich nach Wittenberg begeben, in Meynung daselbst in Doctorem zu promoviren.                      Entstehet also die Frage: Ob gedachter Krause pro homine infami zu achten?                      Affirmativa scheinet darinn gegründet zu seyn: weiln er bey seinem Lehr-Meister                      öffentlich sich pro scenico und zwar lucri causa gebrauchen lassen. Gleichwie                      nun diese bekannten Rechten nach pro infam zu achten, und zwar dergestalt, ut                      inter istos infames referendi sint, quorum factum turpe lex ipsa immediate                      notavit. <hi rendition="#i">L. 1. &amp; 2. §. f. ff. de his qui not.                      infam.</hi> Auch hierunter die Dd. einstimmig, quod cum his comparandi sint                      histriones, funambuli, &amp; agyrtae, qui per omne dementiarum genus publice                      in conspectu omnium institutum se populo commendant, quo eum his artibus                      ludicris pecunia emungant. Stryk. <hi rendition="#i">Us. mod. ff. dict. Tit. §.                          7.</hi> Also scheinet diese Illation richtig zu seyn, daß gedachter Georg Friedrich, weil er öffentlich bey einem Marckt-Schreyer einen Gauckler, Pickelhering und Seiltäntzer mit grossen Aergernüß agiret hat, pro homine ipso jure insami zu achten sey: Hieraus resultiret nun die 2. Frage: ob die Medicinische Faeulät zu
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0183] der Schwängerung der Antoniae oder nach der Zeit da Antonia dem Mevio den Contract auffgesagt, dieselbe von Mevio ferner kein Salarium fordern können; aber dazu hätte es keiner so scharffen obligation bedurfft, sondern Mevius wäre auch ohne dieselbe befugt gewesen Antoniae ferner kein Salarium zu geben. Da ferne aber Mevius etwan die vorhergehende Quartale der Antoniae seinen Versprechen nach zu gesetzter Zeit nicht ausgezahlethätte; kan ich nicht absehen, daß Mevius Vermöge des Contracts befugt gewesen sey per cavillationem des Worts rückständig ihr die Auszahlung derselben Quartale zu denegiren &c. §. VI. Der folgende casus kömmt dem Haupt-Zweck dieses gegenwärtigen Handels noch näher. In Januario 1705. wurde von uns aus G. durch einen Juris Practicum, der sich Marcum Javolenum nennete über die Frage, ob ein gewisser Seiltäntzer, Gauckler und der auf öffentlichen Marckt bey einem Artzt einen Pickelhering agirt, in der Me dicin Doctor werden könne, oder pro infami zu achten wäre, ein Responsum begehret, zumahlen da in der Frage viel allegationes legum ex Jure Romano & Doctorum enthalten sind. Der andre Casus von einen Gauckler / Seiltäntzer und Pickelhering / der Doctor Medicinae werden wollen / Frage an die Facultät. P. P. Es hat George Friedrich sich in seinen jungen Jahren zu einen berühmten Marcktschreyer E. begeben, und bey ihm viel Jahre sich als einen Pickelhering und Seiltäntzer gebrauchen lassen. Nachgehends hat er sich zu G. bey einer Wittwe eingefreyet und das Bürger-Recht gewonnen, auch sich als einen Chirurgum aufführen wollen. Weil aber die Chirurgi daselbst sich darwieder moviret, ist ihm solches bey 10. Rthlr. Straffe vom Rath daselbst verbothen worden. Worauf er sich nach Wittenberg begeben, in Meynung daselbst in Doctorem zu promoviren. Entstehet also die Frage: Ob gedachter Krause pro homine infami zu achten? Affirmativa scheinet darinn gegründet zu seyn: weiln er bey seinem Lehr-Meister öffentlich sich pro scenico und zwar lucri causa gebrauchen lassen. Gleichwie nun diese bekannten Rechten nach pro infam zu achten, und zwar dergestalt, ut inter istos infames referendi sint, quorum factum turpe lex ipsa immediate notavit. L. 1. & 2. §. f. ff. de his qui not. infam. Auch hierunter die Dd. einstimmig, quod cum his comparandi sint histriones, funambuli, & agyrtae, qui per omne dementiarum genus publice in conspectu omnium institutum se populo commendant, quo eum his artibus ludicris pecunia emungant. Stryk. Us. mod. ff. dict. Tit. §. 7. Also scheinet diese Illation richtig zu seyn, daß gedachter Georg Friedrich, weil er öffentlich bey einem Marckt-Schreyer einen Gauckler, Pickelhering und Seiltäntzer mit grossen Aergernüß agiret hat, pro homine ipso jure insami zu achten sey: Hieraus resultiret nun die 2. Frage: ob die Medicinische Faeulät zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/183
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/183>, abgerufen am 23.11.2024.