Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

gestalt zu dessen Disposition unterworffen, daß sie ohne desselben Wissen und Willen vor sich nichts unternehmen wollen, ingleichen demselben Zeit ihres Lebens sich verpflichtet zu haben daher erscheinet, weil nicht leicht vermuthlich, daß Mevius die Opern in einer vornehmen Stadt, so lange er lebet / nicht immerhin fortsetzen solte, daß dahero in effectu der geschlossene Contract nicht anders als ein ewiger Verkauff zu consideriren; dennoch aber und dieweil mehrgemeldete Antonia nicht alle und jede actiones des Mevii arbitrio, sondern nur in dem angeregten Contract etliche zu Fortsetzung derer Opern gehörige actiones dessen Willen unterworffen, hiernächst annoch ungewiß, ob Mevius die Opern Zeit seines Lebens continuiren werde, und wenn solches nicht geschähe, die Antonia ipso facto von ihrem Versprechen liberiret wird, auch nach dem gemeinen Lauff der Natur und dem Alter nach nicht zu vermuthen, daß Mevius Antoniam überleben solte, auf welchen Fall der Contract gleichfalls durch den Tod expiriren würde, und Antonia dessen Erben zu nichts weiter gehalten wäre. Endlich auch, gleichwie in allen Conventionibus die Clausula: Rebus sic stantibus, pro tacite inserta zu halten, und also durch die angeführte Worte justa renunciationis causa eaque tempestive facta nicht ausgeschlossen, sondern nur auf die renunciationem intempestive factam poena commissi residui Salarii gesetzet worden; im übrigen aber bekannten Rechtens, daß contractus societatis gar wohl in perpetuum geschlossen werden mag,

L. 1. ff. pro socio.

und ob schon gegenwärtiger Contract nicht eben pro societate zu halten, dennoch ratione perpetuitatis in promissis operis paritas rationis allhier militiret; so mag auch aus denselbigen Worten ein ewiger Verkauff der Jungfer nicht geschlossen werden.

3) Ob die Opern an sich selbst in einer Stadt zu toleriren.

Auf die dritte Frage: Ob die Opern, welche mit grössester Sorgfältigkeit und praecavirung alles dessen, was einiger massen scandalös seyn kan, getrieben werden, in einer Stadt toleriret werden können? Erachten wir V. R. Ob zwar insgemein in denen Opern dergleichen Liebes. und andere Gedichte vorgestellet zu werden pflegen, dadurch die Zufeher, absonderlich aber junge Leuthe geärgert, und vom guten ab auf allerhand böse sündliche Lüste und deren Ausübung, auch zu Müßiggang und Verschwendung der kostbahren Zeit angeführet und gereitzet werden, hiernechst in Vorstellung geistlicher Geschichte gemeiniglich eine profanation Göttlichen Nahmens mit unterläufft, und auch nicht absehen können, auf was Weise solche scandala mit Nachdruck oraecaviret werden möchten; dahero, weil dem gemeinen Wesen dadurch gar

gestalt zu dessen Disposition unterworffen, daß sie ohne desselben Wissen und Willen vor sich nichts unternehmen wollen, ingleichen demselben Zeit ihres Lebens sich verpflichtet zu haben daher erscheinet, weil nicht leicht vermuthlich, daß Mevius die Opern in einer vornehmen Stadt, so lange er lebet / nicht immerhin fortsetzen solte, daß dahero in effectu der geschlossene Contract nicht anders als ein ewiger Verkauff zu consideriren; dennoch aber und dieweil mehrgemeldete Antonia nicht alle und jede actiones des Mevii arbitrio, sondern nur in dem angeregten Contract etliche zu Fortsetzung derer Opern gehörige actiones dessen Willen unterworffen, hiernächst annoch ungewiß, ob Mevius die Opern Zeit seines Lebens continuiren werde, und wenn solches nicht geschähe, die Antonia ipso facto von ihrem Versprechen liberiret wird, auch nach dem gemeinen Lauff der Natur und dem Alter nach nicht zu vermuthen, daß Mevius Antoniam überleben solte, auf welchen Fall der Contract gleichfalls durch den Tod expiriren würde, und Antonia dessen Erben zu nichts weiter gehalten wäre. Endlich auch, gleichwie in allen Conventionibus die Clausula: Rebus sic stantibus, pro tacite inserta zu halten, und also durch die angeführte Worte justa renunciationis causa eaque tempestive facta nicht ausgeschlossen, sondern nur auf die renunciationem intempestive factam poena commissi residui Salarii gesetzet worden; im übrigen aber bekannten Rechtens, daß contractus societatis gar wohl in perpetuum geschlossen werden mag,

L. 1. ff. pro socio.

und ob schon gegenwärtiger Contract nicht eben pro societate zu halten, dennoch ratione perpetuitatis in promissis operis paritas rationis allhier militiret; so mag auch aus denselbigen Worten ein ewiger Verkauff der Jungfer nicht geschlossen werden.

3) Ob die Opern an sich selbst in einer Stadt zu toleriren.

Auf die dritte Frage: Ob die Opern, welche mit grössester Sorgfältigkeit und praecavirung alles dessen, was einiger massen scandalös seyn kan, getrieben werden, in einer Stadt toleriret werden können? Erachten wir V. R. Ob zwar insgemein in denen Opern dergleichen Liebes. und andere Gedichte vorgestellet zu werden pflegen, dadurch die Zufeher, absonderlich aber junge Leuthe geärgert, und vom guten ab auf allerhand böse sündliche Lüste und deren Ausübung, auch zu Müßiggang und Verschwendung der kostbahren Zeit angeführet und gereitzet werden, hiernechst in Vorstellung geistlicher Geschichte gemeiniglich eine profanation Göttlichen Nahmens mit unterläufft, und auch nicht absehen können, auf was Weise solche scandala mit Nachdruck oraecaviret werden möchten; dahero, weil dem gemeinẽ Wesen dadurch gar

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0180" n="174"/>
gestalt zu                      dessen Disposition unterworffen, daß sie ohne desselben Wissen und Willen vor                      sich nichts unternehmen wollen, ingleichen demselben Zeit ihres Lebens sich                      verpflichtet zu haben daher erscheinet, weil nicht leicht vermuthlich, daß                      Mevius die Opern in einer vornehmen Stadt, so lange er lebet / nicht immerhin                      fortsetzen solte, daß dahero in effectu der geschlossene Contract nicht anders                      als ein ewiger Verkauff zu consideriren; dennoch aber und dieweil mehrgemeldete                      Antonia nicht alle und jede actiones des Mevii arbitrio, sondern nur in dem                      angeregten Contract etliche zu Fortsetzung derer Opern gehörige actiones dessen                      Willen unterworffen, hiernächst annoch ungewiß, ob Mevius die Opern Zeit seines                      Lebens continuiren werde, und wenn solches nicht geschähe, die Antonia ipso                      facto von ihrem Versprechen liberiret wird, auch nach dem gemeinen Lauff der                      Natur und dem Alter nach nicht zu vermuthen, daß Mevius Antoniam überleben                      solte, auf welchen Fall der Contract gleichfalls durch den Tod expiriren würde,                      und Antonia dessen Erben zu nichts weiter gehalten wäre. Endlich auch, gleichwie                      in allen Conventionibus die Clausula: Rebus sic stantibus, pro tacite inserta zu                      halten, und also durch die angeführte Worte justa renunciationis causa eaque                      tempestive facta nicht ausgeschlossen, sondern nur auf die renunciationem                      intempestive factam poena commissi residui Salarii gesetzet worden; im übrigen                      aber bekannten Rechtens, daß contractus societatis gar wohl in perpetuum                      geschlossen werden mag,</p>
        <l>L. 1. ff. pro socio.</l>
        <p>und ob schon gegenwärtiger Contract nicht eben pro societate zu halten, dennoch                      ratione perpetuitatis in promissis operis paritas rationis allhier militiret; so                      mag auch aus denselbigen Worten ein ewiger Verkauff der Jungfer nicht                      geschlossen werden.</p>
        <note place="left">3) Ob die Opern an sich selbst in einer Stadt zu <hi rendition="#i">tolerir</hi>en.</note>
        <p>Auf die dritte Frage: Ob die Opern, welche mit grössester Sorgfältigkeit und                      praecavirung alles dessen, was einiger massen scandalös seyn kan, getrieben                      werden, in einer Stadt toleriret werden können? Erachten wir V. R. Ob zwar                      insgemein in denen Opern dergleichen Liebes. und andere Gedichte vorgestellet zu                      werden pflegen, dadurch die Zufeher, absonderlich aber junge Leuthe geärgert,                      und vom guten ab auf allerhand böse sündliche Lüste und deren Ausübung, auch zu                      Müßiggang und Verschwendung der kostbahren Zeit angeführet und gereitzet werden,                      hiernechst in Vorstellung geistlicher Geschichte gemeiniglich eine profanation                      Göttlichen Nahmens mit unterläufft, und auch nicht absehen können, auf was Weise                      solche scandala mit Nachdruck oraecaviret werden möchten; dahero, weil dem                          gemeine&#x0303; Wesen dadurch gar
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0180] gestalt zu dessen Disposition unterworffen, daß sie ohne desselben Wissen und Willen vor sich nichts unternehmen wollen, ingleichen demselben Zeit ihres Lebens sich verpflichtet zu haben daher erscheinet, weil nicht leicht vermuthlich, daß Mevius die Opern in einer vornehmen Stadt, so lange er lebet / nicht immerhin fortsetzen solte, daß dahero in effectu der geschlossene Contract nicht anders als ein ewiger Verkauff zu consideriren; dennoch aber und dieweil mehrgemeldete Antonia nicht alle und jede actiones des Mevii arbitrio, sondern nur in dem angeregten Contract etliche zu Fortsetzung derer Opern gehörige actiones dessen Willen unterworffen, hiernächst annoch ungewiß, ob Mevius die Opern Zeit seines Lebens continuiren werde, und wenn solches nicht geschähe, die Antonia ipso facto von ihrem Versprechen liberiret wird, auch nach dem gemeinen Lauff der Natur und dem Alter nach nicht zu vermuthen, daß Mevius Antoniam überleben solte, auf welchen Fall der Contract gleichfalls durch den Tod expiriren würde, und Antonia dessen Erben zu nichts weiter gehalten wäre. Endlich auch, gleichwie in allen Conventionibus die Clausula: Rebus sic stantibus, pro tacite inserta zu halten, und also durch die angeführte Worte justa renunciationis causa eaque tempestive facta nicht ausgeschlossen, sondern nur auf die renunciationem intempestive factam poena commissi residui Salarii gesetzet worden; im übrigen aber bekannten Rechtens, daß contractus societatis gar wohl in perpetuum geschlossen werden mag, L. 1. ff. pro socio. und ob schon gegenwärtiger Contract nicht eben pro societate zu halten, dennoch ratione perpetuitatis in promissis operis paritas rationis allhier militiret; so mag auch aus denselbigen Worten ein ewiger Verkauff der Jungfer nicht geschlossen werden. Auf die dritte Frage: Ob die Opern, welche mit grössester Sorgfältigkeit und praecavirung alles dessen, was einiger massen scandalös seyn kan, getrieben werden, in einer Stadt toleriret werden können? Erachten wir V. R. Ob zwar insgemein in denen Opern dergleichen Liebes. und andere Gedichte vorgestellet zu werden pflegen, dadurch die Zufeher, absonderlich aber junge Leuthe geärgert, und vom guten ab auf allerhand böse sündliche Lüste und deren Ausübung, auch zu Müßiggang und Verschwendung der kostbahren Zeit angeführet und gereitzet werden, hiernechst in Vorstellung geistlicher Geschichte gemeiniglich eine profanation Göttlichen Nahmens mit unterläufft, und auch nicht absehen können, auf was Weise solche scandala mit Nachdruck oraecaviret werden möchten; dahero, weil dem gemeinẽ Wesen dadurch gar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/180
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/180>, abgerufen am 02.05.2024.