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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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nia schlichene Mißbräuche / sonderlich wegen der Huren-Brüche.principia Juris der reus dem foro des Actoris folgen müssen, (also, wenn etwan ein Geistlicher oder eine Kirche entweder ratione rei oder contra personam sub alia Jurisdictione sitam zu klagen gehabt,) wird die Nachfrage geben. Einmahl ist gewiß, und unläugbahr, ob zwar das Fürstliche Consistorium sich keiner Brüche oder Bestraffung auf dem Lande quocunque praetextu aut ex quacunque ratione annehmen könne, daß dennoch derselbe sich unternommen, die Straffe der Huren-Brüche, wenn Braut und Bräutigam sich zu frühe zusammen thun, im gantzen Lande einzunehmen. Jure proprio kan solche Straffe dem Consistorio nicht gebühren, weil sie sonst auch alle andere Huren-Brüche insgemein haben müste. Die bey den Päbstlichen Zeiten in Gebrauch gewesene Sende-Brüche, womit dieses Ding etwa coloriret werden möchte, gehören inter abusus clericales und diejenigen Sachen, worüber sich die weltliche und andere jedesmahl mit beklaget. Soll es ex speciali concessione des gnädigen Landes Fürsten dem Consistorio oder jemand anders competiren, so stehet S. F. G. zwar frey, was die von dero Amts- und Cammer-Intraden (so weil nemlich der etwas frühzeitige concubitus conjugum für straffbar zu halten) vergeben, und dem Consistorio oder sonst jemand anders zuwenden wollen, die Gerichte im Lande aber, in Städten und andern Gerichten werden selbige Straffe dem Consistorio nimmer folgen lassen, sondern solches vielmehr pro gravamine halten, wodurch ihnen in ihren Gerichten zu nahe getreten würde, woraus leichtlich allerhand Ungelegenheit zwischen S. F. G. und der gantzen Landschafft entstehen könte.

Auf was Weise allen diesen bißherigen Unordnungen abzuhelfen sey.

§. XXXIV. Dieses und was sonsten mehr hätte können hinzu gethan werden, ist der morbus, welcher sich anfänglich paulatim in das corpus hujus reipubl. quoad ecclesiastica insinuiret, die letzte Jahre aber gar starck um sich zu greiffen angefangen. Es ist dessen curatio dem Landes-Fürsten, wenn S. F. G. aus vorangeregten Ursachen die wahre fundamenta solcher Kranckheit bekannt worden, so gar schwer nicht, sondern beruhet nur darin, daß S. F. G. mit Ernst dazu thun, die Gewalt des Consistorii mit gewissen legibus abermahls vermittelst der neuen Kirchen Ordnung circumscribiren, und keinen, er sey auch wer er wolle, entweder directe in Bestallung oder andern rescriptis, oder auch per indirectum tacite vel per conniventiam dawieder zu handeln oder ihm etwas anzumassen, verstatten. Solche circumscriptio oder limitatio gehöret nun zwar zu dem andern Theile der neuen Kirchen Ordnung, daselbst sie in allen und jeden Puncten auch wohl abgefasset werden kan. Ich

nia schlichene Mißbräuche / sonderlich wegen der Huren-Brüche.principia Juris der reus dem foro des Actoris folgen müssen, (also, wenn etwan ein Geistlicher oder eine Kirche entweder ratione rei oder contra personam sub alia Jurisdictione sitam zu klagen gehabt,) wird die Nachfrage geben. Einmahl ist gewiß, und unläugbahr, ob zwar das Fürstliche Consistorium sich keiner Brüche oder Bestraffung auf dem Lande quocunque praetextu aut ex quacunque ratione annehmen könne, daß dennoch derselbe sich unternommen, die Straffe der Huren-Brüche, wenn Braut und Bräutigam sich zu frühe zusammen thun, im gantzen Lande einzunehmen. Jure proprio kan solche Straffe dem Consistorio nicht gebühren, weil sie sonst auch alle andere Huren-Brüche insgemein haben müste. Die bey den Päbstlichen Zeiten in Gebrauch gewesene Sende-Brüche, womit dieses Ding etwa coloriret werden möchte, gehören inter abusus clericales und diejenigen Sachen, worüber sich die weltliche und andere jedesmahl mit beklaget. Soll es ex speciali concessione des gnädigen Landes Fürsten dem Consistorio oder jemand anders competiren, so stehet S. F. G. zwar frey, was die von dero Amts- und Cammer-Intraden (so weil nemlich der etwas frühzeitige concubitus conjugum für straffbar zu halten) vergeben, und dem Consistorio oder sonst jemand anders zuwenden wollen, die Gerichte im Lande aber, in Städten und andern Gerichten werden selbige Straffe dem Consistorio nimmer folgen lassen, sondern solches vielmehr pro gravamine halten, wodurch ihnen in ihren Gerichten zu nahe getreten würde, woraus leichtlich allerhand Ungelegenheit zwischen S. F. G. und der gantzen Landschafft entstehen könte.

Auf was Weise allen diesen bißherigen Unordnungen abzuhelfen sey.

§. XXXIV. Dieses und was sonsten mehr hätte können hinzu gethan werden, ist der morbus, welcher sich anfänglich paulatim in das corpus hujus reipubl. quoad ecclesiastica insinuiret, die letzte Jahre aber gar starck um sich zu greiffen angefangen. Es ist dessen curatio dem Landes-Fürsten, wenn S. F. G. aus vorangeregten Ursachen die wahre fundamenta solcher Kranckheit bekannt worden, so gar schwer nicht, sondern beruhet nur darin, daß S. F. G. mit Ernst dazu thun, die Gewalt des Consistorii mit gewissen legibus abermahls vermittelst der neuen Kirchen Ordnung circumscribiren, und keinen, er sey auch wer er wolle, entweder directe in Bestallung oder andern rescriptis, oder auch per indirectum tacite vel per conniventiam dawieder zu handeln oder ihm etwas anzumassen, verstatten. Solche circumscriptio oder limitatio gehöret nun zwar zu dem andern Theile der neuen Kirchen Ordnung, daselbst sie in allen und jeden Puncten auch wohl abgefasset werden kan. Ich

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[366/0374] nia principia Juris der reus dem foro des Actoris folgen müssen, (also, wenn etwan ein Geistlicher oder eine Kirche entweder ratione rei oder contra personam sub alia Jurisdictione sitam zu klagen gehabt,) wird die Nachfrage geben. Einmahl ist gewiß, und unläugbahr, ob zwar das Fürstliche Consistorium sich keiner Brüche oder Bestraffung auf dem Lande quocunque praetextu aut ex quacunque ratione annehmen könne, daß dennoch derselbe sich unternommen, die Straffe der Huren-Brüche, wenn Braut und Bräutigam sich zu frühe zusammen thun, im gantzen Lande einzunehmen. Jure proprio kan solche Straffe dem Consistorio nicht gebühren, weil sie sonst auch alle andere Huren-Brüche insgemein haben müste. Die bey den Päbstlichen Zeiten in Gebrauch gewesene Sende-Brüche, womit dieses Ding etwa coloriret werden möchte, gehören inter abusus clericales und diejenigen Sachen, worüber sich die weltliche und andere jedesmahl mit beklaget. Soll es ex speciali concessione des gnädigen Landes Fürsten dem Consistorio oder jemand anders competiren, so stehet S. F. G. zwar frey, was die von dero Amts- und Cammer-Intraden (so weil nemlich der etwas frühzeitige concubitus conjugum für straffbar zu halten) vergeben, und dem Consistorio oder sonst jemand anders zuwenden wollen, die Gerichte im Lande aber, in Städten und andern Gerichten werden selbige Straffe dem Consistorio nimmer folgen lassen, sondern solches vielmehr pro gravamine halten, wodurch ihnen in ihren Gerichten zu nahe getreten würde, woraus leichtlich allerhand Ungelegenheit zwischen S. F. G. und der gantzen Landschafft entstehen könte. schlichene Mißbräuche / sonderlich wegen der Huren-Brüche. §. XXXIV. Dieses und was sonsten mehr hätte können hinzu gethan werden, ist der morbus, welcher sich anfänglich paulatim in das corpus hujus reipubl. quoad ecclesiastica insinuiret, die letzte Jahre aber gar starck um sich zu greiffen angefangen. Es ist dessen curatio dem Landes-Fürsten, wenn S. F. G. aus vorangeregten Ursachen die wahre fundamenta solcher Kranckheit bekannt worden, so gar schwer nicht, sondern beruhet nur darin, daß S. F. G. mit Ernst dazu thun, die Gewalt des Consistorii mit gewissen legibus abermahls vermittelst der neuen Kirchen Ordnung circumscribiren, und keinen, er sey auch wer er wolle, entweder directe in Bestallung oder andern rescriptis, oder auch per indirectum tacite vel per conniventiam dawieder zu handeln oder ihm etwas anzumassen, verstatten. Solche circumscriptio oder limitatio gehöret nun zwar zu dem andern Theile der neuen Kirchen Ordnung, daselbst sie in allen und jeden Puncten auch wohl abgefasset werden kan. Ich

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/374>, abgerufen am 16.07.2024.