Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.Patriarchen in ihrer vor alters gesetzten Ordnung verblieben, ein jeder mit seinem Vorsitz sich genügen lassen, und nicht weiters einen dominat, inspection und correction über die andern affectiren müssen, sondern es ist die conniventia, deren sich die weltlichen Potentaten hierin gebrauchet, ihnen über alle Maße theuer ankommen, und hat sie um Land und Leute, Leib und Leben, die Christliche Kirche aber hat sie in das äuserste Elend gebracht. §. XIIX. Welches ich nur darum erzehle, und fast zu weit extraErzehlung / wie es vor dem mit Ordnung der General- und Superindenten in Braunschweigischen beschaffen gewesen. orbitas gehe, damit S. F. G. mit Händen greiffen mögen, daß zwar dieser Pfaffen-praecendenz- und Ober-Inspection Streit zu anfangs gering scheine, was er aber in recessu mit sich führe, und wo derselbe hinaus schlagen könne, insonderheit aber daß ich die fontes zeigen möge, worauf der G. Landes-Fürst und die Abfassere der Kirchen-Ordnung gar weißlich gesehen, wie sie die Ordnung unter den Predigern ratione inspectionis gemacht, denn sie haben das Land gleichsam in gewisse dioeceses, deren jeden sie einen Episcopum (liceat mihi paululum abuti vocabulo, & parva componere magnis) welchen sie einen Special Superintendenten genennet, deren sind damahls, wie das Stifft Hildesheim noch bey dem Lande war, 17. gewesen, die Inspection über solche 17. special-Superintendenten hat man wiederum in 5. Districtus getheilet, und jeden einen General-Superintendenten vorgesetzet, welcher über seine untergebene Speciales die Inspection haben solte: über solche 5. General Superintendenten ist kein anderer Oberer, oder Generalissimus Superintend verordnet gewesen, sondern es haben S. F. G. der Landes-Fürst magno & prudentissimo Consilio verordnet, daß die Ober-Inspection bey keinem Geistlichen, sondern vielmehr immediate bey S. F. Gnaden und an deren statt bey dem gantzen Consistorio seyn solte, laut des klaren Buchstabens der Ordnung p. 239. 240. 241. Solches Consistorium aber wird ordentlich mit dem Stadthalter dem Cantzler und dem General-Superintendenten zu Wolffenbüttel besetzet; solcher Wolffenbüttelsche Superintendent wird auch dahero in der Kirchen-Ordnung der oberste Superintendent genennet, welcher unter allen 5. General-Superintendenten nur die praecedentz und Oberstelle hatte, aus Ursachen, daß die Stadt Wolffenbüttel als sedes principis den andern Städten und Oertern, da die übrigen General-Superintendenten wohneten, ebener massen, wie der Römische Patriarcha aus den Ursachen den Vorsitz vor andern Patriarchen hätte, weil er in primaria urbe imperii & sede Imparatoris wohnete, er hatte aber vor sich den Patriarchen in ihrer vor alters gesetzten Ordnung verblieben, ein jeder mit seinem Vorsitz sich genügen lassen, und nicht weiters einen dominat, inspection und correction über die andern affectiren müssen, sondern es ist die conniventia, deren sich die weltlichen Potentaten hierin gebrauchet, ihnen über alle Maße theuer ankommen, und hat sie um Land und Leute, Leib und Leben, die Christliche Kirche aber hat sie in das äuserste Elend gebracht. §. XIIX. Welches ich nur darum erzehle, und fast zu weit extraErzehlung / wie es vor dem mit Ordnung der General- und Superindenten in Braunschweigischen beschaffen gewesen. orbitas gehe, damit S. F. G. mit Händen greiffen mögen, daß zwar dieser Pfaffen-praecendenz- und Ober-Inspection Streit zu anfangs gering scheine, was er aber in recessu mit sich führe, und wo derselbe hinaus schlagen könne, insonderheit aber daß ich die fontes zeigen möge, worauf der G. Landes-Fürst und die Abfassere der Kirchen-Ordnung gar weißlich gesehen, wie sie die Ordnung unter den Predigern ratione inspectionis gemacht, denn sie haben das Land gleichsam in gewisse dioeceses, deren jeden sie einen Episcopum (liceat mihi paululum abuti vocabulo, & parva componere magnis) welchen sie einen Special Superintendenten genennet, deren sind damahls, wie das Stifft Hildesheim noch bey dem Lande war, 17. gewesen, die Inspection über solche 17. special-Superintendenten hat man wiederum in 5. Districtus getheilet, und jeden einen General-Superintendenten vorgesetzet, welcher über seine untergebene Speciales die Inspection haben solte: über solche 5. General Superintendenten ist kein anderer Oberer, oder Generalissimus Superintend verordnet gewesen, sondern es haben S. F. G. der Landes-Fürst magno & prudentissimo Consilio verordnet, daß die Ober-Inspection bey keinem Geistlichen, sondern vielmehr immediate bey S. F. Gnaden und an deren statt bey dem gantzen Consistorio seyn solte, laut des klaren Buchstabens der Ordnung p. 239. 240. 241. Solches Consistorium aber wird ordentlich mit dem Stadthalter dem Cantzler und dem General-Superintendenten zu Wolffenbüttel besetzet; solcher Wolffenbüttelsche Superintendent wird auch dahero in der Kirchen-Ordnung der oberste Superintendent genennet, welcher unter allen 5. General-Superintendenten nur die praecedentz und Oberstelle hatte, aus Ursachen, daß die Stadt Wolffenbüttel als sedes principis den andern Städten und Oertern, da die übrigen General-Superintendenten wohneten, ebener massen, wie der Römische Patriarcha aus den Ursachen den Vorsitz vor andern Patriarchen hätte, weil er in primaria urbe imperii & sede Imparatoris wohnete, er hatte aber vor sich den <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0363" n="355"/> Patriarchen in ihrer vor alters gesetzten Ordnung verblieben, ein jeder mit seinem Vorsitz sich genügen lassen, und nicht weiters einen dominat, inspection und correction über die andern affectiren müssen, sondern es ist die conniventia, deren sich die weltlichen Potentaten hierin gebrauchet, ihnen über alle Maße theuer ankommen, und hat sie um Land und Leute, Leib und Leben, die Christliche Kirche aber hat sie in das äuserste Elend gebracht.</p> <p>§. XIIX. Welches ich nur darum erzehle, und fast zu weit extra<note place="right">Erzehlung / wie es vor dem mit Ordnung der General- und Superindenten in Braunschweigischen beschaffen gewesen.</note> orbitas gehe, damit S. F. G. mit Händen greiffen mögen, daß zwar dieser Pfaffen-praecendenz- und Ober-Inspection Streit zu anfangs gering scheine, was er aber in recessu mit sich führe, und wo derselbe hinaus schlagen könne, insonderheit aber daß ich die fontes zeigen möge, worauf der G. Landes-Fürst und die Abfassere der Kirchen-Ordnung gar weißlich gesehen, wie sie die Ordnung unter den Predigern ratione inspectionis gemacht, denn sie haben das Land gleichsam in gewisse dioeceses, deren jeden sie einen Episcopum (liceat mihi paululum abuti vocabulo, & parva componere magnis) welchen sie einen Special Superintendenten genennet, deren sind damahls, wie das Stifft Hildesheim noch bey dem Lande war, 17. gewesen, die Inspection über solche 17. special-Superintendenten hat man wiederum in 5. Districtus getheilet, und jeden einen General-Superintendenten vorgesetzet, welcher über seine untergebene Speciales die Inspection haben solte: über solche 5. General Superintendenten ist kein anderer Oberer, oder Generalissimus Superintend verordnet gewesen, sondern es haben S. F. G. der Landes-Fürst magno & prudentissimo Consilio verordnet, daß die Ober-Inspection bey keinem Geistlichen, sondern vielmehr immediate bey S. F. Gnaden und an deren statt bey dem gantzen Consistorio seyn solte, laut des klaren Buchstabens der Ordnung p. 239. 240. 241. Solches Consistorium aber wird ordentlich mit dem Stadthalter dem Cantzler und dem General-Superintendenten zu Wolffenbüttel besetzet; solcher Wolffenbüttelsche Superintendent wird auch dahero in der Kirchen-Ordnung der oberste Superintendent genennet, welcher unter allen 5. General-Superintendenten nur die praecedentz und Oberstelle hatte, aus Ursachen, daß die Stadt Wolffenbüttel als sedes principis den andern Städten und Oertern, da die übrigen General-Superintendenten wohneten, ebener massen, wie der Römische Patriarcha aus den Ursachen den Vorsitz vor andern Patriarchen hätte, weil er in primaria urbe imperii & sede Imparatoris wohnete, er hatte aber vor sich den </p> </div> </body> </text> </TEI> [355/0363]
Patriarchen in ihrer vor alters gesetzten Ordnung verblieben, ein jeder mit seinem Vorsitz sich genügen lassen, und nicht weiters einen dominat, inspection und correction über die andern affectiren müssen, sondern es ist die conniventia, deren sich die weltlichen Potentaten hierin gebrauchet, ihnen über alle Maße theuer ankommen, und hat sie um Land und Leute, Leib und Leben, die Christliche Kirche aber hat sie in das äuserste Elend gebracht.
§. XIIX. Welches ich nur darum erzehle, und fast zu weit extra orbitas gehe, damit S. F. G. mit Händen greiffen mögen, daß zwar dieser Pfaffen-praecendenz- und Ober-Inspection Streit zu anfangs gering scheine, was er aber in recessu mit sich führe, und wo derselbe hinaus schlagen könne, insonderheit aber daß ich die fontes zeigen möge, worauf der G. Landes-Fürst und die Abfassere der Kirchen-Ordnung gar weißlich gesehen, wie sie die Ordnung unter den Predigern ratione inspectionis gemacht, denn sie haben das Land gleichsam in gewisse dioeceses, deren jeden sie einen Episcopum (liceat mihi paululum abuti vocabulo, & parva componere magnis) welchen sie einen Special Superintendenten genennet, deren sind damahls, wie das Stifft Hildesheim noch bey dem Lande war, 17. gewesen, die Inspection über solche 17. special-Superintendenten hat man wiederum in 5. Districtus getheilet, und jeden einen General-Superintendenten vorgesetzet, welcher über seine untergebene Speciales die Inspection haben solte: über solche 5. General Superintendenten ist kein anderer Oberer, oder Generalissimus Superintend verordnet gewesen, sondern es haben S. F. G. der Landes-Fürst magno & prudentissimo Consilio verordnet, daß die Ober-Inspection bey keinem Geistlichen, sondern vielmehr immediate bey S. F. Gnaden und an deren statt bey dem gantzen Consistorio seyn solte, laut des klaren Buchstabens der Ordnung p. 239. 240. 241. Solches Consistorium aber wird ordentlich mit dem Stadthalter dem Cantzler und dem General-Superintendenten zu Wolffenbüttel besetzet; solcher Wolffenbüttelsche Superintendent wird auch dahero in der Kirchen-Ordnung der oberste Superintendent genennet, welcher unter allen 5. General-Superintendenten nur die praecedentz und Oberstelle hatte, aus Ursachen, daß die Stadt Wolffenbüttel als sedes principis den andern Städten und Oertern, da die übrigen General-Superintendenten wohneten, ebener massen, wie der Römische Patriarcha aus den Ursachen den Vorsitz vor andern Patriarchen hätte, weil er in primaria urbe imperii & sede Imparatoris wohnete, er hatte aber vor sich den
Erzehlung / wie es vor dem mit Ordnung der General- und Superindenten in Braunschweigischen beschaffen gewesen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/363 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/363>, abgerufen am 16.02.2025. |