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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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gütlichen Handlungen und Vergleiche zu Verhütung der Geld, Zeit, ja das Christenthumb selbst fressenden Processe angelegentlich und mit Fleiß, doch nicht weniger nach Anleitung des jetzt allegirten Reichs-Abschieds mit guter Bescheidenheit pflegen, daß zu gleich auf die justitiam causae gesehen, und der Gerechte dadurch nicht beschweret, dem Ungerechten aber übergeholffen werde, da sie dann auch mit mehrer Zuverläßigkeit den endlichen Zweck hierinne erreichen, wann diese Partheyen um der Judiciorum angezogener guter Beschaffenheit willen, desto grössere Zuversicht haben können, daß es mit ihnen auf solche Masse Christlich, wohl und billig gemeint sey, und dahero auch desto eher zur Einigkeit incliniren, wie groß auch vorhin der Haß und Bitterkeit gegen einander gewesen, und je seltener es in der That und Wahrheit übereintrifft, was man insgemein sagt: daß man der Sachen Feind, der Persohn Freund seyn wolte Und weil dann auch in den gemeinen Civil Rechten um eben diesen. Effect durch hierzu dienende Persohnen desto eher zu verrichten, gantz heilsamlich versehen, daß ad amicabiles compositiones nebst den weltlichen zu gleich geistliche Richter gezogen werden sollen, wie solches in der Auth. Si vero contigerit C. de jud. disponiret, und zu dem aus der Historie bekant ist, was bey den alten redlichen Teutschen, da sie gleich noch unter dem blinden Heidenthum gestanden, das sacerdotium gentile in componendis vel in decidendis litibus vor einen Valor gehabt, de poenis vid. Tac. de Mor. Germ. c. 7. add. Myler. Archol. c. 16. (zu geschweigen, was die Schrifft Deut. 17. v. 9. & 12. hiervon sagt, weil es nunmehro mit der Verfassung weltlicher Gerichte eine andere Bewandnüß hat;) so würde nicht undienlich seyn, sondern zweiffels ohne den angeregten guten Effect zu Christlicher Einigkeit, so wohl zu Erspahrung der Zeit und Kosten, die man sonst zu GOttes und des Nächsten Dienst anzuwenden schuldig, desto mehr befördern, wann dergleichen Adjunction von geistlichen bey den weltlichen Judiciis sonderlich in Anfange, und so lange noch die Sache in terminis amicabilis compositionis versiret, zur observanz gebracht, und zum wenigsten nach Befinden jedes Parts Seelsorger mit adhibiret würde. Es ist aber zu beklagen, daß die gütliche Handlung in denen höhern Judiciis dieser Lande / ob sie gleich durch offt wiederholte gute Gesetze und Landes-Ordnungen mit Ernst darauf gewiesen seyn, und auch anfänglich die Termine zur Güte und Recht jedesmahl, ja bey dem Hoff Gerichte gewisse Assessores und Advocaten in jedem Termine niedergesetzet und verordnet seyn, und noch zu demselben solches vor andern in denen Erledigungen de ao. 1661. Tit. von Justiz-

gütlichen Handlungen und Vergleiche zu Verhütung der Geld, Zeit, ja das Christenthumb selbst fressenden Processe angelegentlich und mit Fleiß, doch nicht weniger nach Anleitung des jetzt allegirtẽ Reichs-Abschieds mit guter Bescheidenheit pflegen, daß zu gleich auf die justitiam causae gesehen, und der Gerechte dadurch nicht beschweret, dem Ungerechten aber übergeholffen werde, da sie dann auch mit mehrer Zuverläßigkeit den endlichen Zweck hierinne erreichen, wann diese Partheyen um der Judiciorum angezogener guter Beschaffenheit willen, desto grössere Zuversicht haben können, daß es mit ihnen auf solche Masse Christlich, wohl und billig gemeint sey, und dahero auch desto eher zur Einigkeit incliniren, wie groß auch vorhin der Haß und Bitterkeit gegen einander gewesen, und je seltener es in der That und Wahrheit übereintrifft, was man insgemein sagt: daß man der Sachen Feind, der Persohn Freund seyn wolte Und weil dann auch in den gemeinen Civil Rechten um eben diesen. Effect durch hierzu dienende Persohnen desto eher zu verrichten, gantz heilsamlich versehen, daß ad amicabiles compositiones nebst den weltlichen zu gleich geistliche Richter gezogen werden sollen, wie solches in der Auth. Si vero contigerit C. de jud. disponiret, und zu dem aus der Historie bekant ist, was bey den alten redlichen Teutschen, da sie gleich noch unter dem blinden Heidenthum gestanden, das sacerdotium gentile in componendis vel in decidendis litibus vor einen Valor gehabt, de poenis vid. Tac. de Mor. Germ. c. 7. add. Myler. Archol. c. 16. (zu geschweigen, was die Schrifft Deut. 17. v. 9. & 12. hiervon sagt, weil es nunmehro mit der Verfassung weltlicher Gerichte eine andere Bewandnüß hat;) so würde nicht undienlich seyn, sondern zweiffels ohne den angeregten guten Effect zu Christlicher Einigkeit, so wohl zu Erspahrung der Zeit und Kosten, die man sonst zu GOttes und des Nächsten Dienst anzuwenden schuldig, desto mehr befördern, wann dergleichen Adjunction von geistlichen bey den weltlichen Judiciis sonderlich in Anfange, und so lange noch die Sache in terminis amicabilis compositionis versiret, zur observanz gebracht, und zum wenigsten nach Befinden jedes Parts Seelsorger mit adhibiret würde. Es ist aber zu beklagen, daß die gütliche Handlung in denen höhern Judiciis dieser Lande / ob sie gleich durch offt wiederholte gute Gesetze und Landes-Ordnungen mit Ernst darauf gewiesen seyn, und auch anfänglich die Termine zur Güte und Recht jedesmahl, ja bey dem Hoff Gerichte gewisse Assessores und Advocaten in jedem Termine niedergesetzet und verordnet seyn, und noch zu demselben solches vor andern in denen Erledigungen de ao. 1661. Tit. von Justiz-

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[28/0036] gütlichen Handlungen und Vergleiche zu Verhütung der Geld, Zeit, ja das Christenthumb selbst fressenden Processe angelegentlich und mit Fleiß, doch nicht weniger nach Anleitung des jetzt allegirtẽ Reichs-Abschieds mit guter Bescheidenheit pflegen, daß zu gleich auf die justitiam causae gesehen, und der Gerechte dadurch nicht beschweret, dem Ungerechten aber übergeholffen werde, da sie dann auch mit mehrer Zuverläßigkeit den endlichen Zweck hierinne erreichen, wann diese Partheyen um der Judiciorum angezogener guter Beschaffenheit willen, desto grössere Zuversicht haben können, daß es mit ihnen auf solche Masse Christlich, wohl und billig gemeint sey, und dahero auch desto eher zur Einigkeit incliniren, wie groß auch vorhin der Haß und Bitterkeit gegen einander gewesen, und je seltener es in der That und Wahrheit übereintrifft, was man insgemein sagt: daß man der Sachen Feind, der Persohn Freund seyn wolte Und weil dann auch in den gemeinen Civil Rechten um eben diesen. Effect durch hierzu dienende Persohnen desto eher zu verrichten, gantz heilsamlich versehen, daß ad amicabiles compositiones nebst den weltlichen zu gleich geistliche Richter gezogen werden sollen, wie solches in der Auth. Si vero contigerit C. de jud. disponiret, und zu dem aus der Historie bekant ist, was bey den alten redlichen Teutschen, da sie gleich noch unter dem blinden Heidenthum gestanden, das sacerdotium gentile in componendis vel in decidendis litibus vor einen Valor gehabt, de poenis vid. Tac. de Mor. Germ. c. 7. add. Myler. Archol. c. 16. (zu geschweigen, was die Schrifft Deut. 17. v. 9. & 12. hiervon sagt, weil es nunmehro mit der Verfassung weltlicher Gerichte eine andere Bewandnüß hat;) so würde nicht undienlich seyn, sondern zweiffels ohne den angeregten guten Effect zu Christlicher Einigkeit, so wohl zu Erspahrung der Zeit und Kosten, die man sonst zu GOttes und des Nächsten Dienst anzuwenden schuldig, desto mehr befördern, wann dergleichen Adjunction von geistlichen bey den weltlichen Judiciis sonderlich in Anfange, und so lange noch die Sache in terminis amicabilis compositionis versiret, zur observanz gebracht, und zum wenigsten nach Befinden jedes Parts Seelsorger mit adhibiret würde. Es ist aber zu beklagen, daß die gütliche Handlung in denen höhern Judiciis dieser Lande / ob sie gleich durch offt wiederholte gute Gesetze und Landes-Ordnungen mit Ernst darauf gewiesen seyn, und auch anfänglich die Termine zur Güte und Recht jedesmahl, ja bey dem Hoff Gerichte gewisse Assessores und Advocaten in jedem Termine niedergesetzet und verordnet seyn, und noch zu demselben solches vor andern in denen Erledigungen de ao. 1661. Tit. von Justiz-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/36>, abgerufen am 27.04.2024.