Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn der Amts-Vogt vorher die Schlieperin summarisch, jedoch glimpflich darüber vernommen hätte. Was Hoppenhausen von seiner Kranckheit gesagt, das kan auch wohl, wenn es anders alles wahr ist, aus unzeitiger Furcht und Einbildung geschehen seyn, indem man viel Exempel hat, daß dergleichen furchtsame Einbildung noch wunderlichere Würckungen vorgebracht. Jedoch wäre dabey auch zu untersuchen, ob nicht der Hoppenhausen eine Venerische Kranckheit gehabt hätte, davon er seine Schande zu bedecken, die wahren Umstände nicht melden, und lieber die wahre Ursachen mit einer vorgegebenen Hexerey bemänteln wollen. Und diese schreckhaffte oder furchtsame Einbildung, ingleichen fallacia non causae ut causae wird noch mehr durch das Exempel, das Jost Schlüter angeführet, bescheiniget, worzu noch eine andre abergläubische Einbildung gekommen, nemlich vom Weyh-Wasser und worzu selbiges gut sey.

§. IIX. Ob nun wohl der Amts-Voigt dieses hätte bedencken,Der fünfte actus: Abhörung über Artickel u. Confrontation. und ehe er mit der Abhörung ad articulos fortgefahren, zu vorhero seinen Obern diese neuen registraturen zuschicken sollen, so hat ihn doch die tieffe Einbildung von dem unnatürlichen Licht, und muthmaßlich auch das, was vom Weyh-Wasser gemeldet worden, angetrieben, daß er alsbald des andern Tages drauff die Schlieperin auf Artickel vernommen, und mit den Zeugen confrontirt.

Actum den 28. May 1695.

Wurde Inquisita zu dem Amt durch den Gerichts-Diener gefodert, und über vorhergende articulos inquisitionales gütlichen vernommen, worauf dieselbe deponirte, wie folget; Art. 1. Wie Inquisita hiesse? Resp. Catharina Schlieperin. 2. Wie alt sie sey? 38. Jahr. 3. Wer ihre Eltern und Groß-Eltern gewesen? Ihr Vater lebe noch und heisse Andreas Helmolt, wer ihre Mutter gewesen, wisse sie nicht, habe gehöret, daß dieselbe Orthia geheissen und 9. Jahr zu Einbeck gedienet habe, dero Zunahmen wisse sie nicht, habe auch nicht gefragt, wie dero Zunahmen sey; ihre Mutter sey gestorben, als sie deponentin 8 Jahr alt gewesen. 4. Was dieselbe vor ein Gerücht von sich gehabt? Sie hätten einen guten Nahmen gehabt / und würde ihren Eltern und Groß-Eltern niemand etwas Böses nachsagen können. 5. Wie lange Inquisita verheyrathet gewesen und mit wem? 19. Jahr mit Christian Schlieper, welcher im Octobri vorigen Jahrs gestorben sey. 6. Ob und wie viel Kinder sie erzielet? Affirmat, und zwar 3. Söhne und 2. Töchter. 7. Ob denn einige, wann, und an was vor Kranckheit dieselbe gestorben? Affirmat, und wären 2. Söhne an den Blattern gestorben, der 3te Sohn vom Pferd gefallen und habe von diesem Fall

wenn der Amts-Vogt vorher die Schlieperin summarisch, jedoch glimpflich darüber vernommen hätte. Was Hoppenhausen von seiner Kranckheit gesagt, das kan auch wohl, wenn es anders alles wahr ist, aus unzeitiger Furcht und Einbildung geschehen seyn, indem man viel Exempel hat, daß dergleichen furchtsame Einbildung noch wunderlichere Würckungen vorgebracht. Jedoch wäre dabey auch zu untersuchen, ob nicht der Hoppenhausen eine Venerische Kranckheit gehabt hätte, davon er seine Schande zu bedecken, die wahren Umstände nicht melden, und lieber die wahre Ursachen mit einer vorgegebenen Hexerey bemänteln wollen. Und diese schreckhaffte oder furchtsame Einbildung, ingleichen fallacia non causae ut causae wird noch mehr durch das Exempel, das Jost Schlüter angeführet, bescheiniget, worzu noch eine andre abergläubische Einbildung gekommen, nemlich vom Weyh-Wasser und worzu selbiges gut sey.

§. IIX. Ob nun wohl der Amts-Voigt dieses hätte bedencken,Der fünfte actus: Abhörung über Artickel u. Confrontation. und ehe er mit der Abhörung ad articulos fortgefahren, zu vorhero seinen Obern diese neuen registraturen zuschicken sollen, so hat ihn doch die tieffe Einbildung von dem unnatürlichen Licht, und muthmaßlich auch das, was vom Weyh-Wasser gemeldet worden, angetrieben, daß er alsbald des andern Tages drauff die Schlieperin auf Artickel vernommen, und mit den Zeugen confrontirt.

Actum den 28. May 1695.

Wurde Inquisita zu dem Amt durch den Gerichts-Diener gefodert, und über vorhergende articulos inquisitionales gütlichen vernommen, worauf dieselbe deponirte, wie folget; Art. 1. Wie Inquisita hiesse? Resp. Catharina Schlieperin. 2. Wie alt sie sey? 38. Jahr. 3. Wer ihre Eltern und Groß-Eltern gewesen? Ihr Vater lebe noch und heisse Andreas Helmolt, wer ihre Mutter gewesen, wisse sie nicht, habe gehöret, daß dieselbe Orthia geheissen und 9. Jahr zu Einbeck gedienet habe, dero Zunahmen wisse sie nicht, habe auch nicht gefragt, wie dero Zunahmen sey; ihre Mutter sey gestorben, als sie deponentin 8 Jahr alt gewesen. 4. Was dieselbe vor ein Gerücht von sich gehabt? Sie hätten einen guten Nahmen gehabt / und würde ihren Eltern und Groß-Eltern niemand etwas Böses nachsagen können. 5. Wie lange Inquisita verheyrathet gewesen und mit wem? 19. Jahr mit Christian Schlieper, welcher im Octobri vorigen Jahrs gestorben sey. 6. Ob und wie viel Kinder sie erzielet? Affirmat, und zwar 3. Söhne und 2. Töchter. 7. Ob denn einige, wann, und an was vor Kranckheit dieselbe gestorben? Affirmat, und wären 2. Söhne an den Blattern gestorben, der 3te Sohn vom Pferd gefallen und habe von diesem Fall

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0317" n="309"/>
wenn der Amts-Vogt vorher die                      Schlieperin summarisch, jedoch glimpflich darüber vernommen hätte. Was                      Hoppenhausen von seiner Kranckheit gesagt, das kan auch wohl, wenn es anders                      alles wahr ist, aus unzeitiger Furcht und Einbildung geschehen seyn, indem man                      viel Exempel hat, daß dergleichen furchtsame Einbildung noch wunderlichere                      Würckungen vorgebracht. Jedoch wäre dabey auch zu untersuchen, ob nicht der                      Hoppenhausen eine Venerische Kranckheit gehabt hätte, davon er seine Schande zu                      bedecken, die wahren Umstände nicht melden, und lieber die wahre Ursachen mit                      einer vorgegebenen Hexerey bemänteln wollen. Und diese schreckhaffte oder                      furchtsame Einbildung, ingleichen fallacia non causae ut causae wird noch mehr                      durch das Exempel, das Jost Schlüter angeführet, bescheiniget, worzu noch eine                      andre abergläubische Einbildung gekommen, nemlich vom Weyh-Wasser und worzu                      selbiges gut sey.</p>
        <p>§. IIX. Ob nun wohl der Amts-Voigt dieses hätte bedencken,<note place="right">Der fünfte <hi rendition="#i">actus:</hi> Abhörung über                          Artickel u. <hi rendition="#i">Confrontation</hi>.</note> und ehe er mit der                      Abhörung ad articulos fortgefahren, zu vorhero seinen Obern diese neuen                      registraturen zuschicken sollen, so hat ihn doch die tieffe Einbildung von dem                      unnatürlichen Licht, und muthmaßlich auch das, was vom Weyh-Wasser gemeldet                      worden, angetrieben, daß er alsbald des andern Tages drauff die Schlieperin auf                      Artickel vernommen, und mit den Zeugen confrontirt.</p>
      </div>
      <div>
        <head>Actum den 28. May 1695.</head><lb/>
        <p>Wurde Inquisita zu dem Amt durch den Gerichts-Diener gefodert, und über                      vorhergende articulos inquisitionales gütlichen vernommen, worauf dieselbe                      deponirte, wie folget; Art. 1. Wie Inquisita hiesse? Resp. Catharina                      Schlieperin. 2. Wie alt sie sey? 38. Jahr. 3. Wer ihre Eltern und Groß-Eltern                      gewesen? Ihr Vater lebe noch und heisse Andreas Helmolt, wer ihre Mutter                      gewesen, wisse sie nicht, habe gehöret, daß dieselbe Orthia geheissen und 9.                      Jahr zu Einbeck gedienet habe, dero Zunahmen wisse sie nicht, habe auch nicht                      gefragt, wie dero Zunahmen sey; ihre Mutter sey gestorben, als sie deponentin 8                      Jahr alt gewesen. 4. Was dieselbe vor ein Gerücht von sich gehabt? Sie hätten                      einen guten Nahmen gehabt / und würde ihren Eltern und Groß-Eltern niemand etwas                      Böses nachsagen können. 5. Wie lange Inquisita verheyrathet gewesen und mit wem?                      19. Jahr mit Christian Schlieper, welcher im Octobri vorigen Jahrs gestorben                      sey. 6. Ob und wie viel Kinder sie erzielet? Affirmat, und zwar 3. Söhne und 2.                      Töchter. 7. Ob denn einige, wann, und an was vor Kranckheit dieselbe gestorben?                      Affirmat, und wären 2. Söhne an den Blattern gestorben, der 3te Sohn vom Pferd                      gefallen und habe von diesem Fall
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0317] wenn der Amts-Vogt vorher die Schlieperin summarisch, jedoch glimpflich darüber vernommen hätte. Was Hoppenhausen von seiner Kranckheit gesagt, das kan auch wohl, wenn es anders alles wahr ist, aus unzeitiger Furcht und Einbildung geschehen seyn, indem man viel Exempel hat, daß dergleichen furchtsame Einbildung noch wunderlichere Würckungen vorgebracht. Jedoch wäre dabey auch zu untersuchen, ob nicht der Hoppenhausen eine Venerische Kranckheit gehabt hätte, davon er seine Schande zu bedecken, die wahren Umstände nicht melden, und lieber die wahre Ursachen mit einer vorgegebenen Hexerey bemänteln wollen. Und diese schreckhaffte oder furchtsame Einbildung, ingleichen fallacia non causae ut causae wird noch mehr durch das Exempel, das Jost Schlüter angeführet, bescheiniget, worzu noch eine andre abergläubische Einbildung gekommen, nemlich vom Weyh-Wasser und worzu selbiges gut sey. §. IIX. Ob nun wohl der Amts-Voigt dieses hätte bedencken, und ehe er mit der Abhörung ad articulos fortgefahren, zu vorhero seinen Obern diese neuen registraturen zuschicken sollen, so hat ihn doch die tieffe Einbildung von dem unnatürlichen Licht, und muthmaßlich auch das, was vom Weyh-Wasser gemeldet worden, angetrieben, daß er alsbald des andern Tages drauff die Schlieperin auf Artickel vernommen, und mit den Zeugen confrontirt. Der fünfte actus: Abhörung über Artickel u. Confrontation. Actum den 28. May 1695. Wurde Inquisita zu dem Amt durch den Gerichts-Diener gefodert, und über vorhergende articulos inquisitionales gütlichen vernommen, worauf dieselbe deponirte, wie folget; Art. 1. Wie Inquisita hiesse? Resp. Catharina Schlieperin. 2. Wie alt sie sey? 38. Jahr. 3. Wer ihre Eltern und Groß-Eltern gewesen? Ihr Vater lebe noch und heisse Andreas Helmolt, wer ihre Mutter gewesen, wisse sie nicht, habe gehöret, daß dieselbe Orthia geheissen und 9. Jahr zu Einbeck gedienet habe, dero Zunahmen wisse sie nicht, habe auch nicht gefragt, wie dero Zunahmen sey; ihre Mutter sey gestorben, als sie deponentin 8 Jahr alt gewesen. 4. Was dieselbe vor ein Gerücht von sich gehabt? Sie hätten einen guten Nahmen gehabt / und würde ihren Eltern und Groß-Eltern niemand etwas Böses nachsagen können. 5. Wie lange Inquisita verheyrathet gewesen und mit wem? 19. Jahr mit Christian Schlieper, welcher im Octobri vorigen Jahrs gestorben sey. 6. Ob und wie viel Kinder sie erzielet? Affirmat, und zwar 3. Söhne und 2. Töchter. 7. Ob denn einige, wann, und an was vor Kranckheit dieselbe gestorben? Affirmat, und wären 2. Söhne an den Blattern gestorben, der 3te Sohn vom Pferd gefallen und habe von diesem Fall

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/317
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/317>, abgerufen am 25.11.2024.