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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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25) Komme ich an die Cathechismos Lutheri, so finde ich, daß weder der kleine noch der grosse Catechißmus voll; der grosse auch in dem Tübingigeschen Exemplar noch ferner mutiret ist als in andern. Exculationes finde ich in Hutteri Concordia Concorde, aber warlich gar schlecht, und wann ich zusammen nehme, was Chemnitius an die Facultät zu Helmstädt deswegen geschrieben, und dann was zu Quedlinburg im Colloquio fürkommen, was Lüneburg deßwegen abgehen lassen, und zur Antwort bekommen, was dann wieder das Straßfurdische Buch geschrieben, so finde ichs gar wieder einander, immassen ich iederzeit demonstriren kan, daß die Meynung der Herren Chur und Fürsten in der praefation anders gewesen, giebt der Buchstab aus derselben. 26) In den Catechismis desiderire ich weiters, daß man in den 10. Gebothen den locum de imaginibus ausgelassen. Ratio: Dieweil ichs in den textibus biblicis, darauf mich die formula, tanquam certissimam normam weiset, finde, und GOttes Geboth dahin gehet: Ihr solt nichts dazu thun, auch nichts davon nehmen; Controvertire gleichwohl dabey nicht, ob es appendix primi, oder ein sonderlich praeceptum sey: It. Daß es auf den Cultum und adorationem gehe, sondern ich sage, hätte es der allmächtige GOtt nicht dabey haben wollen, hätte er es selbsten wohl heraus lassen können; Es macht mir aber ein grosses dubium, daß es Lutherus und Brentius für ein bloß ceremoniale praeceptum ad Judaeos pertinens halten: (Da doch D. Jacobus Audreas und andere das contrarium statuiren,) mit denen ich nicht einig. 27) Komme ich an den Locum de baptismo, so finde ich weder in der Apologie oder dem grossen Catechismo Lutheri, daß praecise alle und jede Kinder, die getaufft werden, in und durch die Tauffe alsofort den Glauben und die regenerationem empsangen; sondern also saget die Apologia: Daß aber GOtt der HErr Gefallen hat an der Tauffe der jungen Kinder, zeiget er damit an, daß er vielen, so in der Kindheit getaufft seyn, den Heiligen Geist hat gegeben. Gleichermassen saget Lutherus im grossen Catechismo, es erweise sich an vielen, daß sie den Heiligen Geist empfangen. Item, es lieget uns nicht die grosse Macht daran, ob, der da getaufft werde / glaube oder nicht. Item, darum sage ich, hast du nicht geglaubet, so glaube noch, und spricht also, die Tauffe ist wohl recht gewesen; Ich habe sie aber leyder nicht recht empfangen; Item, also thun wir auch mit der Kinder-Tauffe, das Kind tragen wir herzu, der Meynung und Hoffnung, daß es glaube, und bitten, daß ihme GOtt den Glauben gebe. Also sagt er auch in seinen Predigten von der Heiligen Tauffe im 3ten Theil sexto Jenensi fol. 293. fac. 2. Denn hie theilet sichs, und gehet an die Ungleichheit, daß nicht alle dieselbe Krafft und Nutz der Tauffe empfangen: Eiliche mit dem Glauben, etliche ohne Glauben, &. seq. und fol. 292. fac. 2. son
25) Komme ich an die Cathechismos Lutheri, so finde ich, daß weder der kleine noch der grosse Catechißmus voll; der grosse auch in dem Tübingigeschen Exemplar noch ferner mutiret ist als in andern. Exculationes finde ich in Hutteri Concordia Concorde, aber warlich gar schlecht, und wann ich zusammen nehme, was Chemnitius an die Facultät zu Helmstädt deswegen geschrieben, und dann was zu Quedlinburg im Colloquio fürkommen, was Lüneburg deßwegen abgehen lassen, und zur Antwort bekommen, was dann wieder das Straßfurdische Buch geschrieben, so finde ichs gar wieder einander, immassen ich iederzeit demonstriren kan, daß die Meynung der Herren Chur und Fürsten in der praefation anders gewesen, giebt der Buchstab aus derselben. 26) In den Catechismis desiderire ich weiters, daß man in den 10. Gebothen den locum de imaginibus ausgelassen. Ratio: Dieweil ichs in den textibus biblicis, darauf mich die formula, tanquam certissimam normam weiset, finde, und GOttes Geboth dahin gehet: Ihr solt nichts dazu thun, auch nichts davon nehmen; Controvertire gleichwohl dabey nicht, ob es appendix primi, oder ein sonderlich praeceptum sey: It. Daß es auf den Cultum und adorationem gehe, sondern ich sage, hätte es der allmächtige GOtt nicht dabey haben wollen, hätte er es selbsten wohl heraus lassen können; Es macht mir aber ein grosses dubium, daß es Lutherus und Brentius für ein bloß ceremoniale praeceptum ad Judaeos pertinens halten: (Da doch D. Jacobus Audreas und andere das contrarium statuiren,) mit denen ich nicht einig. 27) Komme ich an den Locum de baptismo, so finde ich weder in der Apologie oder dem grossen Catechismo Lutheri, daß praecise alle und jede Kinder, die getaufft werden, in und durch die Tauffe alsofort den Glauben und die regenerationem empsangen; sondern also saget die Apologia: Daß aber GOtt der HErr Gefallen hat an der Tauffe der jungen Kinder, zeiget er damit an, daß er vielen, so in der Kindheit getaufft seyn, den Heiligen Geist hat gegeben. Gleichermassen saget Lutherus im grossen Catechismo, es erweise sich an vielen, daß sie den Heiligen Geist empfangen. Item, es lieget uns nicht die grosse Macht daran, ob, der da getaufft werde / glaube oder nicht. Item, darum sage ich, hast du nicht geglaubet, so glaube noch, und spricht also, die Tauffe ist wohl recht gewesen; Ich habe sie aber leyder nicht recht empfangen; Item, also thun wir auch mit der Kinder-Tauffe, das Kind tragen wir herzu, der Meynung und Hoffnung, daß es glaube, und bitten, daß ihme GOtt den Glauben gebe. Also sagt er auch in seinen Predigten von der Heiligen Tauffe im 3ten Theil sexto Jenensi fol. 293. fac. 2. Denn hie theilet sichs, und gehet an die Ungleichheit, daß nicht alle dieselbe Krafft und Nutz der Tauffe empfangen: Eiliche mit dem Glauben, etliche ohne Glauben, &. seq. und fol. 292. fac. 2. son
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[220/0228] 25) Komme ich an die Cathechismos Lutheri, so finde ich, daß weder der kleine noch der grosse Catechißmus voll; der grosse auch in dem Tübingigeschen Exemplar noch ferner mutiret ist als in andern. Exculationes finde ich in Hutteri Concordia Concorde, aber warlich gar schlecht, und wann ich zusammen nehme, was Chemnitius an die Facultät zu Helmstädt deswegen geschrieben, und dann was zu Quedlinburg im Colloquio fürkommen, was Lüneburg deßwegen abgehen lassen, und zur Antwort bekommen, was dann wieder das Straßfurdische Buch geschrieben, so finde ichs gar wieder einander, immassen ich iederzeit demonstriren kan, daß die Meynung der Herren Chur und Fürsten in der praefation anders gewesen, giebt der Buchstab aus derselben. 26) In den Catechismis desiderire ich weiters, daß man in den 10. Gebothen den locum de imaginibus ausgelassen. Ratio: Dieweil ichs in den textibus biblicis, darauf mich die formula, tanquam certissimam normam weiset, finde, und GOttes Geboth dahin gehet: Ihr solt nichts dazu thun, auch nichts davon nehmen; Controvertire gleichwohl dabey nicht, ob es appendix primi, oder ein sonderlich praeceptum sey: It. Daß es auf den Cultum und adorationem gehe, sondern ich sage, hätte es der allmächtige GOtt nicht dabey haben wollen, hätte er es selbsten wohl heraus lassen können; Es macht mir aber ein grosses dubium, daß es Lutherus und Brentius für ein bloß ceremoniale praeceptum ad Judaeos pertinens halten: (Da doch D. Jacobus Audreas und andere das contrarium statuiren,) mit denen ich nicht einig. 27) Komme ich an den Locum de baptismo, so finde ich weder in der Apologie oder dem grossen Catechismo Lutheri, daß praecise alle und jede Kinder, die getaufft werden, in und durch die Tauffe alsofort den Glauben und die regenerationem empsangen; sondern also saget die Apologia: Daß aber GOtt der HErr Gefallen hat an der Tauffe der jungen Kinder, zeiget er damit an, daß er vielen, so in der Kindheit getaufft seyn, den Heiligen Geist hat gegeben. Gleichermassen saget Lutherus im grossen Catechismo, es erweise sich an vielen, daß sie den Heiligen Geist empfangen. Item, es lieget uns nicht die grosse Macht daran, ob, der da getaufft werde / glaube oder nicht. Item, darum sage ich, hast du nicht geglaubet, so glaube noch, und spricht also, die Tauffe ist wohl recht gewesen; Ich habe sie aber leyder nicht recht empfangen; Item, also thun wir auch mit der Kinder-Tauffe, das Kind tragen wir herzu, der Meynung und Hoffnung, daß es glaube, und bitten, daß ihme GOtt den Glauben gebe. Also sagt er auch in seinen Predigten von der Heiligen Tauffe im 3ten Theil sexto Jenensi fol. 293. fac. 2. Denn hie theilet sichs, und gehet an die Ungleichheit, daß nicht alle dieselbe Krafft und Nutz der Tauffe empfangen: Eiliche mit dem Glauben, etliche ohne Glauben, &. seq. und fol. 292. fac. 2. son

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/228>, abgerufen am 23.11.2024.