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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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ter sich, als mit den geschriebenen, die man ausgeschickt, disceptiren. Immassen von etlichen particulariter angemercket, worüber man nicht wissen können, welches das rechte oder nicht; Immassen D. Daniel Hoffmann von sich geschrieben, daß mans den Churfürstlichen in Colloquio Quedlinburgensi fürgerückt, sie sich zwar auch erbothen, das eine Dreßdnische Exemplar zu corrigiren, und ihnen zur Nachricht, wie auch noch an drey Oerter in Verwahrung zu geben. Aber die Braunsch weigischen haben es aus der Ursache abgeschlagen, daß sichs nicht gebühren wolte, ein ander Exemplar in der Clausur zu haben, und ein anders in Kirchen und Schulen umgehen zu lassen. Die Notorietas dieses Dinges ist da, und kan gar nicht geleugnet werden. 13) Die Entschuldigung stelle ich zwar an seinen Ort, und gehet, wann ich nur mit der formula unbeirret bleibe, mich dieses Ding gar nicht an. Da ich aber ietzo von nothwegen darauf Gedancken wenden muß, so werde ich, doch andere Ursachen zu geschweigen, darum hiedurch gar sehr geärgert: Dann formula soll explicatio Augustanae Confessionis und sowohl ein Symbolum derer Kirchen, die sie agnosciren, seyn, als die Augustana Confessio. Nun beschuldigt man den treuen gottseeligen und wohlverdienten Herrn Philippum aufs euserste, ja wie Jacobi Andreae Dreßdnische und Wittenbergische Predigten, ingleichen andere scripta ausweisen, machet man ihn gar zum falsario und Unmann drüber, daß er etwas in der Augspurgischen Confession (wie man saget) für sich ein wenig geändert. Daß Philippus zwar nichts für sich, oder aus eigner Thurst gethan, erscheinet daher, daß solche Confessio auf unterschiedenen Conventen öffentlich fürgeleget und gebrauchet, und sich keines Chur- oder Fürsten Theologus oder Politicus darüber im wenigsten beschwehret, ja daß sie alle Chur- und Fürsten, so daran interessiret, approbiret. Dasselbe bezeuget der Naumburgische Abschied de anno 65. daß sie nicht verfälschet oder verschlimmert, ist daher wahr, daß mans eine Verbesserung und explication jederzeit genennet: Und obwohl die Apologia formulae cap. 9. die Verbesserung nicht einräumen will, so sagt doch Chytraeus, welcher ja einer ex Gollectoribus formulae gewesen, in historia Augustanae Confessionis ausdrücklich, daß sie sey verbessert worden, welches ich also pro defensione Philippi mit anziehen müssen: Aber, wenn obgemeldter Theologen Censur wieder ihn gehen soll, was muß denn vor eine Censur wegen der mutation formulae wieder sie gehen, als die es eben sowohl ohne Geheiß der Obrigkeit für sich gethan haben? 14) Und freylich haben die andern Collectores, so dessen unschuldig, selbst dawieder geeiffert; Wie denn Musculus dahero die formulam jedesmahl einem Bettlers-Mantel verglichen, daran etliche Leute sonderliche Flecken gesetzt hätten.
ter sich, als mit den geschriebenen, die man ausgeschickt, disceptiren. Immassen von etlichen particulariter angemercket, worüber man nicht wissen können, welches das rechte oder nicht; Immassen D. Daniel Hoffmann von sich geschrieben, daß mans den Churfürstlichen in Colloquio Quedlinburgensi fürgerückt, sie sich zwar auch erbothen, das eine Dreßdnische Exemplar zu corrigiren, und ihnen zur Nachricht, wie auch noch an drey Oerter in Verwahrung zu geben. Aber die Braunsch weigischen haben es aus der Ursache abgeschlagen, daß sichs nicht gebühren wolte, ein ander Exemplar in der Clausur zu haben, und ein anders in Kirchen und Schulen umgehen zu lassen. Die Notorietas dieses Dinges ist da, und kan gar nicht geleugnet werden. 13) Die Entschuldigung stelle ich zwar an seinen Ort, und gehet, wann ich nur mit der formula unbeirret bleibe, mich dieses Ding gar nicht an. Da ich aber ietzo von nothwegen darauf Gedancken wenden muß, so werde ich, doch andere Ursachen zu geschweigen, darum hiedurch gar sehr geärgert: Dann formula soll explicatio Augustanae Confessionis und sowohl ein Symbolum derer Kirchen, die sie agnosciren, seyn, als die Augustana Confessio. Nun beschuldigt man den treuen gottseeligen und wohlverdienten Herrn Philippum aufs euserste, ja wie Jacobi Andreae Dreßdnische und Wittenbergische Predigten, ingleichen andere scripta ausweisen, machet man ihn gar zum falsario und Unmann drüber, daß er etwas in der Augspurgischen Confession (wie man saget) für sich ein wenig geändert. Daß Philippus zwar nichts für sich, oder aus eigner Thurst gethan, erscheinet daher, daß solche Confessio auf unterschiedenen Conventen öffentlich fürgeleget und gebrauchet, und sich keines Chur- oder Fürsten Theologus oder Politicus darüber im wenigsten beschwehret, ja daß sie alle Chur- und Fürsten, so daran interessiret, approbiret. Dasselbe bezeuget der Naumburgische Abschied de anno 65. daß sie nicht verfälschet oder verschlimmert, ist daher wahr, daß mans eine Verbesserung und explication jederzeit genennet: Und obwohl die Apologia formulae cap. 9. die Verbesserung nicht einräumen will, so sagt doch Chytraeus, welcher ja einer ex Gollectoribus formulae gewesen, in historia Augustanae Confessionis ausdrücklich, daß sie sey verbessert worden, welches ich also pro defensione Philippi mit anziehen müssen: Aber, wenn obgemeldter Theologen Censur wieder ihn gehen soll, was muß denn vor eine Censur wegen der mutation formulae wieder sie gehen, als die es eben sowohl ohne Geheiß der Obrigkeit für sich gethan haben? 14) Und freylich haben die andern Collectores, so dessen unschuldig, selbst dawieder geeiffert; Wie denn Musculus dahero die formulam jedesmahl einem Bettlers-Mantel verglichen, daran etliche Leute sonderliche Flecken gesetzt hätten.
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[216/0224] ter sich, als mit den geschriebenen, die man ausgeschickt, disceptiren. Immassen von etlichen particulariter angemercket, worüber man nicht wissen können, welches das rechte oder nicht; Immassen D. Daniel Hoffmann von sich geschrieben, daß mans den Churfürstlichen in Colloquio Quedlinburgensi fürgerückt, sie sich zwar auch erbothen, das eine Dreßdnische Exemplar zu corrigiren, und ihnen zur Nachricht, wie auch noch an drey Oerter in Verwahrung zu geben. Aber die Braunsch weigischen haben es aus der Ursache abgeschlagen, daß sichs nicht gebühren wolte, ein ander Exemplar in der Clausur zu haben, und ein anders in Kirchen und Schulen umgehen zu lassen. Die Notorietas dieses Dinges ist da, und kan gar nicht geleugnet werden. 13) Die Entschuldigung stelle ich zwar an seinen Ort, und gehet, wann ich nur mit der formula unbeirret bleibe, mich dieses Ding gar nicht an. Da ich aber ietzo von nothwegen darauf Gedancken wenden muß, so werde ich, doch andere Ursachen zu geschweigen, darum hiedurch gar sehr geärgert: Dann formula soll explicatio Augustanae Confessionis und sowohl ein Symbolum derer Kirchen, die sie agnosciren, seyn, als die Augustana Confessio. Nun beschuldigt man den treuen gottseeligen und wohlverdienten Herrn Philippum aufs euserste, ja wie Jacobi Andreae Dreßdnische und Wittenbergische Predigten, ingleichen andere scripta ausweisen, machet man ihn gar zum falsario und Unmann drüber, daß er etwas in der Augspurgischen Confession (wie man saget) für sich ein wenig geändert. Daß Philippus zwar nichts für sich, oder aus eigner Thurst gethan, erscheinet daher, daß solche Confessio auf unterschiedenen Conventen öffentlich fürgeleget und gebrauchet, und sich keines Chur- oder Fürsten Theologus oder Politicus darüber im wenigsten beschwehret, ja daß sie alle Chur- und Fürsten, so daran interessiret, approbiret. Dasselbe bezeuget der Naumburgische Abschied de anno 65. daß sie nicht verfälschet oder verschlimmert, ist daher wahr, daß mans eine Verbesserung und explication jederzeit genennet: Und obwohl die Apologia formulae cap. 9. die Verbesserung nicht einräumen will, so sagt doch Chytraeus, welcher ja einer ex Gollectoribus formulae gewesen, in historia Augustanae Confessionis ausdrücklich, daß sie sey verbessert worden, welches ich also pro defensione Philippi mit anziehen müssen: Aber, wenn obgemeldter Theologen Censur wieder ihn gehen soll, was muß denn vor eine Censur wegen der mutation formulae wieder sie gehen, als die es eben sowohl ohne Geheiß der Obrigkeit für sich gethan haben? 14) Und freylich haben die andern Collectores, so dessen unschuldig, selbst dawieder geeiffert; Wie denn Musculus dahero die formulam jedesmahl einem Bettlers-Mantel verglichen, daran etliche Leute sonderliche Flecken gesetzt hätten.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/224>, abgerufen am 23.11.2024.