Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.Gebühren, nebst derer Collegiorum ordentlichen Besoldungen zusammen rechnet, leicht so hoch, wo nicht höher kommen wird) mit so vielen oder noch wenigern Groschen geschehen kan, und wo regulariter virtel, halbe, oder auch wohl gantze und mehr Jahre mit einen solchen Bey-Urthel dnrch unterschiedene Instantien mitappelliren und dergleichen zugebracht, nunmehro die Sachen mit so viel Tagen, Wochen, Monaten oder längststens Sächß. Fristen ausgebracht werden kan. Solte man auch die Rechnung machen, was durch dieses einige Mittel in dem gantzen Lande, oder auch nur am 2. oder 3 Orthen, wo die meisten Processe schweben, an unnöthigen Kosten könte ersparet werden, so würde jenes sich gewiß jährlich auf etliche, das letztere aber mehr als auf eine Tonne Goldes sich belauffen. Woraus leicht zu schlüssen, was nur in diesen Stück, (da man zwar alle Judicia uud zwar leider! die Hohen mehr als die Niedrigen durch allepartes vor diesem mehr bedeuteten Wesenlosen Bilde kaum exkennen kan) geschweige denn durch den gantzen Mangel hafften Zustandt, womit das JustiZ Wesen behafftet, dem Publico abgehet, und hingegen dem Privat Nutzen der Richter (doch meistens denen Directoribus in höhern Collegiis) und Advocaten als ein wiewohl unverschuldetes Schuld-Opfer zu Theil wird. §. IX. Was aber 3) das jenige Gebrechen betrifft, welches sich bey derIII. Grosser Mißbrauch der Appellationen und vielfältige querelen darüber. Justiz durch den über Hand genommenen grossen Mißbrauch der Appellationen ereignet, ist zwar vor sich bekant, daß man deren Extension und Erweiterung niemahls dem gemeinen Wesen zuttäglich, sondern vielmehr jederzeit schädlich befunden; dahero denn auch, wie es die Historien, so wohl viele bewehrte Recht-Lehrer und Politici, noch mehr aber die Römischen Civil Rechte, und noch am allermeisten die vorhandene jüngste Reichs Satzungen de ao. 1594. §. 92. 93. 94. it. de ao. 1600. §. 17. 18. 19. und insonderheit der letzte Reichs-Abschied de ao. 1654. §. 109. sec. usque 121. bezeugen, man auf deren restrictiones und Beschrenckungen sorgfältig bedacht gewesen, und die Mittel hierzu prospiciret: als man sonderlich gesehen, daß aus dem angeregten Mißbrauch, nichts als langwierige Verschleiffungen der Processe erfolgeten, und öffters zancksüchtiege u. wiederspenstige Leute und Unterthanen davon Gelegenheit nehmen, GOtt und ihre ordentliche Obrigkeit zu beleidigen, und verächtlich hindanzusetzen, wie nicht weniger den schon mit Unrecht gekränckten Nächsten an Erlangung seines Rechten aufzuhalten, und zuverkürtzen, ja wohl endlich gar darum, oder es dahin zu bringen, daß er es aus Mangel der Kosten ersitzen lassen muß. Allein, wenn man diesen mehr angeregten Gebühren, nebst derer Collegiorum ordentlichen Besoldungen zusammen rechnet, leicht so hoch, wo nicht höher kommen wird) mit so vielen oder noch wenigern Groschen geschehen kan, und wo regulariter virtel, halbe, oder auch wohl gantze und mehr Jahre mit einen solchen Bey-Urthel dnrch unterschiedene Instantien mitappelliren und dergleichen zugebracht, nunmehro die Sachen mit so viel Tagen, Wochen, Monaten oder längststens Sächß. Fristen ausgebracht werden kan. Solte man auch die Rechnung machen, was durch dieses einige Mittel in dem gantzen Lande, oder auch nur am 2. oder 3 Orthen, wo die meisten Processe schweben, an unnöthigen Kosten könte ersparet werden, so würde jenes sich gewiß jährlich auf etliche, das letztere aber mehr als auf eine Tonne Goldes sich belauffen. Woraus leicht zu schlüssen, was nur in diesen Stück, (da man zwar alle Judicia uud zwar leider! die Hohen mehr als die Niedrigen durch allepartés vor diesem mehr bedeuteten Wesenlosen Bilde kaum exkennen kan) geschweige denn durch den gantzen Mangel hafften Zustandt, womit das JustiZ Wesen behafftet, dem Publico abgehet, und hingegen dem Privat Nutzen der Richter (doch meistens denen Directoribus in höhern Collegiis) und Advocaten als ein wiewohl unverschuldetes Schuld-Opfer zu Theil wird. §. IX. Was aber 3) das jenige Gebrechen betrifft, welches sich bey derIII. Grosser Mißbrauch der Appellationen und vielfältige querelen darüber. Justiz durch den über Hand genommenen grossen Mißbrauch der Appellationen ereignet, ist zwar vor sich bekant, daß man deren Extension und Erweiterung niemahls dem gemeinen Wesen zuttäglich, sondern vielmehr jederzeit schädlich befunden; dahero denn auch, wie es die Historien, so wohl viele bewehrte Recht-Lehrer und Politici, noch mehr aber die Römischen Civil Rechte, und noch am allermeisten die vorhandene jüngste Reichs Satzungen de ao. 1594. §. 92. 93. 94. it. de ao. 1600. §. 17. 18. 19. und insonderheit der letzte Reichs-Abschied de ao. 1654. §. 109. sec. usque 121. bezeugen, man auf deren restrictiones und Beschrenckungen sorgfältig bedacht gewesen, und die Mittel hierzu prospiciret: als man sonderlich gesehen, daß aus dem angeregten Mißbrauch, nichts als langwierige Verschleiffungen der Processe erfolgeten, und öffters zancksüchtiege u. wiederspenstige Leute und Unterthanen davon Gelegenheit nehmen, GOtt und ihre ordentliche Obrigkeit zu beleidigen, und verächtlich hindanzusetzen, wie nicht weniger den schon mit Unrecht gekränckten Nächsten an Erlangung seines Rechten aufzuhalten, und zuverkürtzen, ja wohl endlich gar darum, oder es dahin zu bringen, daß er es aus Mangel der Kosten ersitzen lassen muß. Allein, wenn man diesen mehr angeregten <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0019" n="11"/> Gebühren, nebst derer Collegiorum ordentlichen Besoldungen zusammen rechnet, leicht so hoch, wo nicht höher kommen wird) mit so vielen oder noch wenigern Groschen geschehen kan, und wo regulariter virtel, halbe, oder auch wohl gantze und mehr Jahre mit einen solchen Bey-Urthel dnrch unterschiedene Instantien mitappelliren und dergleichen zugebracht, nunmehro die Sachen mit so viel Tagen, Wochen, Monaten oder längststens Sächß. Fristen ausgebracht werden kan. Solte man auch die Rechnung machen, was durch dieses einige Mittel in dem gantzen Lande, oder auch nur am 2. oder 3 Orthen, wo die meisten Processe schweben, an unnöthigen Kosten könte ersparet werden, so würde jenes sich gewiß jährlich auf etliche, das letztere aber mehr als auf eine Tonne Goldes sich belauffen. Woraus leicht zu schlüssen, was nur in diesen Stück, (da man zwar alle Judicia uud zwar leider! die Hohen mehr als die Niedrigen durch allepartés vor diesem mehr bedeuteten Wesenlosen Bilde kaum exkennen kan) geschweige denn durch den gantzen Mangel hafften Zustandt, womit das JustiZ Wesen behafftet, dem Publico abgehet, und hingegen dem Privat Nutzen der Richter (doch meistens denen Directoribus in höhern Collegiis) und Advocaten als ein wiewohl unverschuldetes Schuld-Opfer zu Theil wird.</p> <p>§. IX. Was aber 3) das jenige Gebrechen betrifft, welches sich bey der<note place="right">III. Grosser Mißbrauch der <hi rendition="#i">Appellation</hi>en und vielfältige <hi rendition="#i">querel</hi>en darüber.</note> Justiz durch den über Hand genommenen grossen Mißbrauch der Appellationen ereignet, ist zwar vor sich bekant, daß man deren Extension und Erweiterung niemahls dem gemeinen Wesen zuttäglich, sondern vielmehr jederzeit schädlich befunden; dahero denn auch, wie es die Historien, so wohl viele bewehrte Recht-Lehrer und Politici, noch mehr aber die Römischen Civil Rechte, und noch am allermeisten die vorhandene jüngste Reichs Satzungen de ao. 1594. §. 92. 93. 94. it. de ao. 1600. §. 17. 18. 19. und insonderheit der letzte Reichs-Abschied de ao. 1654. §. 109. sec. usque 121. bezeugen, man auf deren restrictiones und Beschrenckungen sorgfältig bedacht gewesen, und die Mittel hierzu prospiciret: als man sonderlich gesehen, daß aus dem angeregten Mißbrauch, nichts als langwierige Verschleiffungen der Processe erfolgeten, und öffters zancksüchtiege u. wiederspenstige Leute und Unterthanen davon Gelegenheit nehmen, GOtt und ihre ordentliche Obrigkeit zu beleidigen, und verächtlich hindanzusetzen, wie nicht weniger den schon mit Unrecht gekränckten Nächsten an Erlangung seines Rechten aufzuhalten, und zuverkürtzen, ja wohl endlich gar darum, oder es dahin zu bringen, daß er es aus Mangel der Kosten ersitzen lassen muß. Allein, wenn man diesen mehr angeregten </p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0019]
Gebühren, nebst derer Collegiorum ordentlichen Besoldungen zusammen rechnet, leicht so hoch, wo nicht höher kommen wird) mit so vielen oder noch wenigern Groschen geschehen kan, und wo regulariter virtel, halbe, oder auch wohl gantze und mehr Jahre mit einen solchen Bey-Urthel dnrch unterschiedene Instantien mitappelliren und dergleichen zugebracht, nunmehro die Sachen mit so viel Tagen, Wochen, Monaten oder längststens Sächß. Fristen ausgebracht werden kan. Solte man auch die Rechnung machen, was durch dieses einige Mittel in dem gantzen Lande, oder auch nur am 2. oder 3 Orthen, wo die meisten Processe schweben, an unnöthigen Kosten könte ersparet werden, so würde jenes sich gewiß jährlich auf etliche, das letztere aber mehr als auf eine Tonne Goldes sich belauffen. Woraus leicht zu schlüssen, was nur in diesen Stück, (da man zwar alle Judicia uud zwar leider! die Hohen mehr als die Niedrigen durch allepartés vor diesem mehr bedeuteten Wesenlosen Bilde kaum exkennen kan) geschweige denn durch den gantzen Mangel hafften Zustandt, womit das JustiZ Wesen behafftet, dem Publico abgehet, und hingegen dem Privat Nutzen der Richter (doch meistens denen Directoribus in höhern Collegiis) und Advocaten als ein wiewohl unverschuldetes Schuld-Opfer zu Theil wird.
§. IX. Was aber 3) das jenige Gebrechen betrifft, welches sich bey der Justiz durch den über Hand genommenen grossen Mißbrauch der Appellationen ereignet, ist zwar vor sich bekant, daß man deren Extension und Erweiterung niemahls dem gemeinen Wesen zuttäglich, sondern vielmehr jederzeit schädlich befunden; dahero denn auch, wie es die Historien, so wohl viele bewehrte Recht-Lehrer und Politici, noch mehr aber die Römischen Civil Rechte, und noch am allermeisten die vorhandene jüngste Reichs Satzungen de ao. 1594. §. 92. 93. 94. it. de ao. 1600. §. 17. 18. 19. und insonderheit der letzte Reichs-Abschied de ao. 1654. §. 109. sec. usque 121. bezeugen, man auf deren restrictiones und Beschrenckungen sorgfältig bedacht gewesen, und die Mittel hierzu prospiciret: als man sonderlich gesehen, daß aus dem angeregten Mißbrauch, nichts als langwierige Verschleiffungen der Processe erfolgeten, und öffters zancksüchtiege u. wiederspenstige Leute und Unterthanen davon Gelegenheit nehmen, GOtt und ihre ordentliche Obrigkeit zu beleidigen, und verächtlich hindanzusetzen, wie nicht weniger den schon mit Unrecht gekränckten Nächsten an Erlangung seines Rechten aufzuhalten, und zuverkürtzen, ja wohl endlich gar darum, oder es dahin zu bringen, daß er es aus Mangel der Kosten ersitzen lassen muß. Allein, wenn man diesen mehr angeregten
III. Grosser Mißbrauch der Appellationen und vielfältige querelen darüber.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |