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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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sich befürchten, wenn die alten teutschen Rechte und die alte gute und geschwinde Art zu richten wiederum empor kommen solte. Alleine nachdem wir durch andere, vornehmlich aber des fleißigen Herrn Lünigs rühmliches Exempel, viele bishero verborgene zur Politischen Historie von Teutschland und von allen teutschen Ständen insonderheit höchstnöthige Schrifften bekommen haben, die sich vor zwantzig Jahren niemand würde unterfangen haben, heraus zu geben, wegen des eitlen Vorwands eiger sehr weniger vornehmer Leute, welche auf allerhand Art die Leute zu fürchten machten; also versprechen wir uns auch noch etwas gutes und deutliches von der Historie der Unterdrückung derer teutschen Gewohnheiten, die allgemeinen Rechte und die Verwaltung der Gerechtigkeit betreffend, sowohl von eben demselbigen, als auch von andern, die einen freyen Zutritt zu denen Fürstlichen Archiven und geheimen Urkunden derer hohen Schulen und Städte haben. Indessen mercke ich hier nur dieses noch an, daß, so lange diese Sachen nicht bekannt gemachet werden, man keinen gescheiden Rathschlag von Verbesserung der Justitz erwarten darf, indem ein Rathgeber ohne dieselben sich weder von dem rechten Ursprung der Kranckheit, noch von derselben vornehmsten Umständen eine rechte Einbildung machen kan, welches doch, wie wir bald sehen wollen, allerdings bey dergleichen Rathschlägen erfordert wird.

8) Die warhafften Grund-Sätze des Natur- u. Völcker-Rechts.

§. XV. Weil es aber ein rechtschaffener Jurist seyn muß, der zu Heilung der krancken Gerechtigkeit soll gebrauchet werden, so ist es auch eine ausgemachte Sache, daß er auch die Grund-Lehren des Natur- und Völcker-Rechts wohl inne haben müsse. Man hat zwar bißhero nicht allein hieran gezweifelt, sondern auch scharf darauf bestanden, das Recht der Natur und die davon aufgesetzten Schrifften des Grotii, Pufendorffs und anderer schadeten b) einem Studioso Juris mehr, und könte er sich schon b) Conf. jam notata in Disp. de difficult. emend. administr. justit. §. 25.behelffen, wenn er sich das Justinianeische Recht, welches aus dem Natur- und Völcker-Rechte genommen sey, wohl bekannt machte; allein, GOtt sey Danck! die Feinde haben dieses denen Juristen, Philosophen und Theologen höchstnützliche, ja fast unentbehrliche Studium bis hieher nicht unterdrücken können, ob sie gleich immer fortfahren heimlich zu murren und dieser Lehre, wo nicht durch öffentlichen Wiederspruch, doch heimlicher und heimtückischer Weise Abbruch zu thun. Daß aber ohne die Wissenschafft des natürlichen Rechts alle Rathschläge von Verbesserung der Justiz-Verwaltung vergebens sind, solches wird derjenige gar leicht erkennen, welcher bedencket, daß ein Jurist nicht nur in dene üblichen Gesetzen, zu derselben Verständniß, das jenige, so aus dem Rechte der Natur genommen,

sich befürchten, wenn die alten teutschen Rechte und die alte gute und geschwinde Art zu richten wiederum empor kommen solte. Alleine nachdem wir durch andere, vornehmlich aber des fleißigen Herrn Lünigs rühmliches Exempel, viele bishero verborgene zur Politischen Historie von Teutschland und von allen teutschen Ständen insonderheit höchstnöthige Schrifften bekommen haben, die sich vor zwantzig Jahren niemand würde unterfangen haben, heraus zu geben, wegen des eitlen Vorwands eiger sehr weniger vornehmer Leute, welche auf allerhand Art die Leute zu fürchten machten; also versprechen wir uns auch noch etwas gutes und deutliches von der Historie der Unterdrückung derer teutschen Gewohnheiten, die allgemeinen Rechte und die Verwaltung der Gerechtigkeit betreffend, sowohl von eben demselbigen, als auch von andern, die einen freyen Zutritt zu denen Fürstlichen Archiven und geheimen Urkunden derer hohen Schulen und Städte haben. Indessen mercke ich hier nur dieses noch an, daß, so lange diese Sachen nicht bekannt gemachet werden, man keinen gescheiden Rathschlag von Verbesserung der Justitz erwarten darf, indem ein Rathgeber ohne dieselben sich weder von dem rechten Ursprung der Kranckheit, noch von derselben vornehmsten Umständen eine rechte Einbildung machen kan, welches doch, wie wir bald sehen wollen, allerdings bey dergleichen Rathschlägen erfordert wird.

8) Die warhafften Grund-Sätze des Natur- u. Völcker-Rechts.

§. XV. Weil es aber ein rechtschaffener Jurist seyn muß, der zu Heilung der krancken Gerechtigkeit soll gebrauchet werden, so ist es auch eine ausgemachte Sache, daß er auch die Grund-Lehren des Natur- und Völcker-Rechts wohl inne haben müsse. Man hat zwar bißhero nicht allein hieran gezweifelt, sondern auch scharf darauf bestanden, das Recht der Natur und die davon aufgesetzten Schrifften des Grotii, Pufendorffs und anderer schadeten b) einem Studioso Juris mehr, und könte er sich schon b) Conf. jam notata in Disp. de difficult. emend. administr. justit. §. 25.behelffen, wenn er sich das Justinianeische Recht, welches aus dem Natur- und Völcker-Rechte genommen sey, wohl bekannt machte; allein, GOtt sey Danck! die Feinde haben dieses denen Juristen, Philosophen und Theologen höchstnützliche, ja fast unentbehrliche Studium bis hieher nicht unterdrücken können, ob sie gleich immer fortfahren heimlich zu murren und dieser Lehre, wo nicht durch öffentlichen Wiederspruch, doch heimlicher und heimtückischer Weise Abbruch zu thun. Daß aber ohne die Wissenschafft des natürlichen Rechts alle Rathschläge von Verbesserung der Justiz-Verwaltung vergebens sind, solches wird derjenige gar leicht erkennen, welcher bedencket, daß ein Jurist nicht nur in dene üblichen Gesetzen, zu derselben Verständniß, das jenige, so aus dem Rechte der Natur genommen,

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[180/0188] sich befürchten, wenn die alten teutschen Rechte und die alte gute und geschwinde Art zu richten wiederum empor kommen solte. Alleine nachdem wir durch andere, vornehmlich aber des fleißigen Herrn Lünigs rühmliches Exempel, viele bishero verborgene zur Politischen Historie von Teutschland und von allen teutschen Ständen insonderheit höchstnöthige Schrifften bekommen haben, die sich vor zwantzig Jahren niemand würde unterfangen haben, heraus zu geben, wegen des eitlen Vorwands eiger sehr weniger vornehmer Leute, welche auf allerhand Art die Leute zu fürchten machten; also versprechen wir uns auch noch etwas gutes und deutliches von der Historie der Unterdrückung derer teutschen Gewohnheiten, die allgemeinen Rechte und die Verwaltung der Gerechtigkeit betreffend, sowohl von eben demselbigen, als auch von andern, die einen freyen Zutritt zu denen Fürstlichen Archiven und geheimen Urkunden derer hohen Schulen und Städte haben. Indessen mercke ich hier nur dieses noch an, daß, so lange diese Sachen nicht bekannt gemachet werden, man keinen gescheiden Rathschlag von Verbesserung der Justitz erwarten darf, indem ein Rathgeber ohne dieselben sich weder von dem rechten Ursprung der Kranckheit, noch von derselben vornehmsten Umständen eine rechte Einbildung machen kan, welches doch, wie wir bald sehen wollen, allerdings bey dergleichen Rathschlägen erfordert wird. §. XV. Weil es aber ein rechtschaffener Jurist seyn muß, der zu Heilung der krancken Gerechtigkeit soll gebrauchet werden, so ist es auch eine ausgemachte Sache, daß er auch die Grund-Lehren des Natur- und Völcker-Rechts wohl inne haben müsse. Man hat zwar bißhero nicht allein hieran gezweifelt, sondern auch scharf darauf bestanden, das Recht der Natur und die davon aufgesetzten Schrifften des Grotii, Pufendorffs und anderer schadeten b) einem Studioso Juris mehr, und könte er sich schon behelffen, wenn er sich das Justinianeische Recht, welches aus dem Natur- und Völcker-Rechte genommen sey, wohl bekannt machte; allein, GOtt sey Danck! die Feinde haben dieses denen Juristen, Philosophen und Theologen höchstnützliche, ja fast unentbehrliche Studium bis hieher nicht unterdrücken können, ob sie gleich immer fortfahren heimlich zu murren und dieser Lehre, wo nicht durch öffentlichen Wiederspruch, doch heimlicher und heimtückischer Weise Abbruch zu thun. Daß aber ohne die Wissenschafft des natürlichen Rechts alle Rathschläge von Verbesserung der Justiz-Verwaltung vergebens sind, solches wird derjenige gar leicht erkennen, welcher bedencket, daß ein Jurist nicht nur in dene üblichen Gesetzen, zu derselben Verständniß, das jenige, so aus dem Rechte der Natur genommen, b) Conf. jam notata in Disp. de difficult. emend. administr. justit. §. 25.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/188>, abgerufen am 23.11.2024.